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Branche kompakt | Brasilien | Ernährungswirtschaft

Markttrends

Brasiliens Nahrungsmittelbranche passt sich an Verbrauchertrends an und investiert fleißig. Der Markt lockt auch deutsche Investoren an.

Von Gloria Rose | São Paulo

Brasiliens Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie nutzt die Chancen, die sich aus dem hochproduktiven und stetig wachsenden Agrobusiness ergeben. Ein großer Teil der Investitionen zielt auf den Export ab, doch viele Impulse kommen auch vom großen Binnenmarkt.

Fast 29 Prozent des Umsatzes erwirtschaftete die Branche 2024 im Ausland. Gemessen an der Produktionsmenge ist Brasilien seit 2023 der weltgrößte Exporteur verarbeiteter Nahrungsmittel. In Bezug auf die Wertschöpfung liegen die USA, die Niederlande, Deutschland und Frankreich noch vor dem Land.

62 %

seiner Agrarproduktion verarbeitete Brasilien im Jahr 2024 selbst.

Nahrungsmittelpreise steigen stark an

Im Jahr 2024 legten die Verbraucherpreise für Lebensmittel drastisch zu, stärker als in allen anderen Kategorien. Laut dem Statistikinstitut IBGE zahlten die Haushalte für den Nahrungsmitteleinkauf im Durchschnitt 7,7 Prozent mehr als 2023. Die Gründe hierfür sind vielfältig:

Die flächendeckenden Überschwemmungen in Rio Grande do Sul, Brasiliens südlichstem Bundesstaat, verknappten 2024 das Angebot an wichtigen Agrargütern wie Reis. Hinzu kamen Trockenheit und Hitzewellen im Südosten, die zu einer Verdoppelung der Preise für Produkte wie Tomaten, Mangos und Kaffee führten. Letzteres spüren auch die Verbraucher in Europa. Neben dem Klima wirken sich auch der Wechselkurs und die globale Nachfrage nach brasilianischen Exportprodukten auf die Nahrungsmittelpreise aus. Durch die beiden externen Faktoren verteuerte sich insbesondere Fleisch.

Im Jahr 2025 kommt ein neues Risiko für Preiserhöhungen auf. Mitte Mai kam es erstmals in Brasilien zu einem Ausbruch von Vogelgrippe. Der Agrarverband CNA lobte das zügige und zielgerechte Eingreifen der Behörden. Derzeit seien keine Auswirkungen auf die Produktionsketten zu erwarten, gibt CNA an.

Verbrauchertrends im Überblick

Umstellung im Fleischkonsum

Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 103 Kilogramm pro Jahr gehört Brasilien zu den Top-Ten-Ländern mit dem höchsten Fleischkonsum weltweit. Doch das Konsumverhalten verändert sich. Wegen steigender Rindfleischpreise weichen die Haushalte zunehmend auf Hähnchen- und Schweinefleisch aus und steigern die Nachfrage nach Eiern. Auch Fisch essen die Brasilianer mehr. Dennoch liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch nur bei der Hälfte des weltweiten Durchschnitts.

Markt bietet Nischen für Premiumprodukte

Während die breite Bevölkerung auf eine möglichst preisgünstige Versorgung achtet, fragen Haushalte höherer Einkommensklassen fortwährend hochwertige Markenprodukte nach. Bei Getränken greifen auch Verbraucher geringeren Einkommens zu teureren Produkten. Bei Bier beispielsweise steigt der Konsum besonders stark im Premiumsegment. Mit wachsender Kaufkraft gönnt sich die konsumfreudige Bevölkerung immer öfter den einen oder anderen Luxus.

Im Trend: Einfach, schnell und preisgünstig

Laut den Marktforschern von Kantar Worldpanel fragen bereits 61 Prozent der brasilianischen Haushalte Tiefkühlprodukte nach. Das sind fast doppelt so viele wie im lateinamerikanischen Durchschnitt. Das Angebot an Fertiggerichten wächst. Bislang geben die Haushalte aber weniger als 5 Prozent ihrer Nahrungsmittelausgaben für Tiefkühlkost aus. Von den Trends zu Homeoffice und mehr Bequemlichkeit profitieren auch sogenannte Dark Kitchen – Küchen ohne eigenes Restaurant, die nur für Lieferdienste kochen.

Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit zählen

Für Fast Food-Ketten ist Brasilien ein Wachstumsmarkt. Andererseits achtet ein großer Teil der Bevölkerung auf gesunde Ernährung und treibt den Konsum von Sportnahrung und funktionellen Lebensmitteln an. Zudem verschärft die Gesundheitsaufsichtsbehörde Anvisa die Auflagen zunehmend. Transfettsäuren etwa sind seit 2023 verboten.

Ein zweites Trendthema ist Nachhaltigkeit. Große Fleischkonzerne wie BRF erfassen bereits die Emissionen entlang ihrer Lieferketten. Gestützt wird der Trend zu gesunden und nachhaltigen Produkten durch ein dynamisches Start-up-Ökosystem. Mit dem Fokus auf Gesundheit und Nachhaltigkeit mischen heute mehr als 480 Jungunternehmen den Nahrungsmittelsektor auf.

Ob Laborfleisch oder pflanzenbasierte Ernährung Brasilien ist dabei

Auch wenn es noch immer keine konkrete Regulierung für den brasilianischen Markt gibt, wächst das Segment Fleisch- und Milchersatz aus pflanzlichem Eiweiß. Auf den Zukunftsmarkt setzen sowohl die großen Fleischkonzerne JBS, Marfrig und BRF als auch FoodTechs wie Fazenda Futuro, Vida Veg, NotA, Nude. und Positive Company.

Im März 2024 trat die Resolution RDC Nr. 839 in Kraft. Im Rahmen dieser Bestimmung vereinfacht Anvisa die Zulassung innovativer Nahrungsmittel und Inhaltsstoffe, unabhängig davon, ob sie über Zellkulturen oder Fermentierung erzeugt wurden. The Good Food Institute (GFI) sieht die Resolution als Startschuss für höhere Investitionen in In-Vitro-Fleisch. 

Vielfältige Chancen für deutsche Unternehmen

Für deutsche Zulieferer von Maschinen und Ausrüstung sowie von Vorprodukten wie Malz bleibt Brasilien ein wichtiger Wachstumsmarkt. Chancen bieten sich auch für Getränke- und Nahrungsmittelhersteller. Bekannte heimische Marken mit eigener Produktion vor Ort sind Melitta, Dr. Oetker und Haribo. Auch der Hersteller von Duft- und Geschmackstoffen Symrise AG, Gelatinehersteller Gelita AG und Tiefkühlkostunternehmen VOSSKO produzieren vor Ort. Die Ehrmann AG ist über das Molkereiunternehmen Trevo Lácteos im Land vertreten. Die Ireks GmbH aus Kulmbach investiert zusammen mit der Agrargenossenschaft Agrária in Guarapuava (Paraná) in Brasiliens erste Mälzerei für Spezialmalze.

Deutsches Bier, Schokolade und Gebäck gehören zu den Gourmetprodukten für Haushalte der mittleren und oberen Einkommensklasse. Von Jahr zu Jahr finden sich mehr deutsche Spezialitäten in den Regalen der brasilianischen Supermärkte. Fast die Hälfte des Importbiers stammte 2024 aus Deutschland. Bei Schokolade machten deutsche Produkte 13 Prozent der Importe aus, bei Gebäck nur 3 Prozent. Deutsche Weine sind bislang kaum am Markt vertreten.

Ausgewählte Projekte der Lebensmittel- und Getränkeindustrie in Brasilien
Projekt

Investitionssumme in Mio. US$ *) 

StandProjektträger
14 neue Produktionslinien

1.300

Ankündigung im April 2025, Durchführung 2025Coca Cola (inklusive der Marke Leão)
2. Phase zum Ausbau der Mälzerei für Spezialmalze in Guarapuava (Paraná)

260

Inbetriebnahme der 1. Phase im Juni 2024, 2. Phase ist für 2028 geplantGenossenschaften Agrária, Frísia, Castrolanda, Capal, Bom Jesus und Coopagrícola in Partnerschaft mit der IREKS-Gruppe (Deutschland)
Produktionsanlage von Molkenprotein und Milchpulver für Säuglinge in Francisco Beltrão (Paraná)

121

Ankündigung im Februar 2025Sooro Renner
Ausbau der Kaffeekapselfabrik Nescafé Dolce Gusto in Montes Claros (Minas Gerais)

93

Ankündigung Mai 2025Nestlé (Schweiz)
Produktionsanlage für Molkenprotein, Milchpulver, Käse und Butter in São Jorge d´Oeste (Paraná)

93

Ankündigung Januar 2025Gruppe Piracanjuba
Ausbau der Kapazität und Infrastruktur sowie Modernisierung der Fabrik in São Lourenço do Oeste (Santa Catarina)

67

Ankündigung im Mai 2025, abgeschlossen bis 2026Kellanova (USA)
Neue Fabrik und Vertriebszentrum in Conceição do Jacuípe (Bahia)

63

Ankündigung im Januar 2025São Braz
Neue Fabrik für Erfrischungsgetränke in São José dos Pinhais (Paraná)

56

Baubeginn im Oktober 2025, Inbetriebnahme im 1. Halbjahr 2026Grupo RFK
* umgerechnet zum durchschnittlichen Wechselkurs 2024: 1 US$ = 5,39 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Mai 2025

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