Branchen | Italien | Abfallwirtschaft
Branchenstruktur
Der Sektor ist in Italien weniger konsolidiert als in anderen europäischen Ländern, investiert daher auch oft zurückhaltender. Ausnahmen bilden die expandierenden Großversorger.
23.03.2023
Von Oliver Döhne | Mailand
Multi-Utilities wachsen heran
Auch wenn die Unternehmenslandschaft noch fragmentiert ist, haben sich durch Übernahmen, Zusammenschlüsse und organisches Wachstum einige größere Multi-Utility-Gruppen herausentwickelt, an denen der Staat in der Regel noch etwa zur Hälfte beteiligt ist. Neben dem Siedlungsmüll widmen sich mehr und mehr Firmen auch dem Gewerbemüll. Laut der Beratungsfirma Althesys war 2021 dort ein Drittel der Branchenfirmen tätig, rund 10 Prozent mehr als im Vorjahr.
Das Recycling des Verpackungsabfalls läuft über die Konsortien Ricrea (Stahl), Cial (Aluminium), Comieco (Papier), Rilegno (Holz), Corepla (Plastik), Biorepack (Bioplastik) und Coreve (Glas). Jeder Haushalt trennt seine Abfälle, die Sammlung erfolgt über einen lokalen Entsorger, der die Stoffe zum jeweiligen Konsortium bringt. Auch die Unternehmen schicken ihre Verpackungsabfälle an die Konsortien. Das System gilt als vorbildlich und bewirkt Rückgewinnungsquoten, die bei fast allen genannten Stoffen (außer Plasik) in der europäischen Spitze liegen. Ab 2025 soll eine eigene Mülltrennung für Textilien hinzukommen. Als Technologieanbieter ist in der Umwelttechnik unter anderem Nextchem (Maire Tecnimont-Gruppe) aktiv, zum Beispiel bei Waste-to-X-Anlagen.
Firmenart | Anzahl | Verarbeiteter Siedlungsmüll | Verarbeiteter Gewerbemüll |
---|---|---|---|
Große überregional tätige Multi-Utilities | 3 | 6,9 | 3,9 |
Entsorger von Metropolregionen | 6 | 3,1 | k.A. |
Kleine und mittelgroße Mono-Utilities | 62 | 6,1 | 0,2 |
Kleine und mittelgroße Multi-Utilities | 26 | 2,3 | 0,4 |
Private Entsorger | 16 | 3,1 | k.A. |
Andere Betreiber von Abfallanlagen | 11 | 2,7 | k.A. |
Insgesamt | 124 | 24,3 | k.A. |
Die großen Drei
Die Umweltsparte des a2a-Konzerns, hauptsächlich in den Großräumen Mailand und Brescia tätig, verarbeitet im Jahr rund 3,4 Millionen Tonnen Müll und will diese Zahl bis 2030 verdoppeln. Dazu wird a2a 5 Milliarden Euro in die Umweltsparte investieren, mehr als ein Drittel davon in Waste-to-Energy, wo das Unternehmen bei Siedlungsabfällen der Marktführer ist. Bei Industrieabfällen hat a2a einen Marktanteil von 10 Prozent. Auch Batterieentsorgung und -recycling und Biomethan sind Schwerpunkte der Ausbaustrategie. Bis 2030 will a2a insgesamt 26 neue Biomethananlagen bauen und 13 bestehende Anlagen konvertieren.
Hera aus Bologna bedient größere Teile der Region Emilia-Romagna, der Marken, Venetiens, Friulisch-Venetiens und der Toskana. Für die Kreislaufwirtschaft hat sich Hera bis 2026 Investitionen von 30 Millionen Euro vorgenommen, unter anderem in die Behandlung von Karbonfasern, von Kunststoffen und von Abfallstoffen der Papierindustrie, die bislang nicht recycelt werden können. Geld soll auch in optische Sensoren für die Sortierung in automatisierten Anlagen für Papierabfälle sowie in Anlagen für eine energiearme Bio-Klärschlammtrocknung fließen. Über seinen Tochterfirma Aliplast widmet sich Hera besonders dem Plastikrecycling.
Iren aus Turin ist als Entsorger unter anderem im Piemont, der Emilia-Romagna, Ligurien und Sardinien zuständig und behandelt in insgesamt 52 Anlagen (davon 3 Waste-to-Energy) rund 3,6 Millionen Tonnen Abfälle. Bis 2030 will das Unternehmen rund 600 Millionen Euro in die Digitalisierung investieren und plant zudem je eine neue Waste-to-Energy und eine Waste-to-Chemicals-Anlage.
Kooperation mit einheimischen Firmen
Um den zahlreichen Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft besser zu begegnen, suchen viele Branchenfirmen Kooperationen mit Beratern, Entwicklern und Ingenieurdienstleistern, zum Beispiel bei Wast-to-Chemical-Anlagen, Pyrolyse, Recycling von Autoreifen oder in chemischen Prozessen. Ausrüstung aus Deutschland ist sehr angesehen, von einzelnen Maschinen bis zu schlüsselfertigen Anlagen, insbesondere im Norden Italiens. Gleichzeitig berichten deutsche Anbieter aber auch davon, dass vor allem kleinere Operatoren eher zu günstigeren Produkten greifen.