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Wirtschaftsausblick | Kosovo

Kosovos Wirtschaft trotzt den Krisen

Der Konflikt mit Serbien hemmt den jungen Staat weiterhin. Doch trotz der angespannten Situation wächst die Wirtschaft. Nun will ein deutscher Discounter in den Markt.

Von Martin Gaber | Belgrad

Top-Thema: Konflikt mit Serbien verunsichert die Wirtschaft

Der Konflikt zwischen Serbien und Kosovo stand im Jahr 2023 schon zweimal vor einer Eskalation. Mittlerweile hat sich die Lage etwas entspannt. Die internationale Gemeinschaft, allen voran die EU versucht zwischen Serbien und Kosovo zu vermitteln. Bislang aber ohne nachhaltigen Erfolg. Kosovo hatte sich im Jahr 2008 für unabhängig erklärt, das erkennt Belgrad allerdings nicht an. Die Spannungen und ein mögliches Kriegsszenario beunruhigen die Unternehmen vor Ort und schrecken neue Investoren ab. "Als Vertretung von 198 Mitgliedsunternehmen [...] die eng mit deutschen Unternehmen zusammenarbeiten, hören wir diese wachsende Besorgnis in aktuell täglichen Anfragen", so die Stellungnahme der Kosovarisch-Deutschen Wirtschaftsvereinigung aus dem Sommer 2023.

Visa-Liberalisierung wird Geschäftstätigkeit erleichtern

Doch es gibt auch positive Signale für das junge Land: Zum Jahresbeginn 2024 steht die Visa-Liberalisierung an. Dann können Bürger und damit auch Geschäftsleute ohne Visum in die EU einreisen. Das ist bislang nicht möglich. Die kosovarischen Unternehmen haben das stets als eines der größten Hemmnisse für ihre Geschäftstätigkeit kritisiert. Zudem hat Kosovo noch im Jahr 2022 einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. Der Status als Beitrittskandidat steht allerdings noch aus.

EU könnte negative Maßnahmen aufheben

Einige Abgeordnete des EU-Parlaments fordern zudem, dass die Union die sogenannten negativen Maßnahmen, de-facto Sanktionen, gegen den Balkanstaat aufhebt. Die Kommission hatte die Maßnahmen gegen Pristina nach den Ausschreitungen im Sommer 2023 verhängt. Damit ist auch der Zugriff auf EU-Fördermittel für den Balkanstaat beschränkt. Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) geht davon aus, dass dem Land durch die Maßnahmen rund 500 Millionen Euro an Fördermitteln entgehen.

Wirtschaftsentwicklung: Konjunkturhoch statt Krise

Die Konjunktur trotzt der Krise: Die Inlandsnachfrage treibt die Wirtschaftsentwicklung weiter an. So wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2023 real um über 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zulegen. Im kommenden Jahr wird die Wirtschaft weiter anziehen, vor allem wenn sich der Konflikt mit Serbien etwas beruhigt oder zumindest sich nicht weiter verschärft. Diese Einschätzung teilen sowohl die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) als auch das wiiw. Wachstumsimpulse kommen neben der soliden Inlandsnachfrage von Investitionen aus dem Ausland sowie dem Export von Dienstleistungen. Vor allem die IT-Branche sticht dabei hervor. Zudem reist die Diaspora, also im Ausland lebende Kosovaren, wieder ins Land und kurbelt so den Einzelhandel an. Gestützt wird dieser zudem von Rücküberweisungen aus dem Ausland. Diese stehen für über 10 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. 

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Warenexporte hinken hinterher

Dabei wäre sogar ein stärkeres Wachstum möglich: Die Verunsicherung in der Wirtschaft drückt auf die Exporte und Investitionen. Die Bruttoanlageinvestitionen dürften unter der Wachstumsmarke von 2 Prozent bleiben, so das wiiw. Auch die Exporte leiden unter den derzeit ungünstigen Nachrichten aus Kosovo: Die Ausfuhren liegen laut kosovarischer Statistikbehörde im Zeitraum von Januar bis September 2023 rund 7 Prozent unter dem Wert aus dem gleichen Vorjahreszeitraum - trotz steigender Preise. Das sorgt für eine Zäsur im Wachstumstrend, obwohl der Westbalkan als Beschaffungsmarkt immer attraktiver wird. 

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Haushalt für 2024 steigt leicht

Die Regierung hat im November 2023 den neuen Haushalt für 2024 verabschiedet. So stehen insgesamt 3,3 Milliarden Euro zur Verfügung. "Es wird neue Kapitalinvestitionen in die Straßen- und Schieneninfrastruktur, in neue Wirtschaftszonen, in Staudämme und Wasserversorgungsnetze sowie in neue Energiekapazitäten geben. Und dafür haben wir ein Budget von 860 Millionen Euro eingeplant", sagte Premierminister Albin Kurti bei der Vorstellung im Parlament. Zudem sind 29 Millionen für die Beschäftigungsförderung vorgesehen. Damit sollen weitere Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft entstehen.

Deutsche Perspektive: Beziehungen bleiben eng

"Wir sehen generell einen positiven Trend in der wirtschaftlichen Entwicklung des Kosovo", sagt Antje Wandelt, Delegierte der Deutschen Wirtschaft für Nordmazedonien, Albanien und Kosovo. Deutsche Unternehmen interessieren sich zunehmend für den Wachstumsmarkt. Häufig kommen die Kontakte über die kosovarische Diaspora in Deutschland zustande. Während Kosovos Exporte insgesamt nachgeben, haben sie in Richtung Deutschland weiter zugelegt: Zwischen Januar und August 2023 lagen diese 11 Prozent über dem Wert aus dem Vorjahreszeitraum. Bei den Investitionen gab es ein leichtes Minus, was der unsicheren Lage zuzuschreiben ist. Dennoch bleibt die Bundesrepublik wichtiger Investor im Land. Der deutsche Discounter Lidl könnte bald erste Filialen eröffnen. Für das Jahr 2024 hat das Unternehmen ein Event zur Personalgewinnung angekündigt. Damit treibt die Schwarz-Gruppe ihre Expansion auf dem Westbalkan voran. Bislang ist Lidl in Serbien aktiv und entwickelt Standorte in Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Nordmazedonien.

Attraktiver Beschaffungsmarkt für IT-Dienstleistungen

Im Dienstleistungsbereich ergeben sich weiterhin Chancen zur Zusammenarbeit. Kosovarische Firmen aus der IT-Branche sind beliebte Zulieferer für deutsche Unternehmen. Der Altersschnitt im Land liegt bei unter 35 Jahren und die IT-Fachleute gelten als große Talente, die häufig sogar fließend Deutsch sprechen. Auch deutsche Investitionen in diesem Bereich sind erfolgt: Die IT-Unternehmen Celonis und Borek Solutions haben Büros eröffnet. Mit der Visa-Liberalisierung und der Möglichkeit Servicepersonal leichter zum Kunden zu schicken wird dieser Trend weiter zulegen.

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Weitere Informationen (zum Beispiel Zoll- und Rechtsinformationen sowie Branchenberichte) finden Sie auf der Länderseite Kosovo.

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