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PeruWirtschaftsumfeld
Wirtschaftsausblick | Peru
Perus Wirtschaft wurde hart von dem dreieinhalb Monate andauernden Lockdown getroffen. Dank hoher Investitionen der Regierung soll sich das Land jedoch schnell wieder erholen.
10.07.2020
Von Edwin Schuh | Bogotá
Obwohl Peru als erstes Land in Lateinamerika am 16. März eine strikte Quarantäne ausrief, konnte das Coronavirus nicht aufgehalten werden. Mitte Juli steht das nur 33 Millionen Einwohner umfassende Land erstaunlicherweise auf Platz fünf im weltweiten Ranking der Fallzahlen, hinter den deutlich größeren Nationen USA, Brasilien, Indien und Russland.
Wenigstens scheint Peru das Schlimmste überstanden zu haben: die Anzahl neuer Fälle und die aktiven Fälle sind seit Juni leicht rückläufig. Die Regierung hat daher den strikten Lockdown zum 1. Juli aufgehoben und nur noch in einigen Landesteilen eine Ausgangssperre aufrechterhalten.
In den ersten Wochen der landesweiten Quarantäne durften nur essenzielle Sektoren weiter aktiv bleiben. Im Mai startete eine dreiphasige Reaktivierung der Wirtschaft, bis Ende Juli sollen 97 Prozent der Sektoren wieder arbeiten. Vor allem im April war der wirtschaftliche Einbruch dramatisch. Laut dem Statistikamt INEI (Instituto Nacional de Estadística e Informática) entwickelte sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den vergangenen Monaten wie folgt (jeweils gegenüber dem Vorjahresmonat): Januar (+3,0 Prozent), Februar (+3,8 Prozent), März (-16,3 Prozent) und April (-40,5 Prozent).
Die Sektoren mit den höchsten Rückgängen im April waren: Hotels und Restaurants (-94,5 Prozent), Bauwirtschaft (-89,7 Prozent), Transport und Logistik (-69,1 Prozent), Handel (-65,4 Prozent), Unternehmensdienstleistungen (-61,7 Prozent), Fischerei (-57,8 Prozent), verarbeitende Industrie (-54,9 Prozent) und der Rohstoffsektor (-42,3 Prozent). Zuwächse verzeichneten die Bereiche Finanzen und Versicherungen (+4,6 Prozent), öffentliche Verwaltung und Verteidigung (+3,6 Prozent) und Landwirtschaft (+0,6 Prozent).
Indikator | 2019 | 2020 | Vergleichsdaten Deutschland 2019 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 230,4 | 217,0 | 3.847 |
BIP pro Kopf (US$) | 7.090 | 6.616 | 46.286 |
Bevölkerung (Mio.) | 32,5 | 33,0 | 83 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = Neue Sol) | 3,34 | 3,45 | - |
Gemäß dem Internationalen Währungsfonds (IWF) soll das BIP im Gesamtjahr 2020 um 13,9 Prozent einbrechen, so stark wie in keinem anderen Land des Kontinents. Lokale Experten des Peruanischen Instituts für Volkswirtschaft IPE (Instituto Peruano de Economía) erwarten sogar einen Rückgang von 15 Prozent. Einen ähnlichen Einbruch der Wirtschaftsleistung gab es zuletzt während des Salpeterkrieges zwischen Peru und Chile (1879 - 1884). Dank enormer Konjunkturausgaben der Regierung soll Peru 2021 laut IWF jedoch die stärkste wirtschaftliche Erholung in Lateinamerika schaffen.
Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, hat die peruanische Regierung zwei Konjunkturpakete erlassen. Das Programm "Reactiva Perú" stellt Kredite in Höhe von umgerechnet rund 17,0 Milliarden US-Dollar (US$) für Unternehmen aller Größenklassen zur Verfügung. Der Zinssatz in der zweiten Vergaberunde im Juli lag dabei mit durchschnittlich 1,34 Prozent weit unter den normalerweise üblichen Raten. Die Regierung deckt 80 bis 98 Prozent der Kredite.
Das im Juni von Präsident Martín Vizcarra vorgestellte Programm "Arranca Perú" sieht staatliche Investitionen von rund 1,8 Milliarden US$ vor. Ein Großteil davon soll in den Ausbau von 60.000 Kilometern an Nebenstraßen fließen. Auch in den sozialen Wohnungsbau und in Bewässerungskanäle für die Landwirtschaft wird investiert. Insgesamt will Peru laut Wirtschafts- und Finanzministerin María Antonieta Alva 12 Prozent seines BIP zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus ausgeben.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
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Metrolinie 3, Lima | 6.600 | Machbarkeitsstudien; soll 2025 in Betrieb gehen | Ministerium für Transport und Telekommunikation MTC https://www.gob.pe/mtc |
Metrolinie 2, Lima - Callao | 5.346 | Im Bau aber verzögert; Inbetriebnahme Phase 1: 2020, Phase 2: 2022, Phase 3: 2024 | MTC https://www.gob.pe/mtc; Bau durch ACS, FCC (beide Spanien), Impreglio, Hitachi Rail Italy (beide Italien) http://www.metrolima2.com |
Kupfermine Quellaveco | 5.300 | Im Bau; Produktionsstart 2022 | Anglo American (60%), Mitsubishi Corporation (40%) https://www.angloamerican.com/products/copper/quellaveco |
Ausbau der Raffinerie Talara | 5.000 | Inbetriebnahme 2021 geplant; hohe Kostenüberschreitungen | Petroperú S.A. https://www.petroperu.com.pe/; Ausbau unter anderem durch Técnicas Reunidas, Grupo Cobra (beide Spanien) und Sinohydro (China) |
Zugverbindung Lima - Ica | 3.264 | Vergabe als PPP Mitte 2019 gescheitert; Regierung sucht alternative Realisierung | MTC https://www.gob.pe/mtc, Proinversión http://www.proinversion.gob.pe |
Kupfer- und Molybdenmine Los Chancas | 2.800 | Evaluation; Baustart 2021 geplant | Southern Copper http://www.southerncoppercorp.com/ |
Zugstrecke Apurímac-San Juan de Marcona (für Rohstofftransport) | 2.400 | Vorstudien durch Regierung | MTC https://www.gob.pe/mtc |
Eisenerzmine Pampa de Pongo | 2.200 | Umwelt- und Baugenehmigungen erteilt; Bauphase soll 2021 beginnen | Jinzhao Mining Peru S.A. http://www.jinzhaoperu.com |
Umgehungsstraße Lima (Anillo Vial Periférico) | 2.000 | Strukturierung; soll im 3. Quartal 2020 vergeben werden | MTC https://www.gob.pe/mtc; Proinversión https://www.proinversion.gob.pe/ |
Hafenterminal Chancay (80 km nördlich von Lima) | 1.100 | Baubeginn August 2020 geplant; Inbetriebnahme 2022 | Cosco Shipping Ports Lmtd. (60%), Volcán Compañía Minera S.A.A. (40%) https://ports.coscoshipping.com/ |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten unter http://www.gtai.de/peru, Rubrik „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“.
Der Haushaltskonsum ist nach einem starken Wachstum 2019 (+3,0 Prozent) aktuell rückläufig. Im 1. Quartal 2020 sank der Konsum um 1,7 Prozent, für das Gesamtjahr wird ein Rückgang von über 5 Prozent erwartet. Zum einen sind aufgrund der Ausgangssperre viele Geschäfte monatelang geschlossen. Hinzu kommt die gestiegene Arbeitslosigkeit und der Einkommensausfall für zahlreiche Personen während der Quarantäne. Dadurch, dass etwa 70% der Bevölkerung im informellen Sektor tätig ist, wurde der negative Effekt auf die Einkommen und damit auf den Konsum noch verstärkt.
Allein in der Metropolregion Lima haben zwischen März und Mai 2020 rund 2,3 Millionen Personen ihre Beschäftigung verloren, von insgesamt 5 Millionen Angestellten zu Jahresbeginn. Die Regierung beziffert die Arbeitslosenquote im Mai zwar nur auf 13,1 Prozent - Schätzungen der Bank J.P. Morgan zufolge lag die tatsächliche Arbeitslosigkeit, die auch informelle Arbeitslose umfasst, bei 52,6 Prozent. Das Konjunkturprogramm "Arranca Perú" soll über 1 Millionen Arbeitsplätze in den Bereichen Landwirtschaft, sozialer Wohnungsbau und Straßenbau schaffen.
Perus Außenhandel verzeichnete aufgrund der Virus-Pandemie starke Einbrüche. Zwischen Januar und April 2020 sanken die Einfuhren um 10,4 Prozent auf 11,3 Milliarden US$. Erwartungsgemäß waren die Rückgänge in den Monaten März (-21,1 Prozent) und April (-32,8 Prozent) am stärksten, ab Mai wird eine leichte Erholung erwartet. Besonders die Importe von Kfz und langlebigen Gebrauchsgütern wie Haushaltselektronik sanken. Die wichtigsten Einfuhrländer waren die USA und China (zusammen 45,4 Prozent des Gesamtimports), gefolgt von Brasilien, Mexiko und Ecuador.
Die Exporte gingen zwischen Januar und April um 17,1 Prozent zurück, wobei sich nicht-traditionelle Ausfuhren wie Avocado, Obst oder Meeresfrüchte etwas besser entwickelten als die traditionellen Exportprodukte Kupfer, Gold, Zink und Erdöl. Für das Gesamtjahr 2020 erwartet der Verband der Exporteure ADEX (Asociación de Exportadores) rund 30 Prozent niedrigere Ausfuhren als 2019.
2018 | 2019 | Veränderung 2019/2018 | |
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Importe | 41.082 | 40.180 | -2,2 |
Exporte | 47.894 | 45.978 | -4,0 |
Handelsbilanzsaldo | 6.812 | 5.798 | - |