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Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsausblick | Vereinigte Arabische Emirate
Die Abwanderung vieler Expats ist fatal für die konsumgetriebene Wirtschaft. Der niedrige Ölpreis macht den Emiraten zu schaffen.
14.12.2020
Von Heena Nazir | Dubai
Aktuellen Prognosen der Economist Intelligence Unit (EIU) zufolge könnte das Wirtschaftswachstum für das Jahr 2020 um real (preisbereinigt) 5,7 Prozent sinken. Erst ab 2021 gehen Ökonomen von einer leichten Erholung aus, dabei variieren die Prognosen der unterschiedlichen Wirtschaftsinstitute stark. Viel hängt von der rapiden Ausweitung der globalen Impfkapazitäten ab.
Die aus 28 Ölstaaten bestehende Allianz OPEC+ hat sich auf eine Lockerung ihrer Förderbremse geeinigt. Die Quoten sollen ab Januar 2021 um 500.000 Barrel pro Tag angehoben werden. Damit geht man einen Schritt auf die VAE zu, die eine Aufweichung forderten. Länder wie Saudi-Arabien und Russland wollten ursprünglich keine Anhebung der Quoten.
Der Ölmarkt reagiert überraschend positiv auf diese Nachricht, der Brent-Ölpreis stieg auf circa 50 US-Dollar (US$) je Barrel. Wie sich der Ölpreis im Jahr 2021 weiter entwickelt ist ungewiss und hängt mit der weltweiten wirtschaftlichen Erholung zusammen. Die OPEC+ beabsichtigt nun mit monatlichen Ministertreffen flexibler auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren.
2018 1) | 2019 1) | Vergleichsdaten Deutschland 2019 | |
BIP (nominal, Milliarden US$) 2) | 422,2 | 421,1 | 3.854,4 |
BIP pro Kopf (US$) | 45.075 | 44.312 | 46.385 |
Bevölkerung (Millionen) 3) | 9,4 | 9,5 | 83,1 |
Einheimische 3) | 1,2 | 1,3 | -- |
Ausländer 3) | 8,2 | 8,2 | -- |
Wechselkurs (1 US$ = Dirham) 4) | 3,6725 | 3,6725 | -- |
Nach den anfänglichen Unsicherheiten an den internationalen Finanzmärkten haben sich zwischenzeitlich die Bedingungen für die Kapitalaufnahme gebessert. Das Emirat Dubai konnte sich Anfang September 2020 mit der Ausgabe einer Anleihe über 1 Milliarde US$ (zu einer Verzinsung von 3,9 Prozent bei einer Laufzeit von 30 Jahren), sowie einer islamischen Sukuk-Anleihe (1 Milliarde US$) zu attraktiven Konditionen neues Kapital beschaffen. Laut eigenen Angaben war die Ausgabe um das Fünffache überzeichnet.
Auch das finanziell starke Schwester-Emirat Abu Dhabi gab Anfang September 2020 Anleihen im Wert von 5 Milliarden US$ aus. Eine Tranche mit einer Laufzeit von 50 Jahren erzielt 2,7 Prozent, was die solide Position des Emirates weiter unterstreicht. Nach aktuellen Zahlen des emiratischen Finanzministeriums konnte der föderale Haushalt im 1. Halbjahr 2020 einen Überschuss von 2,65 Milliarden US$ verbuchen. So steht die Haushaltslage trotz Covid-19 und niedriger Ölpreise weiterhin auf solidem Fundament.
Ein viel beachteter Stimmungsindikator ist der Einkaufsmanagerindex (PMI). Dabei wird die Einschätzung von Hunderten Unternehmen anhand von Indikatoren wie Neubestellungen oder Produktionszahlen berücksichtigt. Nach einem starken Einbruch, mit einem Tiefpunkt im April mit 41,7 Punkten, zeichnet sich ein Aufwärtstrend ab. Im September stieg der PMI sogar auf 51 Punkte, sank aber im Oktober wieder auf 49,5 Punkte ab. Im November lag er bei 50,3 Punkten.
Liquiditätsengpässe und Unsicherheiten infolge der Cornavirus-Pandemie trüben die Aussichten des Privatsektors. Unternehmen müssen ihre Liquidität schützen, was Investitionen stark ausbremst. Darüber hinaus sind die Hilfskredite der Banken generell für laufende Kosten und nicht für Neuinvestitionen vorgesehen.
Projektbezeichnung | Investitions-Summe (Mio. US$) | Projekt-stand *) | Projektträger |
---|---|---|---|
New Refinery | 15.000 | ST | ADNOC/Eni/OMV |
Khalifa Industrial Zone Abu Dhabi (Kizad): Phase 2 | 7.800 | DE | Abu Dhabi Ports (ADPC) |
UZ1000 Expansion: Development of Surface Facilities | 7.000 | PQ | ADNOC Offshore |
Abu Dhabi Al Ain Hyperloop | 6.000 | ST | DMAT |
Bur Dubai: Strategic Sewerage Tunnel | 5.100 | FEED | Dubai Municipality |
Jebel Ali Gas Reservoir Project | 5.000 | ST | Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC)/ Dubai Supply Authority (DUSUP) |
Hail and Ghasha Sour Gas Development: Package 4 | 5.000 | AP | ADNOC Refining |
Khalifa Industrial Zone Abu Dhabi (Kizad): Industrial Cluster: Non-Ferrous Metal Processing Facilities | 5.000 | ST | East Hope |
Dubai to Abu Dhabi Hyperloop: Phase 2 | 4.200 | DE | Dubai Roads & Transport Authority (RTA) |
Barakah Nuclear Power Plant: Reactor 5 | 3.500 | ST | Barakah One |
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt spitzt sich zu. Auf den starken Abschwung der Wirtschaft reagieren betroffene Unternehmen mit Urlaubsregelungen, die von bezahltem bis unbezahltem Urlaub (und Zwangsurlaub) bei Teilen der Belegschaft reichen. Insgesamt kann man feststellen, dass Verbraucher sich auf schwierigere Zeiten eingestellt haben und ihre Ersparnisse zusammen halten.
Sollten sich aktuelle Prognosen bewahrheiten, sollen bis zu 900.000 Jobs in den VAE verloren gehen, so Oxford Economics. Die Insolvenz von Arabtech beispielsweise, einer der größten Baukonzerne im Mittleren Osten und Erbauer des höchsten Gebäudes der Welt, des Burj Khalifas, könnten Schätzungen zufolge allein 40.000 Arbeitsplätze kosten.
Entsprechend ist das Konsumklima getrübt. Das Rechercheinstitut EIU geht von einem Rückgang des privaten Verbrauchs von real bis zu 8 Prozent für 2020 aus. Andere Prognosen schwanken zwischen einem Minus von 5 bis 10 Prozent. Im Jahr 2021 wird mit einer leichten Erholung gerechnet.
Die Exportwirtschaft kämpft weiter mit den Folgen der Covid-19-Krise und dem Ölpreisverfall. Im Jahr 2020 rechnet die Weltbank für die VAE mit einem Rückgang der Gesamtexporte von 7,3 Prozent. Die Importe sollen im gleichen Zeitraum um 4,5 Prozent sinken.
In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 sind die deutschen Exporte in die VAE um 25,9 Prozent gefallen. Ein deutlicher Rückgang war vor allem bei der Position HS 76 „Andere Transportmittel“ zu beobachten (überwiegend Flugzeuge), da kam es zu einem Minus von 71,6 Prozent. Wenn man die Position 76 aus den Gesamtexporten rausrechnet, ergab sich eine Verringerung von circa 13 Prozent.
2017 | 2018 1) | 2019 1) | Veränderung 2019/18 | |
---|---|---|---|---|
Importe (fob) | 232,6 | 235,4 | 241,1 | 2,5 |
Exporte (fob) | 313,5 | 321,0 | 315,9 | -1,6 |
Öl und Gas 2) | 58,1 | 67,3 | 57,5 | -14,6 |
Nichtöl-und Gasprodukte | 194,0 | 111,8 | 113,0 | 1,1 |
Re-Exporte | 148,8 | 141,9 | 145,4 | 2,5 |
Handelsbilanzsaldo (fob) | 80,9 | 85,7 | 74,8 | -12,7 |