Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Wirtschaftsstruktur
Mehr verarbeitende Industrie soll die Wirtschaftsstruktur stärken
Indonesiens produzierendes Gewerbe ist schwach entwickelt. Die Hürden für eine Ansiedlung von kleinen und mittleren Unternehmen aus dem Ausland sind weiterhin hoch.
13.06.2025
Von Oliver Döhne | Jakarta
Auf Indonesien entfällt mehr als ein Drittel der Wirtschaftsleistung des südostasiatischen Wirtschaftsbundes Association of Southeast Asian Nations (ASEAN). Doch der Archipel ist schwächer industrialisiert als Malaysia und Thailand und verzeichnete in den vergangenen Jahren – trotz hoher Wirtschaftswachstumsraten – eine geringere Dynamik als Vietnam. Die Wachstumsmotoren Indonesiens sind der Rohstoff- und Agrarreichtum, denn das Land verfügt über riesige Vorkommen an Kohle, Nickel sowie Kautschuk- und Ölpalmplantagen, die enorme Exportgewinne erzielen. Auch Kupfer, Zinn, Bauxit und Gold sind in großen Mengen vorhanden.
Industrie nur punktuell wettbewerbsfähig
Eine wertschöpfungsstarke verarbeitende Industrie hat sich in Indonesien bisher kaum entwickelt. Ausnahme ist die Lebensmittelindustrie. Der Archipel ist vor allem Standort für günstige Lohnfertigung – etwa in der Sportschuh- und Textilindustrie und bei einigen Produkten der Elektroindustrie. Unternehmen, die eine große Anzahl von Vorprodukten benötigen, fehlt es in Indonesien oft an der Lieferkette. Der Import ist beschwerlich. Auch an qualifizierten Arbeitskräften mangelt es in der Breite.
Hochwertige Industriegüter werden daher in Indonesien kaum hergestellt. Angesichts marginaler Investitionen in Forschung und Entwicklung wird dies wohl auch in Zukunft so bleiben. Nur punktuell könnte sich das durch Know-how-Transfer internationaler Firmen an indonesische Fertigungspartner ändern. So produzieren zum Beispiel in der Kfz-Industrie indonesische Partner für japanische Original Equipment Manufacturer (OEM) Pkw und Motorräder für Inland und Export in die Region.
Indonesien benötigt mehr dieser Erfolgsgeschichten. Denn Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind ein großes Problem. Noch immer sind mehr als die Hälfte der Werktätigen im informellen Sektor beschäftigt. Jedes Jahr drängen 3 Millionen Menschen neu auf den Arbeitsmarkt, die dieser zuletzt nicht voll aufnehmen konnte.
Der bis 2024 amtierende Präsident Joko Widodo hat im Jahr 2021 mit der Liberalisierung des Investitionsrechts eine große Reform angestoßen. Insbesondere produzierenden Unternehmen, die in China unzufrieden geworden sind, sollte der Archipel eine neue Heimat bieten. Aber noch bleiben die Erfolge weitgehend aus. Der Industrieanteil an der Wirtschaft ist mit 20 Prozent zu niedrig für ein Land mit dem Entwicklungsstand Indonesiens. Ein Schwerpunkt unter dem neuen Präsidenten Prabowo Subianto Djojohadikusumo ist es, lebenswichtige Produkte im Land herstellen zu können.
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Ein Nischenstandort für deutsche Unternehmen
Die deutschen Exporte nach Indonesien lagen 2024 bei unter 3 Milliarden Euro. Vor Ort sind lediglich etwa 370 deutsche Firmen aktiv. Nur wenige Dutzend haben eine eigene Produktion, die meisten unterhalten nur Büros für Vertrieb und After Sales. Deutsche Großkonzerne sind schon lange im Land und machen kleine, aber gute Geschäfte.
Für kleinere und mittlere deutsche Unternehmen ist es deutlich schwieriger, Fuß zu fassen. Tom Pagels, Director der internationalen Kanzlei Rödl & Partner in Jakarta sagt:
"Die finanziellen Anforderungen für die Gründung eines Unternehmens mit ausländischen Eigentümern und die Aufnahme der Geschäftstätigkeit in Indonesien sind hoch."
"Die Kapitalausstattung des Unternehmens muss mindestens 10 Milliarden Rupiah (circa 650.000 US$) betragen. Die Mindestinvestitionssumme kann – in Abhängigkeit von der Komplexität des Geschäftsmodells – noch höher sein. Diese Anforderungen stellen eine hohe Hürde dar. Zwar wird das technologische Know-how von kleinen und mittleren Unternehmen ebenfalls dringend benötigt, die Politik sieht sie jedoch tendenziell als Konkurrenz für die einheimischen Unternehmen.“
Die Nickelverarbeitung boomt
Indonesien hat im Vergleich zu den anderen größeren ASEAN-Volkswirtschaften eine schwache Leichtindustrie. Ausnahmen sind das Elektronikcluster in der Freihandelszone Batam (in Sichtweite von Singapur) sowie die exportorientierte Textilindustrie. Letztere leidet allerdings stark unter der übermächtigen Konkurrenz Chinas und der aufstrebenden Konkurrenten in Vietnam, Kambodscha und Bangladesch.
Einen großen Boom hingegen gibt es in der Verarbeitung von Nickel, dessen weltgrößter Förderer Indonesien ist. Den Startschuss gab das verschärfte Verbot für die Ausfuhr unverarbeiteten Nickelerzes von 2020. Daraufhin bauten chinesische Unternehmen binnen weniger Jahre in Sulawesi und auf den Nordmolukken eine gigantische Nickel-Downstream-Industrie auf. Dabei wird vor allem Edelstahl produziert. Auch internationale Automobilkonzerne stehen Schlange, denn sie benötigen Nickel für die Batterien ihrer Elektroautos.
Sektoren | Anteil am BIP 2024 | Anteil an den Beschäftigten 2024 |
---|---|---|
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 12,6 | 28,5 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 9,2 | 1,1 |
Verarbeitendes Gewerbe | 19,0 | 13,5 |
Energieversorgung | 1,0 | 0,3 |
Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen | 0,1 | 0,4 |
Baugewerbe | 10,1 | 6,0 |
Dienstleistungen | 48,0 | 50,2 |
Java ist Schwerpunkt der Industrie
Die Insel Java ist der wirtschaftliche Kern Indonesiens und vereint fast 60 Prozent der Bevölkerung und der landesweiten Wirtschaftsleistung auf sich. Java hat die mit Abstand beste Infrastruktur des Landes. Drei Viertel des indonesischen Strombedarfs entfallen auf die Insel. In Zentral- und Ostjava gibt es die geringsten Mindestlöhne, hier sind die Textil- und Möbelindustrie ansässig. Die meisten ausländischen Unternehmen jenseits des Rohstoffsektors sind auf Java tätig. Unumschränktes Wirtschaftszentrum Javas ist Jakarta, wo fast alle ausländischen Unternehmen ihren Hauptsitz haben.
Bei allen anderen indonesischen Hauptinseln liegt der wirtschaftliche Schwerpunkt auf Landwirtschaft und Rohstoffen. Sumatra ist das Zentrum der Palmölindustrie, fast 20 Prozent der Insel sind mit Palmölplantagen bedeckt. Kalimantan hat gigantische Kohlevorkommen und darüber hinaus große Palmöl- und Kautschukplantagen. Sulawesi und die Nordmolukken sind Zentren für Nickelabbau und Verarbeitung. Papua soll künftig eine stärkere Rolle spielen, unter anderem in der Agrarproduktion.
Gebiet | Anteil am BIP (in %) | BIP pro Kopf (in Euro) * | Bevölkerung (in Mio.) |
---|---|---|---|
Jakarta | 16,7 | 20.083 | 10,7 |
Ostjava | 14,4 | 4.387 | 42,1 |
Westjava | 12,8 | 3.242 | 50,8 |
Zentraljava | 8,3 | 2.771 | 38,2 |
Nordsumatra | 5,2 | 4.409 | 15,8 |
Riau | 5,1 | 9.520 | 6,8 |
Banten | 4,0 | 4.061 | 12,5 |
Ostkalimantan | 3,9 | 8.728 | 5,7 |
Südsulawesi | 3,2 | 4.418 | 9,6 |