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Milchbranche fehlen Technologie und Know-how

In Indonesien kann die Milchproduktion mit der steigenden Nachfrage kaum mithalten. Trotz Regierungsinitiativen zum Ausbau wird die Importabhängigkeit noch lange bestehen bleiben.

Von Frank Malerius | Jakarta

Indonesien ist von Milchimporten abhängig. Im Jahr 2022 wurde für sie der Rekordwert von 2 Milliarden US-Dollar (US$) aufgewendet. Dabei reflektiert diese Summe längst nicht die gesamte mögliche Nachfrage, denn beim Import von Milch (und vielen anderen Nahrungsmitteln und Agrarrohstoffen) legt die Regierung strenge Quoten fest. Die daraus resultierende Knappheit spiegelt sich an den Preisen im Supermarktregal wider: Ein Liter Milch kostet 2 US$, für ein halbes Pfund Butter und Käse oder 500 Gramm Joghurt werden jeweils gar 5 US$ verlangt. Milch und Milchprodukte sind Güter für die wachsende obere Mittelschicht.

Urgrund dieser Preisauswüchse ist die schwache heimische Milchproduktion. Sie kann nur etwa ein Fünftel des Bedarfs decken. Der Milchkuhbestand ist mit knapp 600.000 Tieren viel zu gering. Die Kühe geben laut einer Studie des Center for Indonesian Policy Studies (CIPS) im Schnitt nur 10 bis 15 Liter Milch am Tag. Das Statistikamt Badan Pusat Statistik (BPS) hingegen gibt 26 Liter an, das entspräche fast dem Output von Hochleistungskühen aus Milchwirtschaftsbetrieben in Industrienationen.

Die Regierung hat das Ziel ausgegeben, bis 2025 mindestens 60 Prozent des Marktes durch heimische Produktion zu bedienen. Doch dafür dürfte ein viel größerer Zeitraum notwendig sein. Denn der Tierbestand müsste sich bis dahin etwa verdreifachen. In den vergangenen zehn Jahren haben sich Milchkuhbestand und Milchproduktion aber nur zwischen jeweils etwa 20 und 25 Prozent erhöht.

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Größtes Problem der Milchwirtschaft ist, wie bei allen anderen landwirtschaftlichen Sektoren, die kleinbäuerliche Struktur der Produzenten. Es gibt Zehntausende Halter von Milchkühen, mit oft nur einigen wenigen Tieren. Sie produzieren 90 Prozent der Milchmenge. Die Kleinbauern sind verkaufsseitig zumeist in Kooperativen zusammengeschlossen. Ihre Milch müssen sie individuell an Sammelpunkten abliefern – und das oft über große Entfernungen. Diese Milch wird dann zu den großen Verarbeitungsbetrieben transportiert, zur Pasteurisierung, Hitzebehandlung und Weiterverarbeitung zu Milchprodukten. 

Produktivität braucht mehr Anreize

Die Kleinbauern in Indonesien haben kein Kapital, um sich Technologie anzuschaffen und kein Know-how für neue Methoden zur Produktionssteigerung. Zentrum der Milchproduktion ist Java. Das indonesische Landwirtschaftsministerium hat zahlreiche Hilfsprogramme für die Förderung von Milchbauern aufgelegt. Viele haben aber keinen nachhaltigen Erfolg. Das besagt eine aktuelle Studie zum Technologietransfer in der indonesischen Milchwirtschaft von CIPS, einem von dem Deutschen Rainer Heufers gegründeten und geleiteten Think Tank. Demnach würden kostenfrei bezogene Gerätschaften vielerorts zur Seite gelegt, neue Arbeitsweisen etwa bei der medizinischen Vorsorge oder Zuchtmethoden nicht weiterverfolgt. Die bindende Kraft traditioneller Wirtschaftsformen steht Veränderungen oft im Weg. Das berichten auch Fachleute aus anderen Sektoren der Landwirtschaft.

Das CIPS plädiert für einen privatwirtschaftlichen Ansatz mit Anreizen, die Bauern unmittelbare finanzielle Vorteile bieten. Die Studie nennt als ein Beispiel die digitale Qualitätsprüfung an den Sammelpunkten für frische Milch durch die Verarbeitungsbetriebe. Hier werden über Barcodes die Qualitätseigenschaften der angelieferten Milch individualisiert bestimmt. Liefert der Bauer ein gutes Produkt ab, erhält er einen höheren Preis. Vor dem Einsatz dieser Technologie wurden Qualitätsprüfungen nur alle zehn Tage durchgeführt und der Preis wurde gruppenweise berechnet. Individuelle Leistungsanreize gab es nicht.

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EU ist wichtiger Lieferant

Indonesien ist seit 2007 Nettoimporteur von Nahrungsmitteln. Praktisch alle Grundnahrungsmittel müssen eingeführt werden, seien es Reis, Zucker, Soja, Mais, Rindfleisch oder Milch. Hauptursachen sind die Schwäche der Landwirtschaft sowie eine Konkurrenz um Flächen mit Cash Crops wie Kautschuk und vor allem Palmöl, das auf einer Fläche von 15 Millionen Hektar (das entspricht der gemeinsamen Fläche der Niederlande, der Schweiz und Österreichs) angebaut wird.

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Milch ist nach Weizen (der im feucht-tropischen Klima nicht gedeiht) und Zucker der drittgrößte Importposten bei Nahrungsmitteln. Wichtigste Lieferanten sind Neuseeland, Australien und die USA. Deutschland war 2021 sechstgrößter Lieferant, hinter Belgien und Frankreich, mit einem wertmäßigen Volumen von 67,2 Millionen US$. Knapp 50 Prozent der deutschen Nahrungsmittelexporte nach Indonesien entfallen auf Milch. Immerhin werden knapp 30 Prozent der Milchimporte des Archipels aus der EU gedeckt. Melk-Technologie bezieht Indonesien vor allem aus China, Japan und Singapur, in kleinerem Umfang auch aus Schweden und Deutschland.

In der Vergangenheit hatte die indonesische Regierung die Vergabe von Importlizenzen für Milch aus der EU als politisches Druckmittel eingesetzt. Sie drohte 2020 mit einem Entzug als Vergeltung für die sukzessiven Importbeschränkungen für aus Palmöl hergestellten Biodiesel in die EU. Allerdings verringerten sich die entsprechenden Importe letztlich nicht.

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Nur ein ausländisches Milchunternehmen

Das indonesische Statistikamt BPS erfasst Akteure in der Milchwirtschaft nur in größeren Einheiten. Demnach gibt es lediglich 30 Milchbetriebe im Land. Davon sind sechs Kooperativen (mit zehntausenden Kleinbauern), fünf Stiftungen und 19 Privatunternehmen. Nur ein Unternehmen gehört ausländischen Investoren. Daneben gibt es 22 milchverarbeitende Unternehmen, sieben Logistikbetriebe, die die Milch von den Sammelpunkten zusammentragen, sowie nur einen Zuchtbetrieb. 

In der Weiterverarbeitung von Milch gibt es drei große Player, die die meisten Glieder der Wertschöpfungskette abdecken. Das sind die indonesischen Firmen Cimory und Frisian Flag sowie Nestlé. 

Indonesiens wichtigste Milchproduzenten

Cimory

Hat 25 Lieferanten (Kooperativen und Bauerngruppen) in West- und Ostjava und Lampung (Südspitze Sumatras) und produziert mehr als die Hälfte des indonesischen Joghurts.

Frisian Flag Indonesia (FFI)

Arbeitet mit 20 Kooperativen (mit insgesamt 20.000 Kleinbauern) in Sumatra und Java zusammen und ist der zweitgrößte Produzent von UHT-Milch (ultrahocherhitzt).

Nestlé

Kauft über Kooperativen 27.000 Bauern ihre Produktion ab, ist der wichtigste Milchverarbeiter in Ostjava sowie Marktführer bei Milchpulver und produziert zahlreiche Milchprodukte in Fabriken in Java und Lampung.

Quelle: CIPS 2023



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