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Angola könnte bei grünem Wasserstoff durchstarten

Während die Erneuerbaren andernorts noch ausgebaut werden müssen, verfügt Angola über ungenutzte Kapazitäten an Wasserkraft. Die Öl- und Gasindustrie bietet nutzbare Infrastruktur.

Von Marcus Knupp | Berlin

Alle Projekte zur Produktion von grünem Wasserstoff stehen vor dem selben Problem: Die Elektrolyse verbraucht viel Strom. Und nur, wenn dieser weitestgehend ohne den Ausstoß von Treibhausgasen erzeugt wird, kann Wasserstoff zum Klimaschutz beitragen. Weltweit sind Wasserstoffprojekte daher mit der Planung riesiger Solar- und Windkraftanlagen verbunden. In Angola steht die Energiequelle bereits: Wasserkraftwerke, deren Kapazität derzeit nicht ausgenutzt wird.  

Diese freien Kapazitäten wollen sich mehrere Akteure in Angola zunutze machen. Im Fokus stehen zwei Wasserkraftwerke am Fluss Cuanza im Nordwesten des Landes, Laúca und Capanda. Diese befinden sich circa 200 bis 250 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Luanda. Am Standort Laúca sind aktuell lediglich zwei der vier installierten Turbinen im Einsatz. Die Gesamtkapazität beträgt 857 Megawatt. Davon sollen 400 Megawatt für die Wasserstoffproduktion genutzt werden. Ein Ausbau bis zu einer Kapazität von 2.070 Megawatt ist möglich. Der Übertragungsweg für die erzeugte Elektrizität zu exportgünstigen Küstenstandorten ist vergleichsweise kurz. Eine Stromleitung gibt es zudem bereits. 

Export von Ammoniak nach Deutschland könnte 2025 beginnen

Darüber hinaus plant die angolanische Ölgesellschaft zusammen mit den deutschen Partnern Gauff Engineering und Conjuncta den Bau von Anlagen zur Elektrolyse von Wasserstoff und zur Produktion von Ammoniak für den Export am im Bau befindlichen Hafen von Barra do Dande, wenige Kilometer nördlich von Luanda. Durch die Nutzung für den Umschlag von Erdölprodukten ist in Barra do Dande auch schon der Grundstein für weitere chemische Anlagen und die Verschiffung gelegt. 

Mit dem nationalen Energieversorger RNT hat sich das Konsortium im März 2023 auf die Stromübertragung verständigt. Das Investitionsvolumen des Projektes beträgt rund 1 Milliarde US-Dollar (US$) für Entwicklung, Bau und Betrieb der Anlagen. Wenn alles nach Plan läuft, kann bereits 2025 mit dem Export von Ammoniak vor allem nach Deutschland begonnen werden. Pro Jahr will Sonangol 280.000 Tonnen Ammoniak produzieren.

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Kickstart für die Industrie oder neue Form des Energieexports?

Ziel bei der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in Angola ist aber nicht nur der Export. Im Juni 2023 hat die Regierung Angolas das Beratungsunternehmen Roland Berger mit der Erstellung einer nationalen Strategie zur Entwicklung von grünem Wasserstoff beauftragt. Zwar kann die Ausfuhr der neuen Energieressource perspektivisch an die Stelle des heutigen Hauptexportproduktes Erdöl treten, wenn die weltweite Nachfrage nach fossilen Brennstoffen zurückgeht. Schon im Rahmen des aktuellen Projektes will Sonangol jedoch einen Teil des Wasserstoffs als Energiequelle vor Ort nutzen, etwa in seiner Raffinerie in Luanda. 

Die Ammoniakproduktion kann außerdem eine Grundlage sein, um Stickstoffdünger herzustellen. Das ist der Kern des zweiten großen Wasserstoffprojektes in Angola. Das australische Unternehmen Minbos Resources plant am Standort Capanda die Herstellung von grünem Ammoniak als Basis für zwei lokal benötigte Endprodukte. Das erste ist der Stickstoffdünger Kalkammonsalpeter, der in der lokalen Landwirtschaft eingesetzt werden soll. Das angezielte Produktionsvolumen beträgt 980 Tonnen pro Tag. Das zweite Produkt ist Ammoniumnitrat, das in der Herstellung von Sprengstoffen verwendet wird. Potenzielle Abnehmer für die 730 Tonnen pro Tag sind die Bergbauunternehmen des Kupfergürtels vor allem in der Demokratischen Republik Kongo.

Am 1987 mit russischer Hilfe fertiggestellten Wasserkraftwerk Capanda mit einer Kapazität von 520 Megawatt stehen für die Wasserstoffelektrolyse 200 Megawatt zur Verfügung. Als Partner hat Minbos Resources das chinesische Unternehmen Shanghai Putailai New Energy Technology gefunden. Mit einem Sprengstoffhersteller, der im Copperbelt präsent ist, führen die Australier Verhandlungen. Einen Schritt weiter sind sie bereits an einem anderen Standort: In der Exklave Cabinda nördlich der Kongomündung befindet sich eine Anlage zur Herstellung von Phosphatdünger im Bau. 

Öl und Gas legen den Grundstein

Erdöl ist seit Jahrzehnten der wichtigste Devisenbringer für Angola. Der Energierohstoff hat einen Anteil von rund 90 Prozent an den Ausfuhren und fast 30 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Bis auf weiteres ist dieser Wirtschaftszweig also nicht zu ersetzen. Im Gegenteil: Höhere Ölpreise auf dem Weltmarkt haben in den letzten Jahren zu vermehrten Investitionen in die Förderung geführt. Durch die Erschließung neuer Ölfelder wird sich der zuletzt zu verzeichnende Trend zu sinkender Produktion ab 2024 umkehren. Diese Entwicklung festigt einerseits bestehende Abhängigkeiten von Rohstoffexport. Sie sorgt aber andererseits für Einnahmen, die für den Ausbau anderer Branchen verwendet werden können.

Die Produktion von grünem Wasserstoff ist eine davon. Mit dem Einsatz als Energieträger oder Vorprodukt in der Chemie- und Petrochemieindustrie sind auch in aktuellen Projekten bereits Perspektiven für eine weitere Nutzung zur Diversifizierung der Wirtschaft angelegt. Die Infrastruktur für die Förderung, den Transport und die Weiterverarbeitung von Öl und Gas lässt sich darüber hinaus zumindest in Teilen auch für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft nutzen. Dies betrifft sowohl physische Einrichtungen wie Verladeanlagen oder Pipelines als auch Know-how, etwa aus der Verflüssigung von Erdgas zu LNG (Liquefied Natural Gas).

Als Anlaufstelle für interessierte Unternehmen wurde im Mai 2022 in Kooperation mit der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Angola (AHK) ein Büro der vom Auswärtigen Amt gestarteten Initiative H2 diplo in Angola eingerichtet.

 

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