Wirtschaftsausblick | Hongkong
Finanzwirtschaft stützt Hongkongs Wirtschaft
Hongkongs Rolle als Handelsdrehscheibe bleibt trotz Volatilität stabil. Während der Einzelhandel schwach bleibt, profitiert der Finanzplatz von Börsengängen.
17.06.2025
Von Robert Herzner | Hongkong
Topthema: Finanzmarkt als Stabilisator
Hongkongs Finanzsektor zeigt sich 2025 wieder robuster. Der Hang Seng Index legte bis Ende Juni um 42,7 Prozent seit Jahresbeginn zu – getragen von der Rückkehr internationaler Investoren und der starken Performance von Technologie- und Finanzwerten. Der Börsengang des Batterieherstellers CATL mit einem Emissionserlös von 4,6 Milliarden US-Dollar (US$) war der bislang größte weltweit in diesem Jahr.
Besonders chinesische Technologieunternehmen nutzen die chinesische Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong weiterhin als Plattform für die Kapitalaufnahme. Gleichzeitig profitiert der Standort von dem DeepSeek-Moment, als China Anfang 2025 gezeigt hat, dass es mit einem Open-Source-Modell und trotz US-Chipsanktionen im Bereich Künstliche Intelligenz aufgeholt hat.
Seitdem verzeichnet Hongkong einen Kapitalzufluss von 49,6 Mrd. US$ aus den USA und Europa, der 82 Prozent der jüngsten Portfolioinvestitionen seit Oktober 2024 bis März 2025 nach Angaben der Hong Kong Monetary Authority ausmacht. [– ein Zeichen für Vertrauen in den Standort, aber auch für eine globale Umverteilung von Investitionsrisiken].
Die Rolle des Finanzmarkts Hongkongs in der Internationalisierung des Renminbi Yuan (RMB) bleibt stark. Die Stadt fungiert als wichtigstes Offshore-Zentrum für die chinesische Währung. Die Hong Kong Exchanges and Clearing Limited (HKEX) fördert aktiv die Emission von RMB-Anleihen und motiviert Unternehmen, ihre Aktien in RMB zu notieren – ein strategischer Schritt zur Stärkung der Rolle Hongkongs als Brücke zwischen China und den globalen Kapitalmärkten. Seit 1983 ist der Hongkong-Dollar fest an den US-Dollar gebunden. [Das sorgt für wirtschaftliche Stabilität. Dennoch nimmt der Wettbewerb mit anderen asiatischen Finanzplätzen zu, insbesondere Singapur, und zwingt Hongkong zu regulatorischer und technologischer Weiterentwicklung.]
Wirtschaftsentwicklung: Ausbleibender Konsum drückt Wachstum
Nach einem moderaten Wachstum von 2,5 Prozent im Jahr 2024 wird für 2025 mit 2,5 Prozent ein konstanter Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach Prognose der Hongkonger Finanzbehörden vom Mai 2025 erwartet. Damit bleibt Hongkong jedoch hinter dem regionalen Durchschnitt zurück.
Insbesondere der private Konsum, der auf dem chinesischen Festland wie auch in Hongkong als wesentlicher Wachstumstreiber gilt, entwickelte sich zuletzt schwach: Im Jahr 2024 ging er um 0,6 Prozent zurück, auch im 1. Quartal 2025 setzte sich dieser Trend mit einem Rückgang von 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal fort.
Diese Konsumzurückhaltung wirkt sich spürbar auf den Immobilien- und Einzelhandelssektor aus. Die Mieten im Einzelhandel sinken, Transaktionen bleiben verhalten. Zwar verzeichnete Hongkong 2024 mit 44,5 Millionen Besuchern einen deutlichen Anstieg im Tourismus (+31 Prozent gegenüber dem Vorjahr), doch die Ausgaben der Reisenden blieben hinter den Erwartungen zurück. Viele Besucher – rund 75 Prozent aus Festlandchina – beschränken sich auf Kurzaufenthalte mit geringem Konsumbudget. Gleichzeitig zieht es viele Hongkonger für Einkäufe und Dienstleistungen ins benachbarte Shenzhen.
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Unsicherheit durch US-China-Handelskonflikt
Stärker entwickelte sich der Außenhandel: 2024 stiegen die Exporte von Waren und Dienstleistungen um 4,7 Prozent beziehungsweise 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der gesamte Außenhandel übertraf das Vor-Corona-Niveau von 2019 sogar um 9 Prozent. Besonders dynamisch verlief der Handel mit Vietnam, China und Taiwan, während die Exporte nach Indien rückläufig waren.
Die Einführung reziproker Zölle zwischen den USA und China seit Februar 2025 hat den Außenhandel Hongkongs jedoch spürbar beeinflusst, der sehr stark auf Reexporten von und nach China fußt. Lieferketten verlagern sich zunehmend in Richtung ASEAN-Staaten und das Volumen von De-Minimis-E-Commerce-Sendungen im ersten Quartal 2025 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 18 Prozent weltweit zurück. Dies bedingt insbesondere auf den Rückgang in die USA um 62 Prozent nach US-Aufhebung der De-Minimis-Regelung, während die Versendung in die EU und nach ASEAN um 9 Prozent anstieg.
[Diese Entwicklungen wirken sich auf die Rolle Hongkongs als Handelsdrehscheibe aus (und wie beeinflusst es die Rolle? Ich verstehe das so, dass der Außenhandel Hongkongs 2024 gut lief, aber nun mit den reziproken Zöllen viel Unsicherheit dazu gekommen ist und das die Exporte unter Druck setzt) ROH: Ich habe die positive Entwicklung von 2024 dargestellt, und formuliert, dass seit Februar 2025 der Handel beeinflusst/beeinträchtigt ist, insofern sollte der Zusammenhang klar sein. Man um formulieren: . – insbesondere im Luftfrachtbereich, ]"Der Hong Kong International Airport ist weiterhin mit einem jährlichen Frachtvolumen von derzeit 4,3 Millionen Tonnen seit 2010 der größte Frachtflughafen der Welt."
Hongkongs wirtschaftliche Entwicklung ist außerdem eng mit politischen Rahmenbedingungen verknüpft. Der Verkauf von CK Hutchisons Panama-Häfen an JP Morgan ist geplant, die Genehmigung durch die Zentralregierung in Peking steht jedoch noch aus. Der neue stellvertretende Direktor des Verbindungsbüros der Zentralregierung in Hongkong Qi Bin hat zudem Kapitalmarktreformen angekündigt, darunter vereinfachte IPO-Prozesse für Festlandunternehmen und regulatorische Anpassungen. Dies verdeutlicht, wie stark wirtschaftspolitische Entscheidungen in Hongkong vom chinesischen Festland beeinflusst werden.
Verschuldung für mehr Nachhaltigkeit und Digitalisierung
Laut IWF soll die Wirtschaft Hongkongs bis 2029 um 27 Prozent auf 511 Milliarden US$ im Vergleich zu 2023 steigen. Gleichzeitig wird ein Anstieg der Staatsverschuldung auf 16,1 Prozent des BIP in 2029 prognostiziert – gegenüber 6,5 Prozent im Jahr 2023.
Die Regierung hat 2024 Nachhaltigkeit und Digitalisierung als zentrale strategische Leitlinien definiert. Ziel ist es, langfristige Resilienz aufzubauen und die Abhängigkeit von externen Märkten zu reduzieren. Die Regierung reagiert auf die Neuverschuldung mit Sparmaßnahmen wie höheren ÖPNV-Kosten und Personaleinsparungen im öffentlichen Dienst. Die Arbeitslosenquote bleibt mit rund 3 Prozent auch 2025 stabil.
Deutsche Perspektive: Asiens Sourcing-Hub
Deutsche Unternehmen profitieren weiterhin von Hongkongs Rolle als Handels- und Sourcing-Drehscheibe. So dient die Hafenstadt auch als Ausgangspunkt zur Umsetzung der Strategie China-Plus-1. Die deutsche Auslandshandelskammer (AHK) in Hongkong verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von 5,7 Prozent auf 463 rund 430 Mitglieder.
Im Konsumgüterbereich bietet sich das Premiumsegment in Hongkong an, um Konzepte für China am Markt zu testen. Auf dieses Geschäftsmodell konzentrieren sich deutsche Unternehmensdelegationen bei ihren Besuchen in Hongkong. Austausch erfolgt ebenso mit der wachsenden Start-up-Szene mit Schwerpunkten in FinTech und BioTech.
Im Zuge des kontinuierlichen Ausbaus der Infrastruktur können deutsche Unternehmen von staatlichen Großprojekten wie dem Ausbau von Krankenhäusern, U-Bahn Linien und den Flughafen profitieren. Für die Datenspeicherung soll die Kapazität der 46 Rechenzentren um 698 Megawatt (MW) erweitert werden.