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Wirtschaftsumfeld | China | Außenhandel

Chinas Handelsüberschuss offenbart schwache Inlandsnachfrage

Das abflauende Wachstum des Außenhandels 2022 spiegelt den Wirtschaftszustand wider. Der Handel mit Russland lebt auf, während China für deutsche Exporteure an Bedeutung verliert.

Von Katharina Viklenko | Bonn

Der chinesische Warenhandel ist besonders im 2. Halbjahr 2022 langsamer gewachsen. Während der Gesamthandel des Landes 2021 noch um 29,8 Prozent zugelegt hatte, expandierte er 2022 um lediglich 4,4 Prozent und damit deutlich weniger stark. Die Ausfuhren schrumpften sogar seit Oktober 2022 drei Monate in Folge gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat. Die schwachen Zahlen gingen vor allem auf die Inflation, den Ukrainekrieg und die Null-Covid-Politik der chinesischen Regierung zurück.

Chinas Exporte nach ASEAN wachsen kräftig

Im Gesamtjahr 2022 ergab sich für Chinas Exporte ein Plus von 7 Prozent. Dass die Dynamik nicht noch niedriger ausfiel, kann vor allem Absatzmärkten in Asien zugeschrieben werden. Lieferungen in die ASEAN-Staaten Malaysia und Thailand, aber auch nach Indien verzeichneten zweistellige Steigerungsraten. Demgegenüber brachen die Exporte nach Hongkong um 15 Prozent ein. Die Sonderverwaltungsregion ist nach wie vor ein wichtiger Umschlagplatz für chinesische Waren.

Laut Cai Jiaxiang, dem Vizepräsidenten der China Foreign Trade and Economic Cooperation Enterprises Association, ist der Zustand der chinesischen Ausfuhren aber schon seit einiger Zeit schlechter, als es die Handelszahlen weismachen. Die steigenden Preise für Rohstoffe und Vorprodukte hätten zu einem Anstieg des Exportwertes geführt, obwohl der Containerumschlag bei einigen Produkten bereits rückläufig war. Erst seit August 2022 spiegele sich der Rückgang der Exportaufträge allmählich im gesamten Handelswert wider.

Chinesische Einfuhren aus EU rückläufig

Noch langsamer stiegen 2022 die Einfuhren – eine marginale Zunahme um 1,1 Prozent. Seit dem Jahresende durchlebt China eine riesige Coronawelle, der Konsum ist eingebrochen. Aus der EU importierte das Land 2022 fast 8 Prozent weniger Waren als noch im Vorjahr, auch die Einfuhren aus den USA gingen um knapp 1 Prozent zurück. Trotz des angespannten Verhältnisses erreichte der Handel zwischen den USA und China 2022 dennoch einen Rekordwert von 760 Milliarden US-Dollar (US$). Gleichzeitig gewann Russland als Lieferant für die Volksrepublik deutlich an Bedeutung.

Chinas Warenhandel 2022 (in Milliarden US-Dollar; nominale Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) *

2021

Veränderung

2022

Veränderung

Einfuhr gesamt, darunter aus

2.684

29,7

2.716

1,1

USA

181

32,7

178

-1,1

EU(27)

310

19,9

285

-7,9

ASEAN(10)

395

30,9

408

3,3

Russland

79

36,5

114

43,4

Ausfuhr gesamt, darunter nach

3.362

29,9

3.594

7,0

USA

577

27,5

582

1,2

EU(27)

518

32,6

562

8,6

ASEAN(10)

484

26,0

567

17,7

Russland

68

33,8

76

12,8

* Abweichungen durch RundungenQuelle: China Customs 2023; Berechnungen von Germany Trade & Invest

Insgesamt summierte sich Chinas Warenhandel 2022 auf einen Spitzenwert von 2.715 Milliarden US$. Der Exportüberschuss erreichte mit rund 877 Milliarden US$ einen Rekordwert, im Vergleich zu 2021 belief sich die Steigerung auf 200 Milliarden US$. Doch die rasante Zunahme des Handelsbilanzüberschusses ist weniger eine Folge von außerordentlichem Exportwachstum. Stattdessen ist sie auf die schwache Inlandsnachfrage zurückzuführen. Rechnet man die Einfuhren von Erdöl, Erdölerzeugnissen und Gas heraus, gingen Chinas Importe 2022 gegenüber 2021 sogar um 4,1 Prozent zurück.

Warenaustausch mit Russland floriert dank Energieimporten

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 haben europäische und zahlreiche weitere Staaten Sanktionen gegenüber Russland verhängt. Das Reich der Mitte beteiligt sich hingegen nicht an den Sanktionen und scheint gleichzeitig die Isolierung Russlands auf der Handelsbühne zu seinem Vorteil zu nutzen, indem es etwa deutlich mehr Erdöl und Erdölprodukte importiert.

Generell wollen die Volksrepublik und Russland wirtschaftlich enger zusammenrücken. Eine Roadmap sieht vor, den bilateralen Handel bis 2024 auf 200 Milliarden US$ zu steigern. Dieser Zielwert ist bereits 2022 beinahe erreicht. Der Warenaustausch zwischen China und Russland betrug 2022 rund 190 Milliarden US$. Neben der Zunahme der Exporte um 12,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, legten insbesondere chinesische Importe aus Russland um mehr als 43 Prozent zu. Dabei hatte das bilaterale Handelsvolumen der beiden Staaten schon 2021 einen Wert von mehr als 145 Milliarden US$ erzielt.

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China nur noch auf Rang 4 der bedeutendsten deutschen Absatzmärkte

Die Volksrepublik war im Jahr 2022 das siebte Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Das bilaterale Handelsvolumen belief sich laut vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes auf nahezu 300 Milliarden Euro. Doch die Schere zwischen Im- und Exporten driftet zunehmend auseinander. Während deutsche Einfuhren aus dem Reich der Mitte 2022 um 33,6 Prozent überproportional kräftig stiegen, haben die Ausfuhren nach China lediglich um 3,1 Prozent zugelegt. Nach ASEAN betrug das deutsche Exportwachstum hingegen 8,8 Prozent. Damit rutscht die Volksrepublik von Rang 2 im Jahr 2021 auf Rang 4 der bedeutendsten Absatzmärkte der Bundesrepublik ab. Das deutsche Handelsbilanzdefizit mit China 2022 verdoppelt sich gegenüber dem Vorjahr auf knapp 84 Milliarden Euro.

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Elektronikexporte nach China legen zweistellig zu

Bei den wichtigsten Lieferpositionen "made in Germany" konnte 2022 lediglich die Elektronikausfuhr zweistellig wachsen. Deutsche Exporte von Straßenfahrzeugen und chemischen Erzeugnissen entwickelten sich recht positiv. Ausfuhren von Maschinen, dem zweitwichtigsten Exportgut nach China, blieben im Vergleich zum Vorjahr stabil. Einen großen Rückgang mit einem Minus von mehr als einem Fünftel gab es hingegen bei sonstigen Fahrzeugen, vor allem Lieferungen in der Kategorie Luft- und Raumfahrzeuge gingen mit 24,2 Prozent kräftig zurück.

Durchwachsene Exportprognose auch 2023

Der schwache chinesische Außenhandel und vor allem die Ausfuhr könnte Chinas Wachstumsambitionen im nächsten Jahr bedrohen. Sorgen bereitet, dass die Auslandsnachfrage nach chinesischen Waren durch die steigende Inflation in Schlüsselmärkten und das langsamere globale Wirtschaftswachstum nachlässt. Analysten der Citibank gehen in ihrem Basisszenario für 2023 etwa von einem bescheidenen Rückgang der chinesischen Exporte aus.

Eine Erholung der Importe und ein schrumpfender Handelsüberschuss wären entscheidende Anzeichen für den Wirtschaftsaufschwung im Land. Das schwache Exportwachstum unterstreicht die Bedeutung der Inlandsnachfrage als Hauptantrieb für die Wirtschaft 2023, so wie es die Dual-Circulation-Strategie vorsieht. Experten erwarten, dass Beijing Maßnahmen zur Ankurbelung des Binnenkonsums ankündigt.

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