Zollbericht Brasilien WTO
Mitgliedschaft in der WTO und Freihandelsabkommen
Brasilien ist Mitglied des Mercosur, mit dem die EU nach einem umfassenden Assoziierungsabkommen strebt. Diskussionen zu wenigen spezifischen Themen dauern an.
10.06.2025
Von Andrea González Alvarez | Bonn
Brasilien ist seit dem 1. Januar 1995 Mitgliedstaat der Welthandelsorganisation (World Trade Organization – WTO).
Ferner ist Brasilien Mitglied der Lateinamerikanischen Integrationsvereinigung (Asociación Latinamericana de Integración - ALADI). Weitere Mitgliedstaaten sind Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Peru, Panama, Paraguay und Uruguay.
Mitgliedschaft im Mercosur
Brasilien ist seit dem 29. November 1991 Mitgliedstaat des Gemeinsamen Marktes des Südens (Mercado Común del Sur-Mercosur). Der Mercosur ist das bedeutendste Wirtschaftsbündnis in Lateinamerika. Dabei ist Brasilien das ökonomische Schwergewicht. Weitere Mitgliedstaaten sind Argentinien, Paraguay und Uruguay und Bolivien, welches Anfang Juli 2024 dem Block offiziell beitrat.
Der Mercosur ist wie eine Zollunion mit einem gemeinsamen Außenzolltarif konzipiert. Allerdings kann jeder Mitgliedstaat Ausnahmen von dem gemeinsamen Zolltarif definieren. Für Ursprungswaren des Mercosur gilt im intrazonalen Handel grundsätzlich Zollfreiheit. Importwaren aus Ländern außerhalb des Mercosur werden trotzdem häufig mehrfach verzollt beziehungsweise unterschiedlich eingereiht. Nach Aussage von Experten ist eine Umgehung von Mehrfachverzollungen nur durch die Nutzung von Zolllagern möglich.
EU-Mercosur-Abkommen
Die EU und der Mercosur streben ein Handelsabkommen an, das Bestandteil eines umfassenderen Assoziierungsabkommens ist. Am angestrebten Abkommen ist Bolivien nicht beteiligt. Nach über 20-jähriger Verhandlungsdauer schlossen die EU und der Mercosur Ende 2024 die Verhandlungen ab. Bevor das gesamte Abkommen in Kraft treten kann, ist eine Ratifizierung sowohl durch die EU als auch von allen EU-Mitgliedstaaten erforderlich. Denkbar ist eine vorläufige Anwendung des handelspolitischen Teils. Die Abkommenstexte werden in den kommenden Monaten juristisch geprüft und in die Sprachen der Vertragsstaaten übersetzt.
Umfassender Zollabbau
Mit dem Handelsabkommen würde der Mercosur voraussichtlich rund 90 Prozent der Importe von Industrieprodukten aus der EU liberalisieren. Insbesondere der Abbau der bisher hohen Zölle auf Kraftfahrzeuge (überwiegend 35 Prozent), Kfz-Teile (14 - 18 Prozent), Maschinen (14 - 20 Prozent), chemische Produkte (bis zu 14 Prozent) Arzneimittel (bis zu 18 Prozent) sowie Bekleidung und Schuhe (bis zu 35 Prozent) dürfte EU-Exporte dieser Produkte in den Mercosur-Raum künftig ankurbeln. Für sensible Sektoren hat sich der Mercosur Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren vorbehalten. Darüber hinaus könnte der EU-Nahrungsmittelsektor von einem Abbau hoher Zölle des Mercosur auf Produkte wie Schokolade (20 Prozent), Wein (20 - 27 Prozent) und Spirituosen (20 Prozent) profitieren.
Im Gegenzug könnten rund 80 Prozent der Exporte von Industrieprodukten des Mercosur in die EU bereits mit Inkrafttreten des Handelsabkommens zollfrei gehandelt werden.
Beseitigung technischer Handelshemmnisse
Das Handelsabkommen sieht zudem eine verstärkte Zusammenarbeit zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse, wie zum Beispiel doppelter Zertifizierungen, vor. Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens würden EU-Unternehmen in nicht unerheblichem Umfang gleichwertigen Zugang wie lokale Unternehmen zu den öffentlichen Ausschreibungen in den Mercosur-Staaten erhalten.
Des Weiteren würde sich der Mercosur verpflichten, die geographischen Herkunftsbezeichnungen von 357 europäischen Nahrungsmitteln wie zum Beispiel Tiroler Speck, Münchener Bier oder Prosciutto di Parma zu schützen. Überdies würden die hohen EU-Sicherheitsstandards im Nahrungsmittelbereich weiterhin bestehen bleiben. Einfuhren aus dem Mercosur müssten somit auch künftig diesen Standards entsprechen.
Bislang erschwerter Marktzugang für EU-Produkte
Die Mercosur-Länder schützen ihre heimische Industrie mit teils prohibitiv hohen Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen. Deutsche Unternehmen, die Produkte in den Mercosur liefern, müssen sich bislang auf hohe Einfuhrzölle einstellen. Rund 85 Prozent der EU-Ausfuhren in den Mercosur sind mit Zöllen belastet.
Weitere Freihandelsabkommen
Als Einzelland wie auch als Mercosur-Mitglied ist Brasilien Mitgliedstaat verschiedener Freihandelsabkommen. Dazu gehören beispielsweise die sogenannten "Acuerdos de Complemantación Económica“ (ACE). Bei den ACE handelt es sich um bilaterale Handelsabkommen, die die lateinamerikanischen Länder im Rahmen der Integrationsvereinigung ALADI untereinander abschließen.