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Wirtschaftsumfeld | Japan | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Löhne und Gehälter

Die Löhne in Japan steigen 2023 mit einem Rekordtempo. Die zugleich anziehende Inflation sorgt jedoch für einen Kaufkraftverlust.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Die Löhne in Japan sollen im Jahr 2023 im Durchschnitt um knapp 3,7 Prozent steigen. Laut der Gewerkschaftsorganisation Japanese Trade Union Confederation (Rengo) ist dies die höchste Steigerung seit 30 Jahren. Die großen Unternehmen akzeptieren zum Teil höhere Lohnsteigerungen von 4 Prozent, allen voran die Automobil- und Elektronikkonzerne. Dahingegen ist eine solche Lohnsteigerung für kleine und mittlere Firmen sowie für Teilzeitkräfte nicht unbedingt zu erwarten.

Damit rückt das Ziel der Regierung etwas näher, über Lohnzuwächse die Konsumfähigkeit zu erhöhen und die Deflation zu überwinden. Die Bank of Japan rechnet 2023 mit einem Wachstum der Inflation von 1,8 Prozent, ausgenommen frische Nahrungsmittel. Damit dürfte die reale Kaufkraft der Haushalte ins Positive drehen. Im Jahr 2022 stiegen die durchschnittlichen Bruttomonatslöhne von rund 319.500 Yen (umgerechnet 2.476 US$) auf 325.000 Yen (2.904 US$). Jedoch gingen die realen Löhne aufgrund der Inflation um mehr als 1 Prozent zurück, so die Statistik des Japan Institute for Labour Policy and Training.

Gehaltsverhandlungen laufen sehr geordnet ab

Lohn- und Gehaltserhöhungen sowie Arbeitsbedingungen werden in der Regel einmal jährlich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretungen in der sogenannten Frühlingsoffensive "Shuntou" ausgehandelt. Dabei schreibt das Mindestlohngesetz Untergrenzen vor. Der durchschnittliche stündliche Mindestlohn lag im Fiskaljahr 2022 bei 961 Yen (umgerechnet 7,3 US-Dollar) und variiert je nach Präfektur.

Mindestlöhne sind vor allem für nicht-reguläre Beschäftigungen relevant. Bei Festangestellten spielen für die Lohnentwicklung die Qualifikation, die Position im Betrieb und nicht zuletzt die Dauer der Firmenzugehörigkeit eine Rolle.

Ausländische Arbeitgeber bieten mehr Anreize

In ausländischen Firmen liegen die Gehälter oft über jenen von japanischen Unternehmen. Allerdings sind absolute Vergleiche aufgrund von unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen nicht immer möglich. Bei ausländischen Arbeitgebern ist beispielsweise die leistungsbezogene individuelle Entlohnung stärker verbreitet als in Unternehmen, die eine japanische Arbeitskultur pflegen.

Neben besserer Bezahlung spielen bei den ausländischen Betrieben größere Entwicklungschancen bei flachen Hierarchien eine Rolle. Die Personalberatung en world Japan betont, dass Diversität und Inklusion in ausländischen Firmen meist stärker verankert sind und das Personalmanagement mit flexiblen Arbeitszeitmodellen fortschrittlicher ist.

Landesweit große Unterschiede

Regional bestehen große Einkommensunterschiede. Dabei überrascht nicht, dass die Gehälter in Tokyo deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen. Die meisten ausländischen Unternehmen haben ihre Standorte im Großraum Tokyo. Weitere Städte und Präfekturen mit hohen Einkommen und hoher Präsenz ausländischer Firmen sind Osaka und Aichi.

Die Metropolen üben eine starke Magnetwirkung aus. In anderen Präfekturen sind die Löhne zwar niedriger, aber auch das Problem des Fachkräftemangels größer. In den nächsten Jahren baut die Halbleiterindustrie auf der südlichen Insel Kyushu ihre Kapazitäten aus. Um das erforderliche Fachpersonal anzuziehen, werden dort die Einkommen steigen.

Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Branchen 2022 (in US-Dollar) 1)

Branche

Monatslohn2)

Durchschnittslohn

2.369

Verarbeitendes Gewerbe

2.291

Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserwerk

3.055

Baugewerbe

2.549

Groß- und Einzelhandel

2.391

Transport und Lagerhaltung

2.169

Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie

1.956

Informations- und Kommunikationsdienstleistungen

2.878

Finanz- und Versicherungswesen

2.842

1 Löhne (ohne Boni und Zuwendungen) in Unternehmen mit zehn oder mehr regulären Mitarbeitern; 2 1 US$ = 131,6 YenQuelle: MHLW 2023: Chingin Kozo Kihon Tokei Chosa 2022

Die Elektronik- und die IT-Industrie zahlen bereits überdurchschnittliche Gehälter. Das Lohngefälle ist in den unterschiedlichen Branchen hoch. So liegen im verarbeitenden Gewerbe etwa die durchschnittlichen Bruttomonatslöhne der Textilindustrie um mehr als ein Drittel unter dem Lohnniveau der Chemiebranche. Im Dienstleistungsbereich bezahlt die Hotel- und Gastronomiebranche ebenfalls etwa ein Drittel weniger als der Telekommunikationssektor.

Durchschnittliche Monatslöhne für ausgewählte Positionen (in US-Dollar 2022) 1)

Position

Monatslohn2)

Durchschnittslohn

2.369

Führungskräfte

4.097

Personal mit akademischer Ausbildung

3.527

Techniker

2.676

Unterstützende Bürokräfte

2.255

Dienstleistungs- und Verkaufskräfte

2.347

Fachkräfte in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft

1.878

Handwerker

1.829

Anlagen- und Maschinenbediener, Montagekräfte

1.987

Hilfskräfte

1.818

1 Löhne (ohne Boni und Zuwendungen) in Unternehmen mit zehn oder mehr regulären Mitarbeitern; 2 1 US$ = 131,6 YenQuelle: MHLW 2023: Chingin Kozo Kihon Tokei Chosa 2022

Zusatzleistungen können umfangreich sein

Neben dem Grundgehalt erhalten Arbeitnehmer zweimal im Jahr eine Bonuszahlung. Hinzu kommen Entgelte für geleistete Überstunden und einige Nebenleistungen. Die Höhe der Boni ist primär von der Geschäftsentwicklung abhängig. Jeweils zwei Monatsgehälter im Sommer und Winter sind als Sonderzahlung üblich. Zusatzleistungen umfassen die betriebliche Altersversorgung, Zuschüsse für Mieten, Firmenwohnungen sowie Fahrtkosten.

Die Arbeitgeber haben neben den festen Lohnbestandteilen gesetzlich vorgeschriebene Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Sie liegen pro Mitarbeiter in der Regel bei mindestens rund 14 Prozent und werden meist jährlich angepasst.

Die Pflicht zur Arbeitslosenversicherung besteht nur für Personen, die mindestens 20 Stunden pro Woche arbeiten und aller Voraussicht nach mehr als ein Jahr im Unternehmen beschäftigt sein werden. Die Beiträge zur Unfallversicherung sind unabhängig von der Zahl der Arbeitsstunden immer zu entrichten. In Betrieben mit einer entsprechenden Betriebsvereinbarung müssen Arbeitgeber auch für Teilzeitbeschäftigte, die weniger als drei Viertel der regulären Arbeitszeit (meist weniger als 30 Stunden) beschäftigt sind, Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung entrichten.

Arbeitgeberanteil an den Sozialbeiträgen 2023 (in Prozent der Bemessungsgrundlage)

Rentenversicherung 

9,15

Kinderabgabe

0,36

Krankenversicherung (ab März 2023)

5,0

Pflegeversicherung (Mitarbeiter von 40 bis 64 Jahren)

0,91

Arbeitslosenversicherung 

0,95 (allgemein)

1,05 (Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft)

1,15 (Bauwirtschaft)

Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsschutz

Deckung durch Arbeitslosenversicherung

Arbeitsunfallversicherung (seit April 2018)*

0,25 bis 8,8

* variiert nach Gefahrenklassen (zum Beispiel Banken, Versicherungen: 0,25 Prozent; Schiffbau: 2,3 Prozent; Bau von Wasserkraftwerken und Tunnels: 7,9 Prozent)Quelle: MHLW 2023, Japan Health Insurance Association 2023, Japan Pension Service 2023

Kampf den Überstunden

In Unternehmen mit fünf und mehr Beschäftigten arbeitete das Personal 2022 im Durchschnitt 136,1 Stunden pro Monat. Darüber hinaus verzeichnete die Statistik 10,1 bezahlte Überstunden. An normalen Arbeitstagen sind für Überstunden und Nachtarbeit Zuschläge von 25 Prozent vorgeschrieben. An regulär freien Tagen, also samstags, sonntags und an Feiertagen, wird ein Zuschlag von 35 Prozent bezahlt. Nach der regulären Arbeitszeit (also in der Regel von 9 bis 17 Uhr) fällt ein Überstundenzuschlag von 50 Prozent und in der Nacht von 60 Prozent an.

Aufgrund von Neuerungen im Arbeitsgesetz wird seit dem 1. April 2023 bei einer Überstundenzahl im Monat von 60 Stunden und mehr ein einheitlicher Zuschlag von 50 Prozent Vorschrift, unabhängig von der Firmengröße. Ab dem 1. April 2024 wird eine Überstundengrenze für bestimmte Berufe eingeführt, dazu zählen Arbeitskräfte im Bausektor, Berufskraftfahrer und auch Ärzte. Die Grenze ist auf 45 Stunden pro Monat und 360 Stunden pro Jahr festgelegt.

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