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Special | Chile | Bergbau und Rohstoffe

Chiles Bergbau: Traditionssektor mit großer Zukunft

Chile ist Bergbau- und Rohstoffland – und daher für Deutschland als Beschaffungsmarkt und als Kunde von Maschinen interessant. Die aktuelle Umbruchphase eröffnet neue Optionen.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Chile ist weltweit führend bei den Vorkommen kritischer Rohstoffe wie Kupfer und Lithium – zentrale Bausteine für die globale Energiewende. Auch Eisen, Silber, Gold, Molybdän und Zink sowie perspektivisch Kobalt und seltene Erden machen den Andenstaat zu einem strategisch wichtigen Rohstofflieferanten. 

Gleichzeitig steht der chilenische Bergbau vor einem tiefgreifenden Wandel: Neue Technologien für den Untertagebau, strengere Umweltauflagen und die Dekarbonisierung der Prozesse eröffnen vielfältige Geschäftschancen. 

Germany Trade & Invest (GTAI) hat die aktuellen Entwicklungen vor Ort analysiert, Marktpotenziale identifiziert und konkrete Ansatzpunkte für deutsche Unternehmen herausgearbeitet – sei es als Technologieanbieter, Partner im Sekundärbergbau oder zur Sicherung eigener Lieferketten.

  • Bergbaufirmen investieren Milliarden in Chile

    Die hohen Rohstoffpreise geben Chiles Bergbau Anlass zu Optimismus: Allein 2025 dürften die Konzerne 8 Milliarden US-Dollar investieren. Wie können deutsche Firmen partizipieren? (Stand: 26.03.2025)

    Die Stimmung in Chiles Wirtschaft ist gedrückt. Ausbleibende Reformen und ein zunehmender Bürokratieaufwand lasten auf dem Geschäfts- und Investitionsklima. Eine Ausnahme bildet der Bergbau: In den nächsten Jahren wird der Sektor Milliarden in den Ausbau und die Modernisierung von Minen stecken.

    Dies zeigt eine Übersicht der dem Bergbauministerium unterstehenden Gesellschaft Cochilco: Allein 2025 hält sie Investitionen in Höhe knapp 8 Milliarden US-Dollar (US$) für wahrscheinlich, heißt es auf der Homepage. Diese Summe ergibt sich aus Projekten, deren Umsetzung die Gesellschaft für sehr wahrscheinlich und wahrscheinlich erachtet. Davon entfällt das Gros auf den Kupferbergbau, das Herzstück des chilenischen Bergbaus. Auch in den nächsten Jahren geht Cochilco von hohen Investitionen aus, da der Sektor mit einer wachsenden Kupfernachfrage und steigenden Preisen für das rote Metall rechnet.

    In Chiles Bergbau fließen MilliardeninvestitionenErwartete Investitionen in Millionen US-Dollar 1)
    KategorieKriterien

    2025 

    2026

    2027

    Realisierung höchst wahrscheinlich ("base")Investitionsprojekte mit erhaltener Umweltgenehmigung (Resolución de Calificación Ambiental, RCA); Umsetzung der Projekte könnte theoretisch sofort beginnen

    6.348

    (6.248)

    4.601

    (4.601)

    4.181

    (4.181)

    Realisierung wahrscheinlich ("probable")Investitionsprojekte mit RCA-Zertifikat; Machbarkeitsstudien für Engineering stehen noch aus

    1.603 (1.472)

    617

    (607)

    460

    (110)

    Realisierung möglich ("posible")Projekte in Mach- oder Vormachbarkeitsstudie; ausgesetzte Projekte; Umweltverträglichkeitsstudie 2) oder Umweltverträglichkeitserklärung 3) in Bearbeitung oder schwebend

    2.567

    (2.210)

    3.299

    (3.068)

    2.222

    (2.171)

    Realisierung denkbar ("potencial")Projekte, deren Durchführung mit großen Unsicherheiten behaftet ist.

    29

    (23)

    201

    (23)

    1.060

    (882)

    Summe 

    10.547 

    (9.953) 

    8.718

    (8.299)

    7.923

    (7.344)

         
    1 Angaben in Klammer: Investitionen in den Kupferbergbau; 2 Estudio de Impacto Ambiental (EIA); 3 Declaración de Impacto Ambiental (DIA).Quelle: Cochilco; www.cochilco.cl/web/inversion 2024

    "Es ist zwar nicht sicher, ob all diese Projekte realisiert werden", sagt Ricardo Muñoz, Geschäftsführer der Plattform Sistema de Calificación de Empresas Proveedoras (SICEP), "sicher ist jedoch, dass die Bergbauindustrie nicht den Pessimismus der übrigen chilenischen Industrie teilt." Davon können auch deutsche Zulieferer profitieren:

    "Chile ist mit seinem großen formellen und von nationalen und internationalen Konzernen dominierten Bergbausektor für Bergbautechnik aus unserer Sicht ein relativ reifer Markt. Viele unserer Mitglieder sind seit vielen Jahren in Chile als Lieferanten aktiv. Ihnen kommt der hohe Qualitätsanspruch des Sektors entgegen und sie profitieren von den verhältnismäßig offenen Grenzen Chiles für den Import."

    Christoph Danner Stellvertretender Geschäftsführer Mining & Minerals beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA)

    Deutsche Firmen sind in Chile präsent

    Zwar gibt es keine exakten Daten zum deutschen Lieferanteil für den chilenischen Bergbau. Klar ist aber, dass deutsche Firmen präsenter sind als es die bloßen Exportstatistiken vermuten lassen. So betrug der Export branchentypischer Maschinen und Anlagen nach Chile nach den neuesten verfügbaren Zahlen von Destatis 2023 rund 44,5 Millionen Euro. Das waren 6,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese Angaben beziehen sich auf Produkte wie selbstfahrende Maschinen, Geräte für Erdbewegungen oder Maschinen und Apparate zum Sortieren, Trennen oder Waschen von Gestein.

    Daneben gibt es noch Positionen wie Fördertechnik oder Tunnelbohr- und Schrämmmaschinen, die nicht unbedingt, aber meist im Bergbau verwendet werden, sowie zahlreiche Produkte, die sich komplett hinter anderen Positionen verbergen. Außerdem liefern laut VDMA viele Maschinenbauer aus Drittländern wie den USA, von anderen europäischen Standorten oder auch aus Asien nach Chile. Nicht unüblich sei es zum Beispiel, einfache, aber großvolumige Stahlarbeiten in Brasilien machen zu lassen.

    Neue Lösungen und Produkte gefragt

    Gleichzeitig öffnet der gegenwärtige Wandel, dem die Minenbetreiber ausgesetzt sind, das Fenster für Newcomer mit neuen Lösungen. Hierzu zählen der Trend weg vom Tagebau und hin zum Untertagebau oder der Zwang, Kosten einzusparen und effizienter zu werden. All dies geht oft mit mehr Automatisierung und Digitalisierung einher.

    Hinzu kommen die Ziele der Firmen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung. Auch die Kreislaufwirtschaft gewinnt stark an Bedeutung. Das gilt besonders für die Nutzung von Wasser, aber auch den Umgang mit Bergbauhalden, den Einsatz von Ölen und Plastik sowie die sachgerechte Entsorgung und Wiederverwertung der Reifen. Hierfür schreibt das chilenische Abfallgesetz (Ley REP) wachsende Recyclingquoten vor.

    Minenfirmen sind sehr anspruchsvoll gegenüber ihren Lieferanten

    Deutsche Firmen, die bisher noch keinen Fuß in der Tür haben, haben einen kleinen Bonus dank des guten Rufs deutscher Produkte. Aber das genügt nicht. Gefragt sind Qualität und Hartnäckigkeit.

    "Der Bergbausektor ist sehr konservativ und, was seine Zulieferer angeht, risikoscheu. Ein Grund hierfür ist, dass es im Bergbau, wenn etwas schief geht, meist sofort sehr teuer wird. Das bedeutet, neue Anbieter müssen eine Vielzahl von Tests durchlaufen, ehe sie als offizielle Zulieferer zugelassen werden. Auf der anderen Seite bedeutet das: Wer sich bewährt, wird nur selten ersetzt."

    Juan Carlos Guajardo Executive Director des chilenischen Informationsdienstleisters Plusmining gegenüber Germany Trade & Invest

    Dabei ist es schwierig, mit Produkten auf den Markt zu kommen, für die der Bergbausektor noch keinen Bedarf oder kein Bewusstsein entwickelt hat. In der Regel, so Ricardo Muñoz von der Plattform zur Lieferantenqualifizierung SICEP, reagierten die Unternehmen erst, wenn sie mit einem Problem konfrontiert seien, für das sie dann eine Lösung suchten. "Neue Technologien, für die es noch kein Problembewusstsein gibt, haben es sehr schwer."

    So steht der Bergbau erst am Anfang, sich darüber klar zu werden, inwieweit die zunehmende Vernetzung der Systeme den Sektor anfällig macht für mögliche Cyber- oder andere Angriffe oder auch nur Informationslecks – trotz aller Effizienzvorteile von Automatisierung, Robotik oder der Nutzung künstlicher Intelligenz. Lösungen stehen noch aus.

    Tipps für den Markteintritt

    Ein wichtiger Schritt, um auf dem chilenischen Markt zum Zuge zu kommen, ist die Aufnahme in die Plattform SICEP. Auf diese greifen die in Chile aktiven privaten Bergbaufirmen bei der Vorauswahl ihrer Zulieferer in der Regel zurück. Der staatliche Kupferkonzern Codelco nutzt dagegen ein eigenes Qualifizierungsverfahren.

    Generell ist es hilfreich, sich mit einem chilenischen Partner zusammenzutun, der als direkter Ansprechpartner vor Ort fungiert. Seit 2013 besteht eine deutsch-chilenische Rohstoffpartnerschaft. Zu den Aktivitäten gehören ein an der AHK Chile angesiedeltes Kompetenzzentrum Bergbau und Rohstoffe und die Organisation eines jährlichen Rohstoffforums. Das nächste ist für Oktober 2025 in Berlin angesetzt. Darüber hinaus finden jeweils im Wechsel die Messen Expomin (2025) in Santiago und Exponor (2026) in Antofagasta statt.

    Unterstützen können auch die chilenischen Verbände der Bergbauzulieferer APRIMIN und SUTMIN sowie weitere Regionalverbände, darunter für Antofagasta AIA, für Iquique AII und für Atacama CORPROA.

    Bergbau ist Rückgrat der chilenischen Wirtschaft

    Der Bergbau ist von zentraler Bedeutung für die chilenische Volkswirtschaft. Im Jahr 2024 trug der Sektor rund 11,7 Prozent zur Entstehung des Bruttoinlandsprodukts bei. Der Andenstaat verfügt über die weltgrößten Reserven an zwei für die globale Energiewende unerlässlichen Rohstoffen: Kupfer und Lithium. Auf Kupfer allein entfielen 2024 rund 51 Prozent der chilenischen Exporte. Rohstoffe insgesamt kamen auf 57 Prozent, zeigen Zahlen der chilenischen Zentralbank.

    Der größte Teil der Vorkommen befindet sich in Wüsten oder wüstenähnlichen Gebieten im Norden des Landes. Wichtige Zentren des Bergbaus sind Antofagasta, Atacama und Coquimbo sowie die Region Libertador General Bernardo O’Higgins nahe der Hauptstadt Santiago de Chile.

    Die wichtigsten Erzeugnisse des chilenischen Bergbaus Stand 2023 (jüngste verfügbare Daten)
    Produkt

    Menge in Tonnen

    Feinkupfer

    5.250.400

    Lithium

    270.947 (Lithiumäquivalent)

    Molybdän

    44.118

    Gold

    35,8

    Silber

    1.262

    Blei

    325

    Zink

    22.059

    Eisen

    11.443.400

    Quelle: Cochilco 2024

     

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • Chile steigert Kupferproduktion

    Chile ist der wichtigste Kupferproduzent der Welt. Die Förderung steigt. Können die US-Zollpolitik und mögliche Verwerfungen der Weltwirtschaft diesen Trend stoppen? (Stand: 25.04.2025)

    Kupfer ist gefragt. Die weltweite Nachfrage nach dem roten Metall steigt, getrieben durch:

    • den Ausbau der Stromnetze,
    • die durch den Einsatz erneuerbarer Energieträger notwendigen Stromspeicher sowie
    • die Digitalisierung (Rechenzentren, 5G, Ausbau der künstlichen Intelligenz, Blockchain-Technologien).

    Bei der Deckung des globalen Bedarfs spielt Chile eine zentrale Rolle, denn der Andenstaat verfügt über die weltgrößten Kupfervorkommen und ist wichtigstes Förderland weltweit.

    Chile baut Führungsposition aus

    Im Jahr 2024 förderten die chilenischen Minen rund 5,5 Millionen Tonnen Kupfer, gut 250.000 Tonnen mehr als im Vorjahr, so die staatliche Kupferkommission Chiles Cochilco. Chile war damit vor der Demokratischen Republik Kongo und Peru erneut wichtigstes Abbauland.

    Für 2025 geht Cochilco von einem Wachstum der Kupferförderung um 4,6 Prozent auf knapp 5,8 Millionen Tonnen aus. Dank neuer Investitionen könnte die Produktion bis 2027 auf fast 6,1 Millionen Tonnen steigen, ehe sie aufgrund schwächerer Minenleistung allmählich wieder zurückgeht, so eine Studie von BofA Global Research, der Analyseabteilung des US-Finanzinstitutes Bank of America.

    Cochilco prognostiziert im optimistischsten Szenario für 2025 Investitionen in den Kupferbergbau von knapp 10 Milliarden US-Dollar (US$). Davon kämen rund 4,4 Milliarden US$ aus dem staatlichen und 5,5 Milliarden US$ aus dem Privatsektor. Die größten Vorhaben planen Antofagasta Minerals, Codelco, Anglo American und Glencore.

    Tatsächlich entfallen etwa 95 Prozent der chilenischen Kupferproduktion auf den sogenannten Kupfergroßbergbau (über 50.000 Tonnen Feinkupfer-Output im Jahr), darunter vor allem nationale Player wie Codelco oder internationale Konzerne wie Glencore und Anglo American.

    Kupferland der Superlative

    Chile verfügt bei Kupfer weltweit über (Angaben für 2024):

    • die mächtigsten Vorkommen mit einem Anteil an den weltweiten Reserven von 19,4 Prozent;
    • die höchste Förderung mit einem Anteil von rund 24 Prozent;
    • das drittgrößte Förderunternehmen Codelco mit einer Jahresproduktion von rund 1,4 Millionen Tonnen (Platz 1: Freeport-McMoRan; Platz 2: BHP)

    Auch bei den Abbaubetrieben für Kupfer hält der Andenstaat Weltrekorde mit:

    • El Teniente, der größten unterirdischen Mine mit mehr als 4.500 Kilometern Tunneln;
    • Chuquicamata, dem (ehemals *)) größten Tagebau – ein Loch von 900 Metern Tiefe und 4 Kilometern Länge;
    • Escondida, der Kupfermine mit der höchsten Produktion (1.278.000 Tonnen, das beste Ergebnis seit 18 Jahren); Escondida betreibt auch die größte Meerwasserentsalzungsanlage Amerikas und zapft kein Grundwasser mehr an;
    • Cordillera Cobre, der laut dem Informationsdienstleister BNamericas möglicherweise wichtigsten Neuentdeckung eines Kupfervorkommens weltweit; Geologen von Super Copper (Kanada) gaben 2025 bekannt, 46 von 122 Proben wiesen Kupferkonzentrationen von mehr als 1 Prozent auf; die Höchstwerte lagen bei 10,3 Prozent Kupfer plus 296 Gramm Silber pro Tonne Gestein.

    Potenzial bieten auch die vermutlich weltweit größten Kupferabbauhalden mit einem geschätzten Volumen von rund 10 Kubikkilometern ein künftiger Fundus für den Sekundärbergbau.

    * Wegen des Erreichens der Grenze einer wirtschaftlichen Abbauführung, wurde der Tagebaubetrieb eingestellt. Die Umstellung auf einen Untertagebetrieb ist so gut wie abgeschlossen.

    Geopolitische Risiken und Trumpsche Strafzölle

    Getrieben wurden die Investitionen bislang von den hohen Kupferpreisen: Bis zum Trumpschen "Liberation Day" am 2. April 2025 erwartete Cochilco beispielsweise für 2025 einen Durchschnittspreis von 4,25 US$ pro Pfund (Libra) Kupfer, nach zuvor 4,15 US$ (2024) und 3,85 US$ (2023).

    Auch die Marktforscher von BofA Global Research gingen von Preiszuwächsen aus. Bis 2027 erwarteten sie einen Anstieg auf 5,44 US$ pro Pfund. Gründe waren die rückläufigen Kupfervorräte in China, die steigende Nachfrage der Volksrepublik und das nach wie vor knappe Angebot. Insgesamt sollte die Weltmarktnachfrage 2025 gegenüber dem Vorjahr um 3 Prozent zulegen, nach einem Plus von 2 Prozent im Jahr 2024.

    Doch seit der US-amerikanische Präsident seinen "Zollfeldzug" gegen die Welt eröffnet hat, ist alles anders, selbst wenn Kupferlieferungen aus Chile in die USA bislang von Strafzöllen verschont geblieben sind. Auf sonstige Importe aus Chile wird hingegen der US-Basiszollsatz von 10 Prozent fällig.

    Mehr als die Hälfte des Kupfers geht nach China

    Das Gros der chilenischen Kupferexporte geht nach China. Der Anteil der USA lag 2024 bei 11,4 Prozent. Erheben die USA doch noch Zölle auf Kupfer, um die Produktion im eigenen Land zu stimulieren, wäre der Staatskonzern Codelco besonders betroffen. Rund 45 Prozent seiner Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Hauptkunde dort ist ein einziger Kabelhersteller.

    Wohin Chile Kupfer im Jahr 2024 verkaufteWert in Millionen US-Dollar
    Land

    Wert

    Anteil in Prozent

    China

    25.892

    52,3

    USA

    5.657

    11,4

    Japan

    5.139

    10,4

    Südkorea

    2.931

    5,9

    Brasilien

    2.094

    4,2

    Indien

    1.729

    3,5

    Spanien

    1.040

    2,1

    Frankreich

    835

    1,7

    Sonstige

    4.218

    8,5

    Gesamt

    49.534

    100

    Quelle: Cochilco 2025

    Doch Tatsache ist: Solange die USA ihren Bedarf nicht selbst decken können, schaden Zölle der US-Wirtschaft. Der Bau eines neuen Bergwerks würde mindestens 15 Jahre dauern.

    Trotzdem bleibt Chile nicht außen vor, speziell wenn US-Zölle Chiles wichtigsten Kunden China treffen. Ein Handelskrieg zwischen den beiden Weltmächten würde die weltweite Kupfernachfrage und die Preise nach unten drücken. Langfristig sind solche indirekten Effekte derzeit kaum zu kalkulieren. Unmittelbar nach dem 2. April sackte der Kupferpreis um 6 Prozent ab, erholte sich dann aber wieder auf fast das Ursprungsniveau.

    "Der Kupferpreis wird voraussichtlich hoch volatil bleiben, beeinflusst durch geopolitische Spannungen, den Dollarkurs und die weltweite Konjunktur. Andererseits sind die Entscheidungen der Bergbaukonzerne sehr langfristig angelegt – und langfristig ist der Bedarf an Kupfer groß." 

    Iris Wunderlich Leiterin des Bergbaukompetenzzentrums an der AHK Chile

    Genehmigungsprozesse Hauptsorge für Investoren

    Angesichts dieser Perspektive bleibt der Erhalt der notwendigen Genehmigungen die Hauptsorge von Investoren in Chile. Gemäß der nationalen Produktivitätskommission benötigt ein komplexes Minenprojekt bis zu 108 Monate, um alle notwendigen behördlichen Prozesse zu durchlaufen; 71 verschiedene Ämter oder Abteilungen sind zuständig und 309 Anträge einzureichen, von denen 63 das Projekt zum Scheitern bringen können.

    Allein für die Umweltverträglichkeitserklärung (Declaración de Impacto Ambiental; DIA) sind im Schnitt rund 345 Millionen US$ zu kalkulieren, und die Kosten für eine Umweltverträglichkeitsstudie (Estudio de Impacto Ambiental; EIA) bewegen sich zwischen 422 Millionen und 1 Milliarde US$. 

    Nach den Erfahrungen von Juan Carlos Guajardo, Gründer des Bergbau-Thinktanks Plusmining, gilt dies aber nur, "wenn der Prozess seinen idealen Gang geht" – doch dies ist eigentlich nie der Fall. In der Praxis führen unzählige Nachforderungen zu weiteren Verzögerungen und beschäftigen eine Reihe auf dieses Prozedere spezialisierte Beratungs- und Anwaltsbüros.

    Die nächste Herausforderung ist die Beziehung zu den lokalen Gemeinden. Denn ohne die soziale Betriebsgenehmigung, die "social licence to operate" läuft in Chile nichts.

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • Kupfergiganten: Wer dominiert im chilenischen Bergbau?

    In Chile arbeiten und investieren die größten Bergbaukonzerne der Welt. Doch auch im mittelgroßen Bergbau gibt es Absatzchancen. (Stand: 05.06.2025)

    Anbieter von Bergbauausrüstungen stoßen in Chile auf einen sehr reifen Markt mit hohen Qualitätsansprüchen. Dies bietet Chancen für deutsche Hersteller von Maschinen und Anlagen. Die Stimmung in der Branche ist positiv. Deutlich wurde dies auch auf der Bergbaumesse EXPOMIN im April 2025 in Santiago de Chile:

    "Im Vergleich zur letzten Messe 2023 war die Resonanz rundum vielversprechend. Die Welt braucht Chiles Bodenschätze, es gibt eine zufriedenstellende Projektpipeline, die großen Player haben Kooperationen zu Effizienzsteigerungen angekündigt und diese ziehen Investitionen und somit auch Einsatz von Technologie, Maschinen und Dienstleistungen nach sich", sagt Iris Wunderlich, Leiterin des Bergbau-Kompetenzzentrums an der AHK Chile im Gespräch mit Germany Trade & Invest.

    Veranstaltungshinweis

    Das nächste große internationale Bergbau-Event in Chile ist die Exponor 2026 in Antofagasta. 

    Ein Grund für die hohen Standards ist, dass mit 90 bis 95 Prozent fast die gesamte chilenische Kupfergewinnung auf den sogenannten großen Bergbau entfällt. Hierzu zählen Firmen mit einem Feinkupfer-Output von über 50.000 Tonnen im Jahr. Neben den beiden Lokalmatadoren, der staatlichen Codelco und der privaten Antofagasta Minerals (AMSA), sind in Chile alle großen Bergbaukonzerne der Welt tätig, darunter BHP, Rio Tinto, Anglo American, Glencore, Teck und Lundin Mining.

    Eine Ausnahme bildet Freeport-McMoRan aus den USA. Der weltweit größte Kupferproduzent betreibt zwar gemeinsam mit Codelco (Freeport-Anteil: 51 Prozent) die Mine El Abra, erzeugt aber mit 51.000 Tonnen Feinkupfer lediglich einen Anteil von 1 Prozent an der lokalen Kupferproduktion. Freeports Förderschwerpunkt liegt in Indonesien

    Chiles Kupferabbau in der Hand weniger Konzerne – und eng verflochten

    Aktuell vereinigen sieben Bergbauriesen rund 73 Prozent des chilenischen Kupferausstoßes von 5,5 Millionen Tonnen auf sich. Davon hält allein Codelco, der drittgrößte Kupferkonzern der Welt, über 26 Prozent. Was auf den ersten Blick relativ übersichtlich erscheint, erweist sich auf den zweiten als ein Geflecht gegenseitiger und dritter Beteiligungen aus dem In- und Ausland (vor allem aus Japan mit Firmen wie Marubeni, Nippon LP oder Mitsubishi). Beteiligungen deutscher Unternehmen gibt es nicht, obwohl Kupfer zu den kritischen Rohstoffen zählt und in Zukunft mit Knappheiten zu rechnen ist.

    Die deutsche Beteiligung am chilenischen Kupferbergbau beschränkt sich traditionell auf die Rolle als Zulieferer von Maschinen, Anlagen und Engineering-Dienstleistungen. Beispielsweise wartet Ferrostaal das Kontrollzentrum der Codelco-Mine El Teniente, der größten unterirdischen Mine der Welt mit mehr als 4.500 Kilometern Tunneln.

    "Es gibt wohl keine Kupfermine die nicht in irgendeinem Prozess mit Technologie `Engineered in Germany´ arbeitet, aber einen gesicherten Zugang, oder ein Kaufrecht der Produktion stellt das nicht dar."

    Iris Wunderlich Leiterin des Kompetenzzentrums Bergbau an der AHK Chile

    Doch zumindest bei den geplanten Milliardeninvestionen könnten deutsche Firmen weiterhin zum Zuge kommen. Dabei geht es derzeit fast ausschließlich um bestehende Projekte (Brownfield-Investitionen) wie die Umstellung von ober- auf untertägigen Bergbau oder um Modernisierungen im Rahmen von Effizienzsteigerungen (Energie, Wasser). Daneben fließen Mittel auch in:

    Viele Investitionen erfolgen im Rahmen von Anträgen zur Nutzungsverlängerung der Gruben. 

    Kleiner und mittlerer Bergbau mit Modernisierungsbedarf

    Neben dem Großbergbau spielt der kleine und mittlere private Kupferbergbau nur eine untergeordnete Rolle in Chile. Dessen ungeachtet sind die Betreiber als Arbeitgeber durchaus ein relevanter Faktor für die lokale Wirtschaftsstruktur. Typisches Beispiel ist etwa die mitten im Ort Cabildo bei Valparaíso gelegene Mine Las Cenizas. In der 1978 gegründeten Mine mit ihren 690 Beschäftigten ist mancher schon in zweiter oder dritter Generation tätig; 80 Prozent stammen Firmenangaben zufolge aus der Region. 

    Klein- und Kleinstbetriebe verkaufen ihre Ausbeute an den staatlichen Konzern Enami zur Weiterverarbeitung und Vermarktung. Für die sogenannte "Minería artesanal" gelten gesonderte Regelungen, etwa bei der Besteuerung. Informeller Bergbau, wie er beispielsweise in Peru oder Bolivien gängig ist, kommt dagegen in Chile kaum vor. 

    Die Firmen im kleinen und mittleren Bergbau sind bei Weitem nicht so finanzstark wie die großen Konzerne. Viele Betriebe arbeiten mit zum Teil schon jahrzehntealtem Gerät. Trotzdem erwartet die chilenische Kupferkommission Cochilco für die nächste Dekade Investitionen aus dem mittleren Bergbau in Höhe von circa 3,2 Milliarden US-Dollar (US$).

    Hervorzuheben sind zum Beispiel die Projekte Longacho und Michilla der Haldeman Mining Company (HMC, in den Händen der Familien Solari Donaggio, Cardone Solari und Palma Pfotzer). Hinzu kommt die Mine Faena Sagasca. Diese war seit 2015 vorübergehend stillgelegt. Im Jahr 2025 hat HMC die Umweltprüfung zur Wiederaufnahme der Förderung beantragt; von 2004 bis 2015 waren dort durchschnittlich 15.000 Tonnen Kathodenkupfer im Jahr gefördert worden. Gefragt ist hier vor allem robustes Gerät, das sich selbst warten lässt.

    Ausgewählte Investitionsprojekte im mittelgroßen KupferbergbauInvestitionsvolumen in Millionen US-Dollar
    StartProjektBetreiber

    Investitionsvolumen

    2025Plan zur Entwicklung der Lagerstätte MichillaHaldeman Mining Company (HMC)

    235

    2026Arqueros CobreCompañía Minera Arqueros

    200

    2026Operative Weiterführung Minerales La FarolaMinera Altair

    260

    2026Operative Weiterführung Mina Barreal SecoMinera Las Cenizas

    73

    2027Ciclón ExploradoraEco Earth Elements

    125

    2027Operative Weiterführung Minera Tres Valles *)Minera Tres Valles

    30

    2028El EspinoPucobre

    624

    2029Costa Fuego (vormals Productora)Hot Chili

    1.100

    2030Sierra Norte (vormals Diego de Almagro)Compañía Minera Sierra Norte

    597

    * seit 2025 mit Beteiligung des chinesischen Elektrorollerbauers NIU via den österreichischen Investor Cevdet Caner, der laut Wirtschaftszeitung Diario Financiero vom 14. April 2025 Investitionen zwischen 750 Millionen und 1.000 Millionen US$ ankündigte.Quelle: Cochilco 2025

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • Sekundärbergbau in Chile vor dem Durchbruch

    Milliarden Tonnen Bergbaurückstände könnten in Chile zweitgenutzt werden. Jetzt entsteht dazu die Gesetzesbasis. Künftig gefragt sind nicht nur Messgeräte und Ingenieurlösungen. (Stand: 03.09.2025)

    Gewaltige Halden und Becken mit Aufbereitungsrückständen (englisch: tailings; spanisch: relaves) sind das Erbe des seit Jahrhunderten in Chile betriebenen Bergbaus. Der steigende Weltmarktpreis für Kupfer und der schwierigere Abbau primärer Lagerstätten machen ihre Wiederaufbereitung zunehmend rentabel. Bis 2026 will Chile den hierfür fehlenden gesetzlichen Rahmen schaffen. Starke Treiber sind wirtschaftlicher Druck von Seiten der Unternehmen und der politische Wille zu mehr Kreislaufwirtschaft.

    Heute gibt es bereits alte Halden, die einen höheren Kupfergehalt aufweisen als heutige Primärvorkommen. Schon deren Abbau lohnt sich aber dank moderner Technologie und dem hohen Kupferpreis. Umso interessanter müsste vor diesem Hintergrund die Wiederaufbereitung älterer Tailing-Lagerstätten sein.

    Iris Wunderlich Leiterin des Kompetenzzentrums Bergbau an der AHK in Santiago de Chile

    Neben Kupfer könnten in den Rückständen auch andere Rohstoffe enthalten sein, so Wunderlich. Hierzu zählten Gold, Silber, Molybdän, Kobalt, aber auch seltene Erden. Ein Blick lohne sich speziell auf die Reste aus den Konzentrations- und späteren Verarbeitungsprozessen bis zur Schmelze, da die Betreiber oft nur das Kupfer extrahierten, andere Stoffe aber wegwarfen.

    Großes Potenzial, aber bisher nur wenige Beispiele für Sekundärbergbau

    Insgesamt beziffert der staatliche geologische Dienst Sernageomin (Servicio Nacional de Geología y Minería) den Umfang der Tailing-Lagerstätten Chiles auf 11,4 Milliarden Tonnen. Die Deutsche Rohstoffagentur DERA kam in ihren Berechnungen sogar auf Abbaurückstände aus dem Kupferbergbau allein zwischen 1950 und 2024 von etwa 19 Milliarden Tonnen. Mit den viel kleineren Fördermengen von Gold, Blei oder Zink ergäben sich 20 Milliarden Tonnen.

    Was sind Tailings?

    Tailings sind feinkörnige, meist als Schlämme vorliegende Bergbaurückstände. Sie machen mehr als 99 Prozent des abgebauten Materials aus. Neben Abraum können sie verschiedene Elemente wie Arsen, Kupfer, Zink, Chrom oder Blei enthalten, die ab bestimmten Konzentrationen für den Menschen giftig sind und ein potenzielles Umweltproblem darstellen. Laut Fundación Chile, einer Organisation, die sich mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigt, gab es 2020 in Chile 742 Tailings, davon waren 463 inaktiv und 173 aufgegeben.

    Grundsätzlich sind solche Lagerstätten nicht homogen. In der Regel weisen die untersten – älteren – Schichten einen höheren Gehalt etwa an Kupfer auf, weil sie mit einer weniger effektiven Technologie bearbeitet wurden. Besonders spannend dürften Halden an großen Kupferminen sein, die schon seit Jahrzehnten oder länger ausgebeutet werden wie etwa Escondida, El Teniente oder Chuquicamata.

    Trotzdem gibt es in Chile nur wenige Beispiele für den Sekundärbergbau. Paradebeispiel ist Minera Valle Central. Die Firma mit kanadischem Hintergrund bereitet die Tailings von El Teniente nach Kupfer und Molybdän auf und trägt damit rund 9 Prozent zum Kupferausstoß der Mine bei. Darüber hinaus gibt es kleinere Initiativen im Norden etwa zur Gold- oder Eisenrückgewinnung.

    Zwar ist der Druck auf die Firmen, die Abraumhalden zu beseitigen oder gar zu renaturieren in Chile eher gering, weil sie sich oft in nur dünn besiedelten Gebieten befinden. Trotzdem müssen sie stabilisiert und kontrolliert werden. Dafür gibt es in dem Andenstaat – anders als in vielen anderen Ländern der Region – bereits seit rund 20 Jahren eine gesetzliche Basis mit den Dekreten DS132 von 2004 und DS248 von 2007. Besonders mit letzterem, dem "Ley Cierre" (Minenschließungsgesetz), sei Chile damals richtungsweisend gewesen, so der Geologe Achim Constantin, Consultant für Umwelt & Rohstoffe.

    ESG im Fokus

    Der Umgang mit Bergbaurückständen und das Abfallmanagement ist auf der Agenda der Branchenunternehmen in den vergangenen Jahren deutlich nach oben gerückt. Dies umso mehr, seit Politik, Finanzmärkte und die Gesellschaft verstärkt auf ESG-Kriterien (Environmental, Social and Corporate Governance) achten.

    So lag das Thema "Tailings and waste management" in einer Untersuchung der Unternehmensberatung EY 2024 auf Platz 2 der größten Herausforderungen in puncto ESG. An erster Stelle standen die Auswirkungen des Bergbaus auf die lokale Bevölkerung (local community impact), an dritter das Wassermanagement.

    Hemmschuh fehlendes Regelwerk soll fallen...

    Dass bisher nicht mehr passiert ist, hat laut Branchenaussagen vor allem regulatorische Gründe. So berücksichtigte der Gesetzgeber bei den bisherigen Regelungen nicht die Möglichkeit des Sekundärbergbaus. Wer Abraum nutzen wolle, müsse bisher den gesamten Genehmigungsprozess eines Bergbauprojekts durchlaufen – mit Kosten in dreistelliger US-Dollar-Millionenhöhe.

    Doch dies wird sich ändern. Im Rahmen der Bergbaustrategie "Política Nacional de la Minería 2050" und des nachgeordneten Plans für Tailings und Halden rief das Bergbauministerium gemeinsam mit externen Experten und Branchenfirmen mehrere Arbeitsgruppen ins Leben. Eine davon beschäftigt sich mit der künftigen Nutzung von Tailings. Bis 2026 sollen die Ergebnisse vorliegen.

    Geplant ist unter anderem die Vorlage von Leitlinien ("Guía") zur Projektbeantragung. Geklärt wird, wie mit aufgegebenen Halden mit ungeklärter Eigentümerfrage zu verfahren ist. Zur Förderung der Kreislaufwirtschaft soll es für Firmen Anreize geben. Überdies sollen Kupferschmelzen künftig anfallende Schlacke weiter verwerten dürfen – sei es im Prozess selbst oder etwa als Ausgangsmaterial für den Straßenbau.

    ... aber noch viele offene Punkte

    Allerdings seien noch viele Fragen offen, erklärte Rodrigo Roman, Leiter der Abteilung Umweltmanagement am Bergbauministerium gegenüber Germany Trade & Invest. Dies gelte etwa für den Umgang mit in den Halden ebenfalls enthaltenen gefährlichen Inhaltsstoffen wie Arsen oder Schwermetallen. Antworten auf diese Herausforderungen werde die "Agenda de Relaves", der Fahrplan für Bergbauabfälle, liefern. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wolle die Politik zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Absetzbecken Wissenschaft, Unternehmen und Staat zu einer gemeinsamen Aktion zusammenbringen. Ein weiterer Hinderungsgrund könne sein, dass lokal – trotz gewaltiger Mengen landesweit – häufig nur geringe Tailing-Mengen vorlägen, sagt Rodrigo Cortés, Leiter für Technologietransfer am Advanced Mining Technology Center (AMTC) der Universidad de Chile. 

    Viele technologische Fragen warten auf findige Ingenieure

    Anbieter von Ingenieurlösungen dürften bei Bergbaufirmen zunehmend Gehör finden. Denn deren Kostendruck steigt. Sie haben es zunehmend schwer, neue Lagerstätten zu erschließen, und der Gehalt der Lagerstätten sinkt. "Bis in die 1990er-Jahre beutete man Kupferminen mit einem Kupfergehalt von unter 1 Prozent nicht aus, heute gelten schon Anteile von 0,4 bis 0,6 Prozent als rentabel und abbauwürdig", sagt Patricio Aguilera, zum Interviewzeitpunkt Leiter von Sernageomin. Hinzu kommen steigende Kosten für Energie, die Nutzung entsalzten Wassers und für den Umweltschutz.

    Ein großer Vorteil der Haldenaufbereitung ist, dass das Porphyrmaterial, in dem das Kupfer in Chile vorkommt, dann bereits in zerkleinerter Form vorliegt. Es kann direkt gelaugt oder, falls das Kupfer noch nicht oxidiert ist, flotiert werden. Das Flotieren von frischen Sulfiderzen gilt allgemein als das einfachere und umweltfreundlichere Verfahren, um das Kupfer aus Porphyrgestein zu lösen.

    Bei der Laugung von oxidiertem Kupfer wird dagegen meist Schwefelsäure verwendet. Allerdings gibt es schon umweltfreundlichere Techniken wie die mit Bakterien beziehungsweise Mikroorganismen arbeitende Metall-Biolaugung, welche bereits bei den Bergbauriesen Codelco und BHP zum Einsatz kommt. Auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat Erfahrungen mit dem Verfahren der Biolaugung gesammelt. Geschäftschancen bietet auch das Monitoring der Aufbereitungsrückstände.

    Damit tatsächlich keine Gefahr von den Tailings ausgeht, werden die Halden überwacht. Vielfach erfolgt dies inzwischen ferngesteuert mit Messgeräten und Sensoren vor Ort. Künftig sollen weitere Überwachungsprozesse automatisiert werden, auch soll der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) die Überwachung der Halden unterstützen und Probleme rechtzeitig erkennen helfen.

    Achim Constantin Consultant für Umwelt & Rohstoffe

    In Kooperation mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat Sernageomin 795 Tailingbecken in Chile kartiert und auf ihren Inhalt untersucht. Die Ergebnisse sind öffentlich einsehbar. Doch für die tatsächliche Nutzung braucht es deutlich genauere Untersuchungen. Die Nachfrage nach entsprechender Mess- und Analysetechnik dürfte daher in Zukunft deutlich zunehmen.

    Übergang zum Untertagebau braucht neue Technologien

    Neue Chancen bringt auch der fortschreitende Übergang zum Untertagebau. Denn statt wie bisher große Löcher von oben in die Erde zu bohren und den Abraum im Umfeld der Mine zu lagern, ergibt sich zusätzlich die Option, das taube Gestein wieder zurück in die Mine zu verbringen:

    Relaves sind am ehesten vergleichbar mit einem feuchten Schlamm. Mit dem Verfüllen spare ich den Bau von Dämmen und verringere die Gefahr von Dammbrüchen für die darunterliegenden Täler und die damit einhergehende Verseuchung der Umwelt.

    Heiner Marx Geschäftsführer der Engineering- und Beratungsfirma K-UTEC aus Sondershausen gegenüber Germany Trade & Invest

    Bislang konnten die großen porphyrischen Kupferlagerstätten Chiles zumeist im kostengünstigen Tagebau abgebaut werden. Doch die Strecken, die die Fahrzeuge zurücklegen müssen, wurden speziell in den riesigen Gruben wie Escondida oder Chuquicamata immer länger. Die Betreiber sehen sich daher zunehmend gezwungen, vom Tage- in den Untertagebau überzugehen. 

    Die chilenische Kupferkommission Cochilco geht davon aus, dass der Anteil des untertägig abgebauten Kupfers von 14 Prozent (2024) in zehn Jahren auf 17,5 Prozent steigt. Ramón Rada Jaman, Leiter Equipment Solutions bei der deutschen Firma Ferrostaal in Santiago de Chile, erwartet bis 2050 einen Anstieg auf 40 Prozent, Treiber seien die Umstellung der Großminen Escondida, Collahuasi und Los Bronces Integrado.

    Deutschland mit Erfahrung im Rückverfüllen

    Darüber hinaus kann die Rückverfüllung zur Stabilität des Bergwerks beitragen. Im erdbebengefährdeten Chile spielt dieser Aspekt eine noch viel größere Rolle als in anderen Teilen der Erde. "Doch damit die Tailings das Einstürzen von Strecken und Hohlräumen verhindern können, müssen kostenträchtige Entwässerungssysteme eingeführt werden. Außerdem braucht es aushärtende Systeme, um die erforderlichen geomechanischen Eigenschaften zu erreichen", erklärt Marx. 

    Bisher war das in Chile zumeist nicht notwendig, da dort vor allem obertägig abgebaut wurde. Doch selbst in den bisherigen Untertagebauen wurde bisher wenig rückverfüllt. Jetzt ändere sich das, so Marx, und der Bedarf an entsprechenden Technologien steige. Denn die Systeme müssten auch begutachtet werden, um einen "Langzeitsicherungsnachweis" zu erbringen. Deutschland habe auf diesem Gebiet viel Erfahrung.

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

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