Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

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Special | Argentinien | Produktionsstandorte

Der Mercosur-Staat Argentinien lockt mit Lithium und Kupfer

Argentinien hat das Zeug zum Superstar, besonders durch den Rohstoffreichtum. Die Frage ist, ob die Wirtschaft durch die aktuelle Schocktherapie wieder Tritt fasst.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Selten stand ein lateinamerikanisches Land so im Fokus wie Argentinien seit dem Regierungsantritt von Präsident Javier Milei Ende 2023. Die ganze Welt scheint zuzuschauen, wie der libertäre Präsident das Land mit einer strikten Spar- und Antiinflationspolitik saniert. Erste Erfolge gibt es. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für 2025 ein Plus des Bruttoinlandsprodukts von 5,5 Prozent. Konsum, Investitionen und Produktion ziehen vorsichtig an, wobei nicht alle Branchen gleichermaßen von der Öffnungspolitik profitieren.

Dieser Beitrag ist Teil einer umfassenden Analyse zu neuen Produktionsstandorten. Sie zeigt anhand verschiedener Länderkategorien, warum und wohin sich Fertigungskapazitäten verschieben.

Investitionstrends: Deutsche Firmen sind zuversichtlich

Nach einem herausfordernden Übergangsjahr 2024 sind auch deutsche Unternehmen wesentlich optimistischer, wie die im März 2025 veröffentlichte Umfrage der AHK Argentinien und EY Argentinien ergab. Die Firmen erwarten sowohl bei Umsatz und  Rentabilität positive Entwicklungen. Rund 170 deutsche Unternehmen sind zum Teil schon seit Jahrzehnten mit eigenen Niederlassungen in Argentinien vertreten und haben dem Standort durch alle Krisen hindurch die Treue gehalten. 

Gute Nachrichten kommen aus der Automobilindustrie. Anfang April 2025 meldete der Volkswagenkonzern, dass er 580 Millionen US-Dollar (US$) in Entwicklung, Produktionstechnologie und Struktur seines Werks Pacheco im Großraum Buenos Aires investieren will. Damit soll die Grundlage für die nächste Generation eines Mittelklasse-Pickups geschaffen werden. 

"Argentinien ist ein zentraler Baustein unserer Südamerika-Strategie. Diese Investition unterstreicht unser Vertrauen in die industrielle Leistungsfähigkeit des Landes."

Alexander Seitz CEO Volkswagen Lateinamerika

Argentiniens verarbeitendes Gewerbe ist der wichtigste Sektor für ausländische Direktinvestitionen (FDI). Fast 39 Prozent des Bestands von 129 Milliarden US$ sind in diesen Wirtschaftszweig investiert, gefolgt vom Rohstoff- und Bergbausektor mit 23 Prozent.

Branchenfokus: Schlüsselsektor Bergbau

Dem Rohstoffsektor wird viel zugetraut. Argentinien verfügt über die weltweit drittgrößten Lithiumvorkommen. Seine Böden bergen auch Kupfer, Silber, Gold, Öl, Gas und weitere Rohstoffe

"Ich sehe Argentiniens Zukunft positiv, vorausgesetzt die neue Wirtschaftspolitik wird beibehalten. Wenn es Argentinien aus der Wirtschaftskrise schafft, dann werden wieder mehr Investoren ins Land kommen und Argentinien wird speziell als Produktionsland für Rohstoffe international massiv an Stellenwert gewinnen."

Micha Zauner Geschäftsführer von Deutsche E-Metalle (DEM); DEM besitzt eine Lithiumkonzession in Argentinien und führt dort gegenwärtig erste Probebohrungen durch.

Das argentinische Bergbausekretariat erwartet, dass die Bergbauexporte im Zeitraum 2024 bis 2030 von 4,7 Milliarden auf 19,2 Milliarden US$ anziehen werden. Für 2025 werden ausländische Brancheninvestitionen von 1,4 Milliarden US$ und bis 2026 von 7,5 Milliarden US$ erwartet. Geht es nach dem staatlichen Energiekonzern YPF, könnte das Land Anfang der 2030er-Jahre zum weltweit fünftgrößten Exporteur von Flüssiggas aufsteigen. Hinzu kommen ausgezeichnete Bedingungen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und damit zur Herstellung von grünem Wasserstoff.

Doch solche Großinvestitionen brauchen Planungssicherheit, und Planbarkeit ist für Argentinien ein großes Wort. In den letzten Jahrzehnten schlug das Pendel immer wieder von totaler Überregulierung hin zu extremem Liberalismus.

"Unabhängig davon, wie Argentinien gerade regiert wird, wird das Land immer ein wichtiger Partner für uns sein. Es verfügt über viele Dinge, die die Welt braucht und für die es immer eine Nachfrage geben wird", sagt Peter Neven, Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft in Buenos Aires. Neben den Rohstoffen sind das etwa Agrarprodukte und Nahrungsmittel. Mit seiner effizienten Landwirtschaft gehört Argentinien zu den größten Produzenten der Welt – doch es könnte noch deutlich mehr sein. Der Agrarsektor treibt auch verbundene Branchen in der Industrie wie Agrarchemie, Nahrungsmittelverarbeitung oder Maschinenbau.

Treiber und Risiken: Interne Faktoren bremsen noch

Im Gegensatz zum Primärsektor gilt die Industrie als wenig wettbewerbsfähig. Durch die Devisenauflagen konnten viele Unternehmen nicht hinreichend in Maschinen aus dem Ausland investieren. Viele haben sich inzwischen daran gewöhnt, in einem geschützten Markt mit wenig Wettbewerb zu agieren.

Die Devisenproblematik steht zu einem Teil auch hinter den Zuwächsen des Bestands an ausländischen Direktinvestitionen. Da die Firmen kein Geld ins Ausland transferieren konnten, errichteten sie lieber zum Beispiel eine neue Halle, als ihre Geldbestände mit der galoppierenden Peso-Inflation schwinden zu sehen.

Doch hier gibt es Fortschritte: Gestützt durch eine Kreditzusage von 20 Milliarden US$ des IWF können Privatpersonen seit dem 14. April 2025 argentinische Pesos unbegrenzt zum offiziellen Wechselkurs in US-Dollar tauschen (zuvor nur 200 US$ im Monat); Unternehmen dürfen Gewinne für 2025 an ausländische Anteilseigner in US$ ausschütten.

Mercosur-EU-Abkommen bietet Chancen

Beim Zustandekommen des EU-Mercosur-Abkommens kann sich Argentinien nicht nur zu einem interessanten Absatzmarkt für Produkte aus der EU entwickeln, sondern zu einem Rohstoff- und Energielieferanten für die EU. Das Land bietet sich als Basis an, um weitere Mercosur-Länder zu bearbeiten und ist wegen seiner geostrategischen Lage prädestiniert, ein Tor für Explorations- und Forschungsarbeiten in der Antarktis zu werden.

Bislang liegt der argentinische Anteil am deutschen Außenhandel jedoch erheblich unter 1 Prozent. Laut Bundesbank flossen 2023 gerade einmal knapp 0,4 Prozent der deutschen Direktinvestitionen in den Pampastaat.

Regierung hat noch Herausforderungen vor sich

Der Schwerpunkt der Reformen von Präsident Milei liegt auf der Verkleinerung des Staatsapparats und Konsolidierung des Staatshaushalts, auf Inflationsbekämpfung und schrittweiser Öffnung für Importe und Investitionen. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu steigern und so Wachstumsimpulse auszulösen. Ein Vorzeigewerkzeug ist das Investitionsfördergesetz RIGI.

Impulse durch das Fördergesetz RIGI

Mit dem bis zum 22. Oktober 2026 befristeten Investitionsanreizgesetz RIGI (Régimen de Incentivo para Grandes Inversores) will Milei große Projekte mit einem Investitionswert ab 200 Millionen US$ ins Land ziehen. Es richtet sich an die Branchen Forstwirtschaft, Tourismus, Infrastruktur, Bergbau, Technologie, Stahl, Energie, Öl- und Gas. Die Projekte erhalten für die nächsten 30 Jahre steuer-, zoll- und währungsrechtliche Vergünstigungen. Vorhaben ab 1 Milliarde US$ können als "strategische Projekte" von zusätzlichen Vorteilen profitieren. 

Stand Anfang Juni 2025 waren elf Projekte unter dem RIGI beantragt und vier genehmigt, darunter der Solarpark El Quemado (211 Millionen US$) und der Bau einer Ölpipeline von Vaca Muerta nach Río Negro (2,9 Milliarden US$). Der Großteil der Projekte stammt indessen nicht aus dem Ausland, sondern von heimischen Firmen, allen voran vom Staatskonzern YPF.

Darüber hinaus gibt es Überlegungen, kleinere Projekte zu Paketen mit einer Summe von 200 Millionen US$ zu bündeln, damit auch kleine und mittlere Unternehmen teilhaben können. 

Doch das allein reicht nicht. Es fehlen noch weitere Schritte wie:

  • Maßnahmen gegen die grassierende Korruption: Argentinien rangierte 2024 laut Transparency International unverändert auf Platz 99 von 180 Ländern
  • ein Konjunkturprogramm für die inländische Wirtschaft etwa in Form von Arbeitsmarktreformen oder Steuerentlastungen
  • die vollständige Abschaffung des Systems der Kapitalverkehrskontrollen "Cepo"

Von einem Erfolg hängt ab, ob die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas sich, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wieder unter die wohlhabendsten Länder der Welt einreihen kann. Ein Scheitern wäre fatal. 

Kontaktadressen
InstitutionAnmerkungen
AHK ArgentinienAnlaufstelle für deutsche Unternehmen in Argentinien
Agencia Argentina de Inversiones y Comercio InternacionalArgentiniens Agentur für Investitionen und internationalen Handel
Investitionsgarantien des BundesInstrument zur Absicherung von Auslandsinvestitionen

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