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Bau neuer Hauptstadt Indonesiens schreitet langsamer voran
Am Bau der neuen Hauptstadt Nusantara sind auch deutsche Firmen beteiligt. Neue Aufträge gibt es aktuell zwar kaum. Das dürfte sich in ein paar Jahren wieder ändern.
24.06.2025
Von Oliver Döhne | Jakarta
Lokalen Beobachtern zufolge stockt der Bau der neuen indonesischen Hauptstadt Nusantara. Das rund 30 Milliarden Euro teure Projekt wurde unter dem damaligen Präsidenten Joko Widodo gestartet, 2021 begann der Bau. Die neue Hauptstadt, offiziell Ibu Kota Nusantara (IKN), sollte ursprünglich noch während Widodos Amtszeit bezogen werden. Allerdings wurde 2024 Prabowo Subianto zum Präsidenten gewählt. Prabowo versprach zwar, den Bau fortzusetzen, hat aber andere Prioritäten. Der neue Präsident tauschte Verantwortliche aus und strich Gelder. In der Bevölkerung findet die neue Hauptstadt ohnehin wenig Anklang.
Deutsche Firmen liefern Pumpen und Brandschutzequipment
Trotz der Unsicherheiten ist die Kerninfrastruktur inzwischen weitgehend fertiggestellt. Dazu zählen zentrale Verkehrsachsen, das Stromnetz sowie erste Regierungsgebäude. Hier waren unter anderem deutsche Unternehmen beteiligt. So lieferte und installierte die Dortmunder Firma Wilo bis Juni 2025 insgesamt 174 Pumpen, beispielsweise für die Wasserversorgung und die Brandbekämpfung in Regierungsgebäuden sowie in der integrierten Abfallmanagementanlage. Weitere 55 Pumpen sind bestellt.
Siemens hat Brandmeldeanlagen beigesteuert und erwartet Geschäftsmöglichkeiten, unter anderem beim Einsatz von Gebäudemanagementsystemen. Auch wenn es zurzeit kaum neue Ausschreibungen für die künftige Hauptstadt gibt, müsse man vorerst abwarten, so ein Siemens-Manager. Chancen wird es weiterhin geben: Nusantara soll schrittweise zur Smart City ausgebaut werden.
Schrittweiser Umzug hat begonnen
Die ersten Bewohner sind bereits in die neue Hauptstadt gezogen. Dazu zählen Einheiten der Polizei, des Nachrichtendienstes und des Militärs sowie Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde von Nusantara. Zwei Krankenhäuser, drei Hotels und das Zentralbankgebäude sind fertig, ein Einkaufszentrum steht vor der Vollendung. Weitere private Investitionen sind für den Hotel- und Bildungssektor angekündigt.
Nächste Bauprojekte sind das Parlament und der oberste Gerichtshof. Der Vizepräsident soll schon 2026 seinen Sitz nach IKN verlegen, der Präsident wird 2028 folgen.
Den ersten zehn Ländern, die ihre Botschaften bis 2028 nach Nusantara verlagern, will Indonesien kostenlos Grundstücke zur Verfügung stellen. Offenbar wird die EU-Vertretung umziehen.
Der Großteil der Infrastruktur dürfte erst in späteren Bauphasen ab 2035 entstehen. Ziel für die Fertigstellung von IKN ist das Jahr 2045, der 100-jährige Geburtstag der Republik Indonesien. Das wirtschaftliche Zentrum und damit der Auslandshandelskammern und Industrieverbände bleibt aber weiterhin Jakarta.
Nusantara setzt auf Ökostrom
Im Mai 2025 kamen 20 Prozent des Stroms aus dem neuen benachbarten Solarpark des singapurischen Unternehmens Sembcorp. Sembcorp hat den Park in Kooperation mit Indonesiens staatlichem Stromversorger PLN gebaut und betreibt ihn. Er hat eine Kapazität von 50 Megawatt und ein Energiespeichersystem von 14,2 Megawattstunden. Der Park ist Indonesiens erstes integriertes Großanlagen-Solar- und Energiespeicherprojekt.
In Nordkalimantan entsteht derzeit Südostasiens größtes Wasserkraftwerk Kayan, das auf bis zu 9.000 Megawatt ausgebaut werden soll, beteiligt sind Sumitomo und Shanghai Electric Power. Das Projekt ist aus Umweltschutzgründen umstritten. In Südkalimantan entwickeln das französische Energieunternehmen Total und einer der größten indonesischen Kohlekraftbetreiber, PT AlamTri, den Windpark Tanah Laut mit einer Kapazität von 70 Megawatt. Da beide Projekte jeweils über 400 Kilometer entfernt von IKN sind, ist ein Ausbau des Transmissionsnetzes nötig.
PLN hat mit den Betreibern der Kohlekraftwerke langfristige Abnahmeverträge. Deshalb wird Kohlekraft noch länger zum Einsatz kommen, bis das für 2045 gesetzte Ziel erreicht wird, die neue Hauptstadt zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie zu betreiben.
Stadt der kurzen Wege
Von der nächsten Großstadt Balikpapan bis IKN sind es zwei Autostunden. Ab 2045 soll sich die Fahrzeit über eine neue Mautstraße auf 40 Minuten reduzieren.
Die momentan für Prominente reservierte Landepiste direkt in Nusantara soll zwar offiziell zu einem kommerziellen Flughafen werden. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie Staatsgästen und hochrangigen Politikern vorbehalten bleibt.
Der Transport innerhalb der Stadt soll zu Fuß, per Fahrrad und mit elektrischen Bussen möglich sein. Derzeit zirkulieren aber nur drei von acht E-Bussen, die übrigen befinden sich in Reparatur.