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Vertriebsrecht in Saudi-Arabien

Einen ersten Überblick über das saudi-arabische Vertriebsrecht erhalten Sie hier.

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem, Niko Sievert, Sven Klaiber

Exporttransaktionen auf Einzelfallbasis benötigen keinerlei Präsenz vor Ort, auch keinen Vertreter (Ausnahme: Lieferungen von Pharmaprodukten). Bislang waren jegliche Handelsaktivitäten (Groß- und Einzelhandel) zu 100 Prozent in saudi-arabischem Eigentum stehenden Unternehmen vorbehalten, so dass der ausländische Lieferant keine über die Lieferung an den Abnehmer hinausgehende Vermarktungs- und Vertriebsaktivitäten vornehmen durfte. Wollte sich der Exporteur nachhaltig auf dem saudi-arabischen Markt engagieren, empfahl sich nur die Einschaltung eines Handelsvertreters (agents) oder Vertragshändlers (Eigenhändlers, distributors), unter Umständen im Zusammenhang mit der Eröffnung einer unselbständigen Zweigniederlassung.

Groß- und Einzelhandel

Ausländische Investoren dürfen sich zu 100 Prozent in den Bereichen Groß- und Einzelhandel beteiligen. Für den Erhalt einer entsprechenden Gewerbeerlaubnis formuliert die 9. Ausgabe des Service Manual  des saudi-arabischen Investitionsministeriums von 2020 die folgenden Voraussetzungen:

  • Der Investor muss mindestens drei weitere regionale oder internationale Präsenzen im Groß- und Einzelhandel unterhalten.
  • Jahresabschlüsse des letzten Geschäftsjahres des antragstellenden Unternehmens.
  • Das Unternehmen des Investors muss die Quoten zur Einstellung einheimischer Arbeitskräfte einhalten (siehe Nitiqat-Programm).
  • Ebenso müssen jährlich 30 Prozent der Auszubildenden saudische Staatsbürger sein.
  • Für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Erteilung der Gewerbeerlaubnis müssen entweder 300 Millionen saudische Riyal (ca. 66 Millionen Euro) oder 200 Millionen saudische Riyal (ca. 44 Millionen Euro) investiert werden, in beiden Fällen entfallen 30 Millionen saudische Riyal (ca. 6,6 Millionen Euro) auf das Stammkapital. Im zweiten Fall muss der Investor neben der Investitionssumme von 200 Millionen saudischen Riyal noch eines oder mehrere der folgenden Ziele erreichen (ebenfalls für einen Zeitraum von fünf Jahren):
    • Mindestens 30 Prozent der lokal vertriebenen Produkte müssen in Saudi-Arabien aus einheimischer Produktion entstammen oder
    • Mindestens fünf Prozent der Verkäufe müssen einer Forschungs- und Entwicklungseinrichtung in Saudi-Arabien zuzuordnen sein 
    • Das Unternehmen muss zusätzlich ein integriertes Zentrum für Logistik, Vertrieb und after-sale-service betreiben.

Handelsvertretung

Davon abgesehen ist die Position eines Handelsvertreters (Commission Agent) nach wie vor saudischen Staatsangehörigen vorbehalten. Für März 2022 ist allerdings eine umfassende Reform im Handels- und Gesellschaftsrecht angekündigt worden, die unter anderem diese Beschränkung auf saudische Staatsangehörige abschaffen soll. Man muss jedoch abwarten, ob diese Reform wie geplant umgesetzt werden wird.

Handelsvertreter- und Vertragshändlerbeziehungen unterliegen in Saudi-Arabien dem Handelsvertretergesetz (HVG; Königliche Verordnung M/11/1382 in der Fassung der Änderungsverordnung M/5/1389 und M/32/1400) sowie der dazu gehörigen Durchführungsverordnung (DV; 1897/1401).

Umstritten ist, inwieweit der vom saudischen Handelsministerium herausgegebene Mustervertrag herangezogen werden muss. Fakt ist, dass auf ihn in der Praxis häufig zurückgegriffen wird; aus ihm selbst aber normative Geltungskraft herleiten zu wollen (wie dies stellenweise getan wird) geht zu weit, da es sich bei dem Muster lediglich um einen Vorschlag des Ministeriums handelt. Dennoch gilt: je mehr der Vertrag von dem Muster abweicht, desto genauer ist auf Formulierungen zu achten und desto zeitaufwändiger wird sich der Registrierungsprozess gestalten. Auf alle Fälle hat der Vertrag den in Art. 10 DV aufgelisteten inhaltlichen Mindestanforderungen zu genügen (Geschäftsfähigkeit und Staatsangehörigkeit der Parteien, Vertragsgegenstand, -gebiet und -dauer).

Schriftform ist zwingend erforderlich (Art. 10 DV); unterbleibt sie, ist der Vertrag unwirksam. Darüber hinaus ordnet das Gesetz die Registrierung der Vereinbarung beim Handels- und Industrieministerium an (Art. 3 HVG, 6 ff. DV). Dabei handelt es sich jedoch um keine zwingende Vertragsvoraussetzung; beide Seiten können ihre Rechte auch bei unterbliebener Registrierung geltend machen. Der Vertreter/Händler setzt sich in diesem Fall allerdings dem Risiko einer empfindlichen Geldstrafe aus.

Nur Personen mit saudi-arabischer Staatsangehörigkeit können sich als Vertreter/Händler betätigen. Handelt es sich um eine juristische Person, muss sich diese zu 100 Prozent in der Hand von saudi-arabischen Staatsangehörigen befinden (Art. 1 HVG, Art. 2 DV).

Soweit keine Exklusivität vereinbart wurde, kann sich der Lieferant für die gleiche Produktgruppe und für das gleiche Vertragsgebiet prinzipiell mehrerer Vertreter/Händler bedienen. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos; bestimmte Produkte wie zum Beispiel pharmazeutische Erzeugnisse können nur durch einen einzigen, exklusiven Absatzmittler vertrieben werden.

Verträge kann man auf unbestimmte Zeit oder befristet abschließen. Im ersten Fall sollten die Vertragsparteien die Fristen für eine ordentliche Kündigung expressis verbis festlegen. Abfindungsansprüche bestehen nur dann, wenn sie vertraglich vorgesehen sind.

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