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Branchen | China | Textil- & Ledermaschinen

Im Weltmarkt für Textilmaschinen dreht sich fast alles um China

Bei Textilmaschinen bleibt China das Maß der Dinge. Auch die Konkurrenz aus China nimmt zu. Westliche Maschinenbauer reagieren mit Hightech und gutem Service.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Die Hersteller von Textilmaschinen erzielen je nach Sparte rund die Hälfte bis zwei Drittel ihres globalen Absatzes in China. Nach Daten der International Textile Manufacturers Federation (ITMF) lag der Anteil Chinas bei den Auslieferungen ("Shipments") bei Texturiermaschinen, die zur Herstellung von chemischen Fasern eingesetzt werden, in den letzten Jahren sogar bei über 85 Prozent. Viel Branchentechnik wird auch in Indien und anderen asiatischen Ländern installiert. Asien und Ozeanien stehen bei wichtigen Maschinensparten damit für insgesamt 90 Prozent des globalen Absatzes von Textilmaschinen.

Für deutsche Exporteure von Textilmaschinen ist China ebenfalls der wichtigste Markt. Die Chinesen kauften in den letzten fünf Jahren so viel wie die gesamte restliche Europäische Union. Die Türkei, die USA und Indien folgen laut dem deutschen Maschinenbauverband VDMA mit großem Abstand. Die anderen Zielländer sind relativ unbedeutend. Exporte nach Afrika erreichen nur knapp ein Zehntel der Lieferungen nach China.

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Textilherstellung bleibt auf China konzentriert

Inzwischen wandert die arbeitsintensive Produktion von Bekleidung aus China, wo die Löhne kräftig steigen, zunehmend ab. Jedoch stammen die Stoffe häufig weiterhin von dort, weil es in der kapitalintensiven Textilindustrie eher auf Größenvorteile ankommt. Mittlerweile wird aber der Druck größer, auch die Textilproduktion aus China weg zu verlagern. Maßgeblich die USA machen für Stoffe den Ursprung aus anderen Ländern zur Auflage.

Ernesto Maurer, Präsident des europäischen Textilmaschinenverbands Cematex, sieht Tendenzen einer teilweisen Abwanderung der Chemiefaser-Produktion aus China. "Indiens Textilindustrie dürfte in den nächsten Jahren große Kapazitäten zur Verarbeitung von Zellulose und Polyester aufbauen", sagt auch Andreas Engelhardt. Der Gründer des Branchendienstes The Fiber Year verweist außerdem auf die Türkei. Dieses wichtige Textilland müsse die Hälfte seines Baumwollbedarfs importieren. Chemiefaser-Investitionen sind da eine wegweisende Alternative. 

Als Alternative habe sich unter anderem Vietnam etabliert, wenn auch nur in sehr begrenztem Umfang. Firmen aus Taiwan und Südkorea hätten dort mit Gebrauchtmaschinen Kapazitäten in der Chemiefaserherstellung aufgebaut, um zu Hause mit neuen Anlagen andere Segmente des Weltmarkts bedienen zu können.

Abwanderungstendenzen mit Fragezeichen

Weitere Branchenexperten bezweifeln allerdings, dass es zu einer umfangreicheren Abwanderung der Textilindustrie aus China kommen könnte. Zu groß seien dort die Größen- und Kostenvorteile der Branche. "Das sind Milliardeninvestitionen", sagt einer. Schon bei einer Verlagerung von nur 5 oder 10 Prozent der Produktion aus China stoße man schnell an eine Grenze. So viel Kapazität lasse sich anderswo nicht leicht aufbauen, auch nicht in Indien. Zudem befänden sich in China noch einige Projekte zur Textilproduktion in der Pipeline, welche die Kapazitäten dort weiter steigerten.

Aus China kommt ein Drittel aller Textilmaschinen-Exporte

China ist bei Textil- und Bekleidungsmaschinen nicht nur der größte Absatzmarkt, sondern auch wichtigster Wettbewerber. Bei den Exporten führt das Land laut VDMA inzwischen deutlich. Lagen Deutschland und China vor fünf Jahren noch nahezu gleichauf bei dieser Technik (inklusive Trocknern, Wäschereimaschinen sowie Schuh- und Ledermaschinen), ist Chinas Marktanteil bei den globalen Branchenexporten mit einem Drittel inzwischen dreimal so hoch.

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Ein Teil dieser Exporte stammt allerdings von ausländischen Herstellern. Egal ob Karl Mayer, Saurer oder Oerlikon, die meisten großen westlichen Maschinenbauer produzieren auch in China. Der umgekehrte Fall ist seltener. Allerdings ist der Schweizer Spinnmaschinenhersteller Saurer inzwischen ebenso in chinesischer Hand wie der schwäbische Bekleidungsmaschinenbauer Bullmer.

Die Konkurrenzlage unterscheidet sich je nach Maschinensegment. Der Schweizer Oerlikon-Konzern, der zusammen mit TMT (Muratec) aus Japan bei Spinnanlagen für chemische Filamentgarne eine Art Duopol bildet, sieht aktuell nur bei etwa einem Drittel seiner Produktlinien eine Gefahr durch billigere Konkurrenz. "Shanghai Pacific ist durchaus ein Wettbewerber bei Stapelfaseranlagen, die Füllungen für Kissen herstellen", sagt Oerlikon-Marketingchef André Wissenberg. Bei Anlagen für spezielle Füllungen – etwa für Goretex-Funktionstextilien – sei das nicht der Fall, hier seien die Anforderungen höher.

Im Spinnereisegment wollten Kunden zudem nicht kurzfristig auf alternative Anbieter umschwenken. Dies zöge in der kapitalintensiven Branche aufwändige Änderungen in etlichen Prozessen nach sich. Einfacher sei ein Wechsel bei Nähmaschinen oder Zuschneidetechnik und auch bei vielen Textilmaschinen anderer Segmente, weil diese weniger kosten.

"Chinesen bieten zu einem Drittel unserer Preise an"

Westliche Anbieter versuchen sich unter anderem durch einen besseren Service von der Konkurrenz aus China oder Indien und anderen Ländern abzugrenzen. "Die Chinesen bieten ihre Maschinen teils zu einem Drittel unseres Preises an", sagt Adam Stevenson vom deutschen Wirkmaschinenhersteller Karl Mayer. "Sie konzentrieren sich im Normalfall aber nur auf den Verkauf. Der Kunde kann sich nach der Lieferung häufig an niemanden mehr wenden."

China-Maschinenbauer: Service per Wechat

Kein großes Thema ist der Kundendienst offenbar bei der Firma ZGL aus Lianyungang nördlich von Shanghai. Der Hersteller von Anlagen für die Veredelung von Sofabezügen mit einem Exportanteil von nach eigenen Angaben 20 Prozent, erledigt "das Allermeiste über Internet oder den Messengerdienst Wechat", sagte ein Manager im Juni 2023 bei der Branchenmesse ITMA in Mailand.

Bei Fortever aus der chinesischen Provinz Zhejiang hieß es, die angebotenen Stickmaschinen seien nicht serviceintensiv. "Da muss man jährlich zwei- oder dreimal nachschauen." Erledigen würden das die Vertreter, die man in China geschult habe. Fortex wurde den Angaben zufolge erst vor 15 Jahren gegründet. Die private Firma habe 100 Mitarbeiter und exportiere 95 Prozent der Produktion, vor allem nach Nord- und Südamerika, Zentralasien, Südafrika und in die Maghrebstaaten.

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