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Markthemmnisse

Wegen der gestiegenen Energiepreise greift Polen in den Markt ein. Das hat Folgen für die Fotovoltaik. Neue Gesetze zur Flächennutzung verunsichern die Branche.

Von Christopher Fuß | Warschau

Ein Bauvorbescheid reicht möglicherweise nicht mehr aus

Polens Regierung will den Bau von Solarparks an neue Auflagen knüpfen. Das Kabinett verabschiedete im März 2023 einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Mittlerweile liegt das Projekt im Parlament.

Geplante Fotovoltaikanlagen benötigen auf landwirtschaftlichen Flächen der Qualitätsstufe IV oder schlechter bislang einen sogenannten Bauvorbescheid (Decyzja o warunkach zabudowy). Die meisten Gemeinden stellen solche Dokumente vergleichsweise zügig aus. 

Laut der Reform müssten Fotovoltaikanlagen im Raumordnungsplan MPZP (Miejscowy Plan Zagospodarowania Przestrzennego) vermerkt sein. Das betrifft Projekte ab 150 Kilowatt auf Flächen der Qualitätsstufe IV und Projekte ab einem Megawatt auf Agrarflächen mit einer Qualitätsstufe schlechter als IV. Das Problem: Ein MPZP ist deutlich aufwendiger als ein Bauvorbescheid. Nur für 32,6 Prozent der Fläche Polens gibt es aktuell einen MPZP. Gemeinden haben trotz gesetzlicher Pflichten große Schwierigkeiten, die Pläne zu erstellen. Das hängt auch mit dem hohen Planungsaufwand zusammen. Änderungen bestehender MPZP können Jahre dauern.

Die staatlichen Energiekonzerne halten sich mit Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf zurück. Deutlicher wird der polnische Fotovoltaik Verband PSF (Polskie Stowarzyszenie Fotowoltaiki). Er will, dass ein MPZP-Eintrag erst ab 20 Megawatt nötig ist. „Die vorgeschlagenen Änderungen können die Entwicklung der Solarenergie in Polen auf viele Jahre hinaus ernsthaft behindern“, schreibt der Verband. Das federführende Klimaministerium argumentiert, MPZP würden die Planungssicherheit erhöhen. Außerdem gelte eine Übergangsfrist. Bis Ende 2025 seien Projekte mit Bauvorbescheiden möglich.

Stromnetze befinden sich am Limit

Erst wenn ein Bauvorbescheid oder ein Auszug aus dem MPZP vorliegt, können die Investoren eine Auskunft über die Netzanschlussbedingung von den Netzbetreibern anfordern. Weil Polens Stromnetze nicht auf den Einsatz vieler dezentraler Kraftwerke vorbereitet sind, lehnen die Betreibergesellschaften den Anschluss neuer Quellen immer häufiger ab. Während 2019 nur 318 geplante Anlagen einen negativen Bescheid erhielten, waren es allein zwischen Januar und September laut Puls Biznesu rund 4.800 Anlagen. Die meisten davon sind Erneuerbare-Energie-Kraftwerke.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Netzbetreiber stellen immer mehr positive Bescheide aus. Zwischen 2020 und 2021 stieg ihre Zahl von 3.500 auf 5.500. Staatssekretärin im Klimaministerium Anna Łukaszewska-Trzeciakowska erklärte: "Die Hauptursache für das Problem [ist] die große Zahl der eingereichten Anträge und unterzeichneten Verträge bei gleichzeitig unzureichenden Ausgaben für das Netz". Das rasante Wachstum der Fotovoltaik habe überrascht. „Wir sind Opfer unseres eigenen Erfolgs im Zusammenhang mit Förderprogrammen geworden“, erklärt Anna Łukaszewska-Trzeciakowska.

Die Netzbetreiber haben Investitionen in Milliardenhöhe angekündigt, um die Leitungen fit zu machen. Die Finanzierung vieler Projekte ist aber unklar. Außerdem hängen einige Vorhaben von EU-Geldern ab. Die Mittel fließen aktuell nicht, weil die Europäische Kommission die Rechtsstaatlichkeit in Polen in Gefahr sieht.

Rechtliche Hürden und Unsicherheit bremsen den Fotovoltaik-Markt

Branchenvertreter sagen, Direktleitungen zwischen Kraftwerk und industriellem Abnehmer könnten das Stromnetz entlasten. Bislang sind solche Verbindungen in Polen aus rechtlichen Gründen so gut wie unmöglich. Netzbetreiber und Regulierungsbehörde URE (Urząd Regulacji Energetyki) fürchten zudem, sie könnten wichtige Einnahmen aus den Netzentgelten verlieren.

Polens Klimaministerium arbeitet an einem Gesetz, das den Bau von Direktleitungen erleichtern soll. Investoren müssten aber für jede transportierte Kilowattstunde eine sogenannte Solidaritätsabgabe an die Netzbetreiber zahlen. Die Höhe der Gebühr steht im Zentrum der Auseinandersetzung. Unternehmerverbände kritisieren, URE hätte laut dem Reformprojekt immer noch zu viele Möglichkeiten, ein Investitionsprojekt zu verhindern. Direktleitungen sind keine neue Idee. Diskussionen über entsprechende Gesetzesänderungen laufen seit Jahren.

Angesichts der stark gestiegenen Energiepreise hat Polen einen Höchstpreis für Strom aus unterschiedlichen Quellen festgelegt. Betreiber von Fotovoltaikanlagen müssen Einnahmen, die über 86 Euro je Megawattstunde liegen, an einen staatlichen Ausgleichsfonds abgeben. Betroffen sind Erzeuger von Anlagen ab einem Megawatt Leistung. Besitzt ein Erzeuger mehrere Anlagen, greift das Preislimit, wenn die gesamte installierte Leistung über 3 Megawatt liegt. Laut Energieverbänden, wie Re-Source Poland, sorgt die Obergrenze für Unsicherheiten bei sogenannten virtuellen Direktlieferverträgen. Hier kauft ein gewerblicher Abnehmer seine Energie von einem Energieerzeuger oder einem Händler. Als Transaktionsplattform dient die Energiebörse. Abweichungen vom vertraglich festgelegten Preis und dem Börsenpreis gleichen die Partner untereinander aus. Die Strompreisbremse könnte laut Kritikern dazu führen, dass Verkäufer doppelt zahlen müssen.

Welche Auswirkungen die seit April 2022 geltenden Einspeisebedingungen haben, ist noch unklar. Vereinfacht gesagt erhalten Betreiber von Kleinstanlagen, die nach der Änderung im April 2022 ans Netz gegangen sind, weniger Geld pro eingespeister Kilowattstunde. Wie die Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna berichtet, hat die Zahl der monatlichen Neuanmeldungen seit der Umstellung um rund zwei Drittel abgenommen. Die Werte sind aber verzerrt, weil kurz vor der Umstellung die Zahl der Anschlussanträge rasant in die Höhe geschossen war. Interessenten wollten ihre Anlagen noch schnell im alten Einspeisesystem unterbringen.

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