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Türkei: Vertragsrecht

Das Vertragsrecht in der Türkei regelt das Obligationengesetz (Nr. 6098; tObG). Es ist eine Rezeption des schweizerischen Obligationengesetzbuches. 

Von Jakob Kemmer, Sherif Rohayem | Bonn

Einführung

Das Recht der Obligationen beziehungsweise das Schuldrecht regelt zunächst die allgemeinen Voraussetzungen, unter denen ein Vertrag zustande kommt sowie die damit verbundenen Pflichten, insbesondere im Falle von Leistungsstörungen wie die Schlecht-, Nicht- oder verspätete Leistung. Im besonderen Teil stehen die Regelungen für spezielle Vertragstypen (Kauf-, Tausch-, Miet-, Dienst-, Werkvertrag etc.) im Vordergrund. 

Vertragstypen

Neben dem Kaufrecht sind die im Rechtsverkehr am häufigsten auftretenden Vertragstypen der Dienstvertrag (im Sinne des tObG), der Werkvertrag, der Werklieferungsvertrag, der Auftrag oder auch manchmal ein Mischvertrag.  

Welches Regime mit seinen unterschiedlichen Rechtsfolgen (zum Beispiel im Hinblick auf Vertragsgegenstand, Haftung oder Verjährung) anzuwenden ist, hängt bei einem gemischten Vertrag davon ab, welche Vertragspflicht im konkreten Fall betroffen ist. So kann beispielsweise eine gelieferte Maschine mängelfrei, deren Montage jedoch nicht fachgerecht ausgeführt worden sein. In einem solchen Fall richten sich die Gewährleistungsrechte des Kunden nach Werkvertragsrecht, da die Montage eine Werkleistung im Sinne des Artikel 470 tObG darstellt, während die Lieferung der Maschine, soweit sie serienmäßig hergestellt wird, einen Kaufvertrag darstellt. Sind die einzelnen Pflichten untrennbar miteinander verbunden, ist der Schwerpunkt des Vertrags maßgebend.

Der Werkvertrag ist in den Artikeln 470 bis 486 tObG geregelt. Er wird in Artikel 470 tObG wie folgt definiert:

Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werkes und der Besteller zur Leistung einer Vergütung. Der Unternehmer schuldet also ein bestimmtes Arbeitsergebnis (ein Werk, zum Beispiel die Reparatur eines PKW, die Erstellung eines Gutachtens, eines Planungsentwurfs oder den Bau eines Gebäudes).

Bei Verträgen über Handwerksleistungen (Restaurationen, Messebau etc.) handelt es sich in aller Regel entweder um Werkverträge oder gegebenenfalls um Werklieferungsverträge.

Von einem Werklieferungsvertrag ist auszugehen, wenn der Unternehmer das zur Herstellung des Werks benötigte Material selbst beschafft. Den Werklieferungsvertrag, der nach türkischem Recht kein eigenständiger Vertragstyp ist, regelt Artikel 472 Absatz 1 tObG. Danach haftet der Unternehmer wegen des von ihm gelieferten Stoffes wie ein Verkäufer. Mit anderen Worten ist das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht einschlägig, wenn das Material zur Herstellung des Werks mangelhaft ist.  

Dem Werkvertragsrecht unterfallen in der Regel Architekturverträge, soweit sie eine konkrete Planungsleistung zum Gegenstand haben. Dagegen handelt es sich um einen Auftrag, wenn der Architekt lediglich beratend tätig werden soll. Diese Grundsätze sind auch auf Ingenieure anwendbar. Ebenfalls ein Werkvertrag ist der Bauvertrag.

Gegenstand eines Werkvertrags können neben körperlichen Gegenständen auch immaterielle Güter sein.

Folgende vier Haftungstatbestände sieht das Werkvertragsrecht vor:

  • Artikel 471 Absatz 1 tObG betrifft die allgemeine Verhaltenshaftung des Unternehmers. Danach muss der Unternehmer die gleiche Sorgfalt wie ein Arbeitnehmer walten lassen;

  • Artikel 472 tObG betrifft die Haftung für das Material, welches der Unternehmer für die Herstellung des Werkes einsetzt (Werklieferungsvertrag);

  • Artikel 473 tObG betrifft die Haftung für die rechtzeitige Herstellung des Werks;

  • Artikel 474 tObG betrifft die Haftung für Werkmängel. 

Auftrag

Verträge über Arbeitsleistungen, die nicht einer speziellen Vertragsarten zuzuordnen sind, folgen den Regeln des Auftragsrechts (Artikel 502 Absatz 2 tObG). Mit dem Auftragsrecht befassen sich die Artikel 502 bis 514 tObG.

Der Auftrag verpflichtet den Auftragnehmer, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäß auszuführen (Artikel 502 Absatz 1 tObG). Das Auftragsrecht hat nach eigener Aussage Auffangcharakter; dazu heißt es in Artikel 502 Absatz 2 tObG wie folgt: Verträge über Arbeitsleistungen, die nicht einer der speziellen Vertragsarten zuzuordnen sind, folgen den Regeln des Auftragsrechts. Jegliche Beratungsleistungen sind in der Regel Aufträge.

Die Haftung des Auftragnehmers ist handlungs- und nicht erfolgsbezogen, da er gemäß Artikel 506 Absatz 2 tObG dem Auftraggeber für die redliche und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäfts einstehen muss. Was den Umfang dieser Haftung angeht, verweist Artikel 506 Absatz 3 tObG auf das Verhältnis von Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Artikel 510 tObG regelt die Haftung des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer.

Erwirbt der Auftragnehmer in Ausführung des Auftrags Rechte oder Forderungen gegen Dritte, gehen diese erst dann auf den Auftraggeber über, wenn er seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Auftragnehmer erfüllt hat (Artikel 509 Absatz 1 tObG). Dies dient der Sicherung der Ansprüche des Auftragnehmers, die ihm gegen den Auftraggeber zustehen. Zudem steht dem Auftragnehmer gegen den Auftraggeber ein Ersatzanspruch für Aufwendungen und Auslagen zu, die er zur Ausführung des Auftrags rechtmäßig übernommen hat. Hat der Auftragnehmer zur Auftragsausführung eine Verbindlichkeit auf sich genommen, steht ihm deswegen ein Befreiungsanspruch gegen den Auftraggeber zu (Artikel 510 Absatz 1 tObG). Erleidet der Auftragnehmer einen Schaden, den der Auftraggeber verschuldet hat, ist letzterer ersatzpflichtig. Dass der Schaden des Auftragnehmers ohne sein Verschulden entstanden ist, muss der Auftraggeber beweisen (Artikel 510 Absatz 2 tObG).

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