Branchen | China | Nahrungsmittel
Branchenstruktur
Die Industrie erlebt einen Investitionsboom. Er wird getrieben durch eine lebhafte Nachfrage und den Fachkräftemangel. Auch ausländische Maschinenbauer profitieren.
19.07.2023
Von Roland Rohde | Bonn
Chinas Lebensmittelindustrie ist stark segmentiert. Sie ist von einer Vielzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen geprägt. Diese fertigen oft nur eine sehr begrenzte Anzahl von Produkten für den einheimischen beziehungsweise lokalen Markt. Die Großen der Branchen sind hingegen trotz des riesigen Marktes im internationalen Vergleich klein. So gab es 2021 laut der FBIF-Top-List 2022 lediglich fünf Firmen mit einem zweistelligen Milliarden-Umsatz in US-Dollar (US$). Sie waren damit zusammengerechnet kleiner als etwa der Schweizer Nestlé-Konzern. Größere Branchenfirmen sind in China insbesondere im Getränke- und Molkereibereich sowie in der Schweinezucht zu finden.
Unternehmen | Umsatz 2021 | Veränd. 2021/20 |
---|---|---|
16,8 | 13,8 | |
16,5 | 11,7 | |
13,7 | 15,9 | |
13,6 | 13,5 | |
11,4 | 9,7 | |
9,6 | 17,7 | |
8,0 | 18,0 | |
6,7 | 10,3 | |
5,2 | 6,2 | |
4,6 | 29,8 |
Eine halbe Million Branchenunternehmen
Nach Angaben des nationalen Statistikamtes NBS (National Bureau of Statistics of China) gab es 2021 knapp 38.000 große und mittelständische Branchenfirmen. Dazu zählen Gesellschaften mit einem Jahresumsatz ab umgerechnet rund 3 Millionen US$. Sie beschäftigten zusammen nahezu 6 Millionen Mitarbeiter. Die Anzahl sämtlicher Branchenfirmen dürfte nach Einschätzung aus Branchenkreisen mindestens um den Faktor zehn höher - bei etwa einer halben Million - liegen.
Anzahl Unternehmen | Anzahl Beschäftigte | |
---|---|---|
Insgesamt, davon | 37.789 | 5,8 |
Lebensmittelverarbeitung | 23.128 | 2,8 |
Lebensmittelproduktion | 8.874 | 1,8 |
Getränke | 5.665 | 1,1 |
Tabak | 122 | 0,2 |
In kleineren Firmen kommen selten moderne Maschinen zum Einsatz. Handarbeit herrscht vor. Doch das ändert sich relativ rasch. Die Bevölkerung altert nicht nur, sondern ändert auch ihre Arbeitseinstellung. Firmen berichten davon, dass sie kaum noch Mitarbeiter für Nacht- oder Sonderschichten finden. Sie müssen daher zwangsweise ihre Fertigung automatisieren. Diese Entwicklung wird auch von den Zahlen zu den Anlageinvestitionen untermauert. Sie sind sowohl 2021 als auch 2022 zweistellig gestiegen. Besonders viel Rationalisierungspotenzial besteht in der Getränkesparte. Dort stiegen die Kapitalaufwendungen zwischen 2020 und 2022 um insgesamt fast 50 Prozent.
Investitionstätigkeit schwächt sich 2023 etwas ab
Überraschend ist das aktive Investitionsverhalten angesichts der Dominanz kleiner Betriebe dennoch. Diese haben nämlich nur bedingt Zugang zu Bankkrediten und müssen im Prinzip alle Anschaffungen aus dem Cashflow bestreiten. Vermutlich haben sie die kräftigen Umsatzzuwächse 2021/22 genutzt, um in vorhergegangenen (schwächeren) Jahren zurückgestellte Anschaffungen nachzuholen. Die Investitionstätigkeit dürfte 2023/24 - durch das Ende der Null-Covid-Politik ausgelöste - Stimmungsaufhellung innerhalb der Wirtschaft lebhaft bleiben. Der Konjunkturaufschwung lässt allerdings noch auf sich warten. Die Anlageinvestitionen in der Nahrungsmittelverarbeitung legten von Januar bis April 2023 "nur" um 5,8 Prozent zu, die Nahrungsmittelproduktion verzeichnete sogar ein Nullwachstum.
Veränderung 2021/20 | Veränderung 2022/21 | |
---|---|---|
Nahrungsmittelverarbeitung | 18,8 | 15,5 |
Nahrungsmittelproduktion | 10,4 | 13,7 |
Getränkeherstellung | 16,8 | 27,5 |
Tabakindustrie | 34,5 | -15,0 |
Von dem stetigen Aufwärtstrend in der Branche können auch ausländische Maschinenbauer profitieren. So beliefen sich die Einfuhren von Nahrungsmittel-, Verpackungs- und Abfüllmaschinen 2021 und 2022 laut Angaben der chinesischen Zollstatistik auf jeweils rund 2,3 Milliarden US$. Sie lagen damit um mehr als 40 Prozent über den entsprechenden Werten von 2016 und 2017.
Bemerkenswert ist, dass sich die Branchenmaschineneinfuhren in den Coronajahren trotz der Grenzschließungen derart dynamisch entwickeln haben. So gab es nicht nur erhebliche Transportstörungen. Auch konnten ausländische Verkaufsteams drei Jahre lang nicht nach China einreisen, um dort Kunden oder Messen zu besuchen. Ebenso durften keine Ingenieursteams zur Installation und Wartung ins Land kommen. Einheimische Maschinenbauer dürften die Zeit genutzt haben, um ihre Marktanteile auszubauen.
Internationale Konzerne agieren nach dem Prinzip "In China - für China"
Ausländische Lebensmittelmarken genießen in China einen sehr guten Ruf. Von den multinationalen Nahrungsmittel- und Getränkeproduzenten, angefangen bei Nestlé über Coca-Cola bis hin zu Mondelez, sind quasi alle Firmen vor Ort mit eigener Produktion präsent. Sie investieren vielfach auf der "grünen Wiese", kaufen sich aber auch immer wieder in bestehende Firmen ein. Die meisten fahren bereits seit längerem die Strategie "in China für China". Das heißt, sie produzieren und investieren in China, um den chinesischen Markt zu bedienen.
Sparte | 2022 | Veränderung 2022/21 |
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Nahrungsmittel | ||
Fleisch, davon | 92,3 | 3,3 |
Schweinefleisch | 55,4 | 4,6 |
Geflügel | 24,4 | 2,6 |
Milch | 39,3 | 6,8 |
Molkereiprodukte | 31,2 | 2,0 |
Getränke | ||
Nicht-alkoholische Getränke | 1.814,1 | 0,3 |
Bier | 356,9 | 1,1 |
"Hochprozentiges" | 67,1 | -5,6 |