Brasiliens Nahrungsmittelindustrie expandiert. Im Fokus der Investitionen stehen eine höhere Produktivität, das Premiumsegment und die Produktion für den Export.
Brasiliens Nahrungsmittelindustrie profitiert von dem starken Agrarsektor. Der Landwirtschaftsverband CNA geht davon aus, dass die Bruttowert der Agrarproduktion 2025 wegen einer erwarteten Rekordernte um 13,1 Prozent und die Bruttowertschöpfung um 7,4 Prozent steigen wird. Positiv könnte sich auch der Handelskonflikt zwischen den USA und China auswirken, sollte die Volksrepublik vermehrt auf Agrarimporte aus Brasilien ausweichen.
Wichtigste Branche der verarbeitenden Industrie
Als einer der wenigen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes steigert Brasiliens Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie die Produktion von Jahr zu Jahr. Der Gesamtumsatz legte 2024 nominal um 10 und real um 6,1 Prozent zu, während die Produktionsmenge um 3,2 Prozent stieg. Dies zeigen Zahlen des Nahrungsmittelverbands ABIA. Für 2025 erwartet ABIA ein Umsatzwachstum um real 2 bis 2,5 Prozent.
Die Branche trägt über 20 Prozent zur Bruttowertschöpfung der verarbeitenden Industrie und fast 11 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt Brasiliens bei. Mit 2 Millionen Beschäftigten ist der Sektor der bedeutendste Arbeitgeber der verarbeitenden Industrie. Insgesamt zählt der Branchenverband ABIA 40.900 Unternehmen, zu fast 94 Prozent kleine Hersteller mit weniger als 50 Mitarbeitern.
Umsatz mit verarbeiteten Nahrungsmitteln in BrasilienIn Milliarden US-DollarSparte | Umsatz 2025 *) | Umsatzveränderung 2025/2024 *) |
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Fleisch | 39,2 | 5,9 |
Brot und Getreideprodukte | 29,0 | 9,6 |
Milchprodukte und Eier | 28,6 | 9,9 |
Gemüse | 22,5 | 9,7 |
Süßwaren und Snacks | 18,9 | 6,2 |
Obst und Nüsse | 13,4 | 8,1 |
Fisch und Meeresfrüchte | 11,2 | 8,8 |
Öle und Fette | 9,7 | 9,7 |
Convenience Food | 8,1 | 4,7 |
Heimtiernahrung | 7,5 | 8,4 |
Aufstriche und Süßungsmittel | 2,8 | 4,7 |
Saucen und Gewürze | 2,6 | 5,3 |
Babynahrung | 2,1 | 6,6 |
Insgesamt | 195,4 | 8,0 |
* Prognosen.Quelle: Statista Market Insights, März 2025
Von der Kornkammer zum Supermarkt der Welt
Brasilien beliefert heute 190 Länder mit verarbeiteten Nahrungsmitteln und Getränken. Der Exportwert stieg 2024 um 6,6 Prozent auf 66,3 Milliarden US$. Bezüglich der Exportmenge hat Brasilien die USA hinter sich gelassen und war 2024 zum dritten Jahr in Folge der weltweit größte Exporteur von verarbeiteten Nahrungsmitteln. In Bezug auf den Ausfuhrwert liegt Brasilien auf Rang 5. Fast 40 Prozent der brasilianischen Exporte geht nach Asien. Bedeutende Absatzmärkte sind auch der Nahe Osten und die Europäische Union sowie die USA.
Als Weltmarktführer für zahlreiche Agrarrohstoffe ist Brasilien darauf bedacht, die Wertschöpfung im Land zu steigern und hochwertigere Nahrungsmittel zu exportieren. Beispielsweise investieren die Hersteller von löslichem Kaffee und steigern den Export von Jahr zu Jahr.
Im Jahr 2024 verarbeitete Brasiliens Nahrungsmittelindustrie 62 Prozent der gesamten Agrarproduktion. Bei den Exporten ist der Anteil niedriger. Im Jahr 2024 standen unverarbeitete Agrargüter für die Hälfte der Ausfuhr. Es besteht also noch viel Raum für Wachstum. Zum Vergleich: Die USA und die EU exportieren zu über 60 Prozent verarbeitete Produkte.
Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie investiert
Laut Branchenverband ABIA investierten die Hersteller 2024 etwa 7,2 Milliarden US$, ebenso viel wie 2023. Betrachtet in der Landeswährung Real (R$) ergab sich aber ein Plus von 7,6 Prozent. Mitte 2024 kündigten die Unternehmen Investitionen von insgesamt 22,3 Milliarden US$ bis 2026 an. Davon fließen 62 Prozent in den Aus- und Neubau von Fabriken sowie 38 Prozent in Innovation, Forschung und Entwicklung, gab ABIA bekannt.
Besonders hohe Aufwendungen fließen in die Produktion für Export- und Premiummärkte. Neue Impulse setzt der Trend zu Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferkette. Investitionen in Effizienz lohnen sich zudem aufgrund der stark zunehmenden Produktionskosten. Im Jahr 2024 stiegen diese um 9,3 Prozent und somit noch stärker als die Nahrungsmittelpreise, die um 7,7 Prozent zulegten. Besonders intensiv steigen die Kosten für Verpackungen gefolgt von Strom und Erdgas. Neben Energieeffizienz und Verpackungen rücken Wasserverbrauch und die Behandlung von Reststoffen ins Augenmerk des Sektors.
Brasiliens Fleischwirtschaft baut die Produktionskapazitäten kontinuierlich aus. Im Laufe des Jahres 2024 zertifizierten chinesische und südafrikanische Behörden zusätzliche Schlachthöfe, um zukünftig mehr Fleisch aus Brasilien zu beziehen. Für 2025 prognostiziert die brasilianische Versorgungsbehörde Conab eine Fleischproduktion von 31,6 Millionen Tonnen, und damit auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr. Mitte Mai kündigten Marfrig und BRF an, fusionieren zu wollen. Hierzu bedarf es aber noch einer Genehmigung durch die Wettbewerbsaufsicht Cade.
Brasiliens Biermarkt ist der drittgrößte weltweit. Für Heineken ist das Land der wichtigste Markt überhaupt. Die niederländische Gruppe baut ihren Marktanteil von 24,4 Prozent im Jahr 2023 weiter aus. Marktführer ist Ambev mit einem Anteil von 59,3 Prozent. Die lokale Gruppe Petrópolis liegt mit 11,3 Prozent auf dem dritten Platz. Auf die drei Hersteller entfallen 95 Prozent des Marktes. Den Rest teilen sich etwa 1.800 kleine und mittelständische Brauereien.
Auswahl großer Lebensmittelkonzerne in BrasilienUmsatz in Milliarden US-Dollar; Veränderung in ProzentName | Geschäftsfeld | Umsatz 2023 1) | Veränderung 2023/22 2) |
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JBS | Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel und Leder (Marken: Swift und Seara); Inlandsmarkt und Export | 72,9 | -2,9 |
Marfrig | Rindfleisch; Inlandsmarkt und Export | 26,5 | 5,5 |
Ambev (Tochter von AB InBev, Belgien) | Bier und Erfrischungsgetränke | 16,0 | 0,0 |
BRF (Brasilien/USA) | Rind- und Schweinefleisch sowie Geflügel (Marken: Sadia und Perdigão); Inlandsmarkt und Export | 10,8 | -0,4 |
Minerva Foods | Rindfleisch; Inlandsmarkt und Export | 5,4 | -13,2 |
Nestlé (Schweiz) | Cerealien, Kaffee, Speiseeis, Süßwaren | 4,6 | 12,9 |
Aurora | Fleisch- und Molkereiprodukte, Tiefkühlkost | 4,0 | -1,4 |
Coca-Cola Femsa Brasil (Mexiko) | Erfrischungsgetränke | 3,9 | 15,5 |
Camil | Reis und Bohnen | 2,3 | 10,2 |
M. Dias Branco | Nudeln und Kekse | 2,2 | 7,0 |
1 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 4,99 R$; 2 bezogen auf den Umsatz in brasilianischen Reais (R$).Quelle: Ranking "Valor 1000" 2025
Für den brasilianischen Markt produzieren bedeutende US-amerikanische Hersteller vor Ort darunter PepsiCo, Kellogg's, General Mills, Heinz und Mondelēz International sowie europäische Firmen wie Nestlé, Unilever und Gomes da Costa (Tochter der spanischen Gruppe Calvo). Oft treten multinationale Hersteller über M&A-Transaktionen, Joint Ventures oder auch Vertriebskooperationen in den brasilianischen Markt ein.
Weitere große brasilianische Nahrungsmittelhersteller sind Aurora, Camil, M. Dias Branco, Piracanjuba, Copacol, Grupo 3corações, Prima Foods, Frimesa, Alvoar, GTFoods und Arroz Brejeiro.
Konsolidierung in der Milchwirtschaft schreitet weiter voran
Lactalis baut die Führung in der Milchindustrie aus. Die französische Unternehmensgruppe stieg erst 2013 in den brasilianischen Markt ein, betreibt heute aber bereits 23 Produktionsanlagen und verarbeitet pro Jahr 2,7 Milliarden Liter Milch. 2024 erwirtschaftete Lactalis einen Umsatz von 3,2 Milliarden US$. Der Konzern investiert und möchte seinen Umsatz bis 2030 nahezu verdoppeln.
Die Anzahl der Milchbauern nimmt von Jahr zu Jahr ab. Für 2025 rechnet der Sektor mit steigenden Milchpreisen und einer Produktionssteigerung um 1 Prozent. Laut Branchenverband Abraleite steigerten 17 der größten Molkereien die Verarbeitung 2024 um 0,7 Prozent auf über 10,8 Milliarden Liter.
Auswahl großer Molkereien in Brasilien 2024 *)In Millionen Litern, Veränderung in ProzentMolkerei (Marken) | Verarbeitete Milch 2024 | Veränderung 2024/2023 |
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Lactalis Brasil | 2.701 | 1,3 |
Laticínios Bela Vista (Piracanjuba) | 1.944 | 9,5 |
Unium (Frisia, Castrolanda und Capal) | 1.448 | -2,6 |
Nestlé | 1.052 | 0,4 |
CCPR - Cooperativa Central dos Produtores Rurais | 854 | -4,9 |
CCGL | 489 | -2,7 |
Aurora | 478 | -5,1 |
Laticínios Porto Alegre | 406 | 4,5 |
Jussara | 368 | -2,1 |
Tirolez | 305 | 11,8 |
* Die Unternehmen Italac, Alvoar Lácteos, Vigor (Lala), Laticínios Damare, Cooperativa Santa Clara und Tirol beteiligten sich nicht an dem Ranking von Abraleite.Quelle: Verband Abraleite 2025; Berechnungen von Germany Trade & Invest
Von Gloria Rose
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São Paulo