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Wirtschaftsausblick | Ägypten

Konjunktur in Ägypten zieht deutlich an

Ägyptens Wirtschaft befindet sich im Aufwind: Investitionen in Infrastruktur und Produktion sowie eine sinkende Inflation sollen einen kräftigen Schub bringen.

Von Marcus Knupp | Kairo

Top-Thema: Investitionen in Infrastruktur und Produktion angekündigt

Auch wenn die Verwirklichung der Vorhaben nicht immer sicher ist: Die Vielzahl von Ankündigungen von Investitionen in die Infrastruktur, in Produktionsbetriebe und neue Siedlungen hellen die Aussichten für die ägyptische Konjunktur auf. So erwartet die Economist Intelligence Unit (EIU) 2026 einen Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen in Ägypten um real 17 Prozent. Und dieses Plus soll in den Folgejahren zweistellig bleiben.

Neben den zahlreichen Verkehrsprojekten wie Metro- und Eisenbahnstrecken und dem geplanten raschen Ausbau der erneuerbaren Energien sind es auch Investitionen in industrielle Produktionsanlagen, die zu der Zunahme beitragen. Ein wesentlicher Faktor: Nach der Abwertung des ägyptischen Pfundes und der Freigabe des Wechselkurses im März 2024 hat sich die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes verbessert. Insbesondere Unternehmen der Textilindustrie und der Nahrungsmittelverarbeitung haben den Ausbau bestehender oder die Errichtung neuer Betriebe angekündigt. Viele Investoren kommen aus der Türkei oder aus China.

Die Bedienung des einheimischen Markts, aber auch von Kunden in anderen afrikanischen Ländern und in Europa ist ein Motiv vor allem für chinesische Automobilhersteller, über eine Produktion in Ägypten nachzudenken. Am Beginn steht allerdings meist die reine Montage, mit überschaubaren Stückzahlen. Ob die von den USA weltweit angedrohten Zölle einen Effekt auf die Industrieansiedlung haben, bleibt abzuwarten. In Ägypten, das in den Ankündigungen lediglich mit dem Basissatz von 10 Prozent belegt wurde, sehen Kommentatoren einen Vorteil gegenüber asiatischen Wettbewerbern, für die erheblich höhere Sätze gelten sollen.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum zieht an

Übereinstimmend sehen die Prognosen von Internationalem Währungsfons (IWF), Entwicklungsbanken und Wirtschaftsinstituten wie der EIU eine schnellere reale Zunahme des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in den nächsten Jahren. Für 2025 geht der IWF von einem Wachstum von 3,8 Prozent aus, das sich 2026 auf 4,1 Prozent beschleunigen soll. Die EIU erwartet lediglich 3,2 Prozent für 2026, aber deutlich über 5 Prozent ab 2026.

Deutlich gesunken ist seit Jahresbeginn 2025 die Inflationsrate. Lag sie 2024 noch bei annähernd 30 Prozent, verzeichnet die ägyptische Zentralbank im März 2025 einen jährlichen Preisanstieg von nur noch 13,6 Prozent. Ein weiteres Absinken auf einstellige Werte wird bis 2026 erwartet. Damit entspannt sich die Lage für die ägyptischen Konsumenten. Geholfen haben ihnen auch die Überweisungen von Auslandsägyptern. Im Jahr 2024 stiegen diese um 51,3 Prozent auf 29,6 Milliarden US-Dollar (US$). Der Trend in den ersten Monaten 2025 weist weiter nach oben.

Noch nicht erholt haben sich die Einnahmen aus dem Suezkanal. Mit circa 13.000 passierten 2024 nur halb so viele Schiffe die Wasserstraße wie im Vorjahr. Die eingenommenen Durchfahrtsgebühren sanken von 10,25 Milliarden US$ 2023 auf nur noch 3,9 Milliarden US$. Positive Impulse kamen dagegen aus dem Tourismus. Die Zahl der Besucher stieg trotz der Konflikte in der Region 2024 um 5,4 Prozent auf 15,7 Millionen.

Haushaltskonsolidierung schwierig

Mit 8 Milliarden US$, ausgezahlt in mehreren Tranchen, unterstützt der IWF Ägypten derzeit im Rahmen einer Extended Fund Faciility. Diese EFF ist mit Auflagen verbunden, insbesondere der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Ein wesentliches Element dabei ist die Privatisierung staatlicher Unternehmen, wie sie derzeit bei den Flughäfen angegangen wird. Bei den oft stark verflochtenen Produktionsbetrieben mit staatlicher Beteiligung gestaltet sich die Umsetzung schwieriger. Analysten erwarten hier nur langsame Fortschritte.

Auch der geforderte Abbau von Subventionen, etwa für Treibstoffe und Grundnahrungsmittel, stößt auf Hindernisse. Hiervon wären weite Bevölkerungsteile betroffen, was erhebliche soziale Härten zur Folge hätte und politisch schwer durchzusetzen ist. Alternativ versucht die Regierung nun, die Steuereinnahmen zu erhöhen, und zwar durch eine effizientere Erhebung und den Abbau von Steuervergünstigungen. Hier ist ebenfalls behutsames Vorgehen angesagt, um das derzeit eher günstige Investitionsklima nicht zu beschädigen.

Handelsbilanz bleibt im Defizit

Weil Ägypten einen Teil der benötigten Energierohstoffe, vor allem Flüssiggas, derzeit importieren muss, steigen die Einfuhren schneller als die Exporte. Auch der Import von Investitionsgütern trägt zum weiterhin hohen Defizit in der Handelsbilanz bei. Geldzuflüsse aus dem Ausland müssen diese Lücke schließen, sei es im Rahmen internationaler Unterstützung, durch Überweisungen von Auslandsägyptern, ausländische Direktinvestitionen oder Dienstleistungsexporte Ägyptens, vor allem im Tourismus.

An der Spitze der ägyptischen Importe nach Warengruppen stehen neben mineralischen Brennstoffen Maschinen, Anlagen, elektrische Ausrüstungen und Geräte sowie Fahrzeuge und Kunststoffe. Wichtigste Lieferländer waren 2024 China mit einem Anteil von 16,4 Prozent, Saudi-Arabien (8,4 Prozent), die USA (8,0 Prozent), Russland (6,3 Prozent) und Deutschland (4,6 Prozent). Bei Ägyptens Exporten stehen Öl und Gas an der Spitze. Danach folgen Produkte der Elektroindustrie, Düngemittel, Obst und Nüsse sowie Eisen und Stahl. Wichtigste Zielländer waren 2024 Italien, Saudi-Arabien, die Türkei, die VAE und die USA.

Deutsche Perspektive: Partner für die Industrie

Sollten sich die Pläne zur Stärkung Ägyptens als Produktionsstandort verwirklichen, ergäbe dies ein beträchtliches Absatzpotenzial für deutsche Maschinenbauer. Zudem könnten sich dadurch Zulieferbetriebe ansiedeln. Gefragt wären dann auch spezielle Vorprodukte, etwa aus der metallverarbeitenden Industrie. Als Beschaffungsmarkt für deutsche Unternehmen spielt Ägypten bislang keine herausragende Rolle.

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