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Solaroffensive in Israel: Zwei neue Programme starten
Israels Energieministerium treibt einen massiven Ausbau von Aufdach- und Agri-Photovoltaik voran. Neue Einspeisetarife und Bauerleichterungen sollen dabei helfen.
14.08.2025
Von Wladimir Struminski | Israel
Angesichts der begrenzten Verfügbarkeit freier Flächen verfolgt Israel beim Ausbau der Photovoltaik (PV) eine gezielte Strategie zur Nutzung von Doppelnutzungsflächen. Im Fokus stehen insbesondere Dächer, landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie Wasserreservoirs. Im Rahmen dieser Flächenoptimierung treibt das israelische Energieministerium (Ministry of Energy and Infrastructure) zwei groß angelegte Förderprogramme voran:
- Programm zur Erweiterung von Aufdachanlagen: Ziel ist die flächendeckende Installation von PV-Anlagen auf bestehenden Gebäuden, insbesondere im urbanen und industriellen Raum.
- Agri-Photovoltaik-Initiative: Dieses Programm fördert die Integration von Solartechnologie in landwirtschaftliche Betriebe, um Energieerzeugung und Agrarproduktion effizient zu kombinieren.
Beide Maßnahmen sind zentrale Bestandteile der nationalen Energiepolitik und sollen die Versorgungssicherheit stärken sowie den Anteil erneuerbarer Energien signifikant erhöhen.
Chancen für deutsche Unternehmen
Die beiden Programme werden umfangreiche Investitionen erfordern. Daraus ergeben sich vielfältige Geschäftsmöglichkeiten – auch für ausländische Unternehmen, darunter deutsche Firmen. Chancen bestehen sowohl im Bereich der Zulieferungen als auch bei direkten Investitionen.
Zwar stammen Standardmodule und Wechselrichter größtenteils aus Fernost, doch der umfassende Ausbau von Aufdachlösungen wird die Nachfrage nach hochwertigen Technologieprodukten deutlich erhöhen – etwa nach Energiemanagementsystemen, Batteriespeichern und Batteriemanagementlösungen. Für Anbieter aus westlichen Ländern, darunter auch Deutschland, eröffnen sich dadurch attraktive Marktchancen.
Auch im Bereich der Agri-PV wächst der Bedarf an innovativen Lösungen: Gefragt sind insbesondere moderne Nachführsysteme für Solarmodule. Darüber hinaus dürfte der Einsatz von Smart-Farming-Technologien zunehmen, um die landwirtschaftliche Produktivität trotz reduzierter Sonneneinstrahlung effizient zu gestalten.
100.000 neue Solardächer geplant
Die Aufdachinitiative trägt den offiziellen Namen "100.000 neue Solardächer" und ist wörtlich gemeint: Bis 2030 sollen in Israel rund 100.000 zusätzliche Dächer für die Installation von PV-Anlagen genutzt werden, so Kineret Dehan-Granit, Leiterin der Hauptabteilung für erneuerbare Energien im Energieministerium, gegenüber Germany Trade & Invest.
Das entspricht einer Verdreifachung gegenüber Anfang 2025, als etwa 30.000 Dächer bestückt waren. Ziel ist eine installierte Leistung von 1,6 Gigawatt – rund 10 Prozent der für 2030 geplanten Gesamtleistung von 16 Gigawatt aus erneuerbaren Energien.
Als Investitionsanreiz bietet die Elektrizitätsbehörde Einspeisetarife zwischen umgerechnet 11 und 17 US-Cent pro Kilowattstunde – deutlich über dem bisherigen Mindesttarif von 2 US-Cent für Freiflächenanlagen.
Das Energieministerium hält das Programm trotz höherer Kosten für gesamtwirtschaftlich sinnvoll – nicht nur wegen der Flächenknappheit, sondern auch aufgrund positiver externer Effekte wie der Verringerung umweltbedingter Schäden durch fossile Stromerzeugung.
Großanlagen seien laut Dehan-Granit nur im Norden und Süden Israels umsetzbar und erforderten teure Netzausbauten, da der Stromverbrauch im Landeszentrum konzentriert ist. Aufdachanlagen entstehen hingegen meist dort, wo der Bedarf hoch ist – das spart Netzinvestitionen und fördert dezentrale Versorgung.
Haushalte können Solaranlagen mit Batteriespeichern kombinieren und so ihre Energieautonomie steigern. Die Installation übernehmen private Fachfirmen, von denen bereits viele aktiv sind.
Ausbau der Agri-Photovoltaik ist langfristig angelegt
Das Programm zum Ausbau der Agri-PV setzt beim Planungsrecht an. Bislang galten dieselben Kriterien wie für Freiflächenprojekte. Im Juli 2025 hat die National Commission for Planning and Construction erstmals einen eigenen Bebauungsplan für Agri-PV grundsätzlich genehmigt.
Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Lebensmittelproduktion und erneuerbarer Energie, erklärt Ariel Printz, Leiter der Hauptabteilung für Raumordnung im Energieministerium, gegenüber Germany Trade & Invest.
Anlagen, die den landwirtschaftlichen Ertrag um mehr als 25 Prozent mindern, gelten nicht als agri-photovoltaisch. In Einzelfällen kann die Beschattung durch Solarpaneele jedoch auch vor übermäßiger Einstrahlung schützen und den Ertrag steigern – solche Effekte werden individuell geprüft.
Für kleinere Anlagen bis zu 1 Hektar ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren vorgesehen. Besonders geeignet sind Kibbuzim (Kollektivsiedlungen) und Moschavim (genossenschaftliche Siedlungen), da sie über große landwirtschaftliche Flächen verfügen.
Erstmals erlaubt der neue Plan auch Anlagen im Landeszentrum. Zwar ist dort keine signifikante Stromerzeugung zu erwarten, doch zentral gelegene Projekte bieten Vorteile für das Stromnetz.
Konkrete Mengenziele gibt es bislang nicht. Laut einem aktualisierten Plan vom Januar 2025 könnten bis 2030 maximal 1,2 Gigawatt installiert werden.
Ariel Printz betont, dass der Ausbau langfristig angelegt sei und über das laufende Jahrzehnt hinausreiche. Er erwartet, dass der neue Plan das unternehmerische Interesse stärkt und das Potenzial nach 2030 weiter wächst.