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Wirtschaftsausblick | Australien

Australiens Wirtschaft kommt nicht in Fahrt

Das reale Pro-Kopf-Einkommen fällt seit über zwei Jahren und verhindert eine schnellere Erholung des Konsums in Down Under. Unternehmen bleiben skeptisch. 

Von Daniel Lenkeit | Sydney

Wirtschaftsentwicklung: Kaum Dynamik

Die Konjunktur in Australien bleibt gedämpft. Die Wirtschaft wuchs 2024 mit 1,3 Prozent langsamer als die Geschäftsbanken noch im November 2024 erwartet hatten (1,5 Prozent). Auch bei den Prognosen für 2025 rudern viele Volkswirte zurück. So sagen die Geschäftsbanken nunmehr 1,7 bis 1,8 Prozent statt 2,5 Prozent Wachstum für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) voraus.

Allerdings geben selbst diese BIP-Zahlen nur eingeschränkt Auskunft über die reale Wirtschaftsentwicklung. Denn ohne das – vor allem durch Migration beflügelte – hohe Bevölkerungswachstum der letzten Jahre wäre Australien wirtschaftlich im Rückwärtsgang.

Der starke Bevölkerungszuwachs belastet jedoch die Entwicklung des BIP pro Kopf. Dieses war in acht der letzten neun Quartale negativ. Damit steckt Australien in einer langwierigen "Pro-Kopf-Rezession", die sich weiter fortsetzen wird, solange das Bevölkerungswachstum schneller steigt als das BIP.

Ob sich dieser Trend im 2. Halbjahr 2025 umkehren wird, bleibt zweifelhaft. Denn die Zentralbank schätzt das Bevölkerungswachstum 2025 auf 1,5 bis 2 Prozent. Mit den nach unten korrigierten BIP-Prognosen dürfte das pro Kopf-Wachstum bestenfalls stagnieren. Das bedeutet: Für die durchschnittliche Australierin bleibt der Lebensstandard gleich oder schrumpft.

Privater Konsum erholt sich leicht, Preise bleiben stabiler

Die Konsumentenpreise stiegen 2024 weniger stark als in den Jahren zuvor. Die Kerninflation lag auf Jahresbasis im 1. Quartal 2025 bei 2,9 Prozent. Damit kehrt die Preissteigerung erstmals seit 2021 zurück in das Zielband der Zentralbank von 2 bis 3 Prozent. Auch die zuletzt stark erhöhte Dienstleistungsinflation ging Anfang 2025 auf ihren historischen Durchschnitt von etwa 3 Prozent zurück. Ebenso sanken die Kosten für neue Wohnungen. Für 2026 sehen die meisten Prognosen eine Kerninflation von 2,5 Prozent voraus.

Für die Haushalte sind die Voraussetzungen nun positiver als letztes Jahr, da die Löhne im Schnitt etwas schneller zunehmen als die Inflationsrate. Der private Konsum stieg 2024 um schmale 0,7 Prozent. Für 2025 erwarten die Geschäftsbanken eine weitere Erholung der Nachfrage der privaten Haushalte und rechnen mit 1,5 Prozent Wachstum.

Unternehmensstimmung weiter gedämpft

Viele Unternehmen kämpfen mit Rentabilitätsdruck und schwacher Nachfrage. Das drückt die Stimmung der Firmen in Umfragen, und die Einkaufsmanager in der Industrie erwarten weiterhin schwache Geschäftsbedingungen.

Die Zentralbank läutete im Februar 2025 eine Zinswende ein. Erstmals seit Ende 2020 senkte sie wieder den Leitzins – in zwei Schritten von 4,35 auf 3,85 Prozent. Dennoch dürften die Unternehmensinvestitionen 2025 nicht merklich steigen. Die globale Wirtschaftsentwicklung bleibt unsicher, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der US-Handelspolitik. Das beeinträchtigt die Absatzplanung. Dazu drücken steigende Lohnstückkosten in Australien den Appetit vieler Unternehmen, ihre Produktion auszuweiten. Benötigt wird vor allem eine höhere Produktivität.

Australien bleibt im Leistungsbilanzdefizit

Australiens Exporte von Waren und Dienstleistungen sollen 2025 mit nur 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr noch schwächer als 2024 steigen. Dagegen werden die Einfuhren 2025 trotz geringerer Dynamik stärker ansteigen als die Ausfuhren und das Leistungsbilanzdefizit gemessen am BIP stetig ausbauen.

Somit wird die Leistungsbilanz 2025 und voraussichtlich 2026 deutlich negativ ausfallen. Eine Kombination aus sinkenden Rohstoffeinnahmen, steigenden Importpreisen für notwendige Investitionsgüter und ein schwächerer australischer Dollar tragen dazu bei.

Rohstoffe wie Kohle, Eisenerz und Mineralien machen einen Großteil der australischen Exporterlöse aus. Die Preise hierfür sind nach einem Höhenflug im Jahr 2022 wieder auf das Niveau von vor der Coronakrise zurückgekehrt. Dies drückt die Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft und führt teilweise zu Produktionskürzungen, beispielsweise bei Lithium oder Nickel.

Top-Thema: Australien positioniert sich als Beschaffungsmarkt für Rohstoffe

Mit 60 Prozent Anteil am Gesamtexport ist der Rohstoffsektor ein wichtiger Faktor für die australische Wirtschaft. Insbesondere Kohle, Eisenerz und Flüssiggas sind die Ertragsperlen. Der Kontinent gehört zudem zu den weltweit größten Produzenten von Bauxit und verfügt unter anderem über große Vorkommen an Gold, Uran, Kupfer und den Batterierohstoffen Nickel, Kobalt und Lithium. Australien will zukünftig seine ohnehin schon führende Position in der Lithiumförderung weiter ausbauen. Zudem werden viele Vorkommen an seltenen Erden entwickelt.

Als Beschaffungsmarkt für kritische Rohstoffe ist das Land ein strategischer Partner der EU. Zudem bietet der kapitalstarke Bergbausektor Absatzchancen für deutsche Zulieferer. Für Anbieter von modernen Bergbautechnologien, vor allem für nachhaltige und energieeffiziente Abbaumethoden oder Firmen mit Verarbeitungstechnologien, ist der australische Markt interessant.

Deutsche Perspektive: Australien und EU wollen Handelsabkommen finalisieren

Die australische Regierung ist bestrebt, die Wirtschaft in vielen Bereichen zu modernisieren, die Industrie wettbewerbsfähiger zu machen und die Energiewende voranzutreiben. Insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, bei Automatisierungslösungen für Industrie und Bergbau sowie in der Medizintechnik und bei digitalen Gesundheitslösungen steigt die Nachfrage.

Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien wurden kürzlich wieder aufgenommen und beide Seiten arbeiten daran, die restlichen Streitpunkte auszuräumen. Auch wenn kein konkreter Zeitplan für die Unterzeichnung des Abkommens festgelegt wurde, zeigen die neuen Gespräche den Willen beider Parteien, ein Abkommen noch dieses Jahr zu finalisieren.

Alle Informationen zu Australien finden Sie auf der GTAI-Länderseite.

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