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Branchen | Kanada | Luftfahrzeuge

Kanada treibt die grüne Revolution in der Luftfahrt voran

Für Forschung und Entwicklung neuer Flugzeug- und Antriebskonzepte stellt Ottawa viel Geld bereit. Auch das Anwendungsfeld für Drohnen und elektrische Flugzeuge weitet sich aus.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Kanadas Regierung investiert 265 Millionen US-Dollar (US$), um die Luft- und Raumfahrtindustrie umweltverträglicher zu machen. Ein Großteil der Mittel soll in gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit lokalen Unternehmen aller Größenordnungen aus der gesamten Lieferkette fließen. Die Vorhaben konzentrieren sich auf vier Schlüsselbereiche:

  • Hybrid- und alternative Antriebe

  • Flugzeugarchitektur und Systemintegration

  • Übergang zu alternativen Kraftstoffen

  • Infrastruktur zur Unterstützung von Flugzeugen und Betrieb dieser Infrastruktur

Projektvorschläge können seit dem 4. Quartal 2023 eingereicht werden. Die ersten Zuschläge sollen im April 2024 erteilt werden. Nähere Informationen finden Sie hier.

Vancouver bietet Potenzial für Elektrowasserflugzeuge 

Ein wichtiges Element bei der Dekarbonisierung des Luftverkehrs sind Elektroantriebe. Doch eignen sich diese nach derzeitigem Stand der Technik nur für kürzere Flugstrecken mit wenigen Passagieren. Einige Regionen in Kanada bieten gute Einsatzmöglichkeiten hierfür. Zum Beispiel Vancouver: Viele Geschäftsreisende und Touristen reisen täglich von der Zweieinhalb-Millionen-Metropole an der Westküste nach Victoria, der Hauptstadt der Provinz British Columbia, die auf der vorgelagerten Insel Vancouver Island liegt.

Während die Fähre für die Strecke mindestens dreieinhalb Stunden braucht, schafft ein Wasserflugzeug sie in etwa einer halben Stunde. Harbour Airlines absolvierte die 95-Kilometer-Strecke 2019 erstmals mit einem Elektroflugzeug. Den E-Motor dafür lieferte das Unternehmen MagniX aus Seattle. Auch die Batterie kam von einem US-Hersteller.

Nun will die private kanadische Fluggesellschaft die Elektrifizierung vorantreiben und als erste Airline kommerziell elektrische Linienflüge anbieten. "Wir arbeiten daran, dass wir bis 2025 ein zertifiziertes Flugzeug bekommen", sagte CEO Bert van der Stege der Neuen Zürcher Zeitung. MagniX will dafür erneut Elektromotoren liefern, diesmal aber stärkere.

Auch die größte Fluggesellschaft des Landes, Air Canada, will Elektro-Hybridflugzeuge auf Regional- und Pendelstrecken einsetzen. Bereits im Herbst 2022 hatte sie 30 Modelle beim schwedischen Hersteller Heart Aerospace geordert. Sie sollen bis zu 30 Passagieren Platz bieten und werden voraussichtlich ab 2028 im Einsatz sein.

Elektrische Senkrechtstarter für urbane Großräume

Elektrische, senkrechtstartende Flugtaxis (eVTOL – kurz für electric vertical take-off and landing) dürften in Kanada ebenfalls eine Zukunft haben – bei Kurzstrecken und im Bereich Urban Air Mobility. So will Helijet, ein Anbieter von Hubschraubertransporten, künftig auch mit solchen Fluggeräten Passagier- und Frachtdienste im Südwesten der Provinz British Columbia und im Pazifischen Nordwesten anbieten. Dafür hat die Fluggesellschaft bei dem US-Unternehmen Beta Technologies mehrere eVTOL-Fluggeräte bestellt. Mit Horizon Aircraft hat auch ein kanadisches Unternehmen einen entsprechenden Prototyp entwickelt; das Start-up aus Lindsay (Ontario) hofft, dass dieser bis 2027 zertifiziert ist.

Noch einmal zurück nach Vancouver: Harbour Air will längerfristig auch Flieger mit Wasserstoffantrieb einsetzen. Der Luftfahrtexperte John Gradek von der McGill University in Montréal ist sich sicher: "Wasserstoff wird sich Mitte der 2030er-Jahre als Flugkraftstoff durchsetzen." Brennstoffzellenbasierte Flugzeugkonzepte sind daher gefragt. Das britische Beratungsunternehmen Ricardo hat bereits 2022 einen mehrjährigen Vertrag mit Pratt & Whitney Canada unterzeichnet: Beide Partner kooperieren bei der Entwicklung von Hybrid-Elektro-Antriebstechniken. Dadurch sollen die Treibstoffeffizienz deutlich verbessert und die CO2-Emissionen im Vergleich zu Turboprop-Triebwerken reduziert werden. Seit 2022 betreibt Ricardo zudem ein Kompetenzzentrum für die Luft- und Raumfahrt in Montréal.

Medizinische Versorgung per Drohne

Immer wichtiger werden Drohneneinsätze für medizinische Zwecke: So transportieren seit Herbst 2023 unbemannte Fluggeräte entsprechende Güter zwischen dem Milton District Hospital und dem Oakville Trafalgar Memorial Hospital (beide südwestlich von Toronto). Auch Blutbankmaterial sowie Proben von Blut- und Serumanalysen werden so verschickt.

Drohnen werden zudem für größere Distanzen eingesetzt: So liefert das Start-up Ribbit aus Toronto im Auftrag der Regierung Waren, darunter verderbliche Lebensmittel und medizinische Produkte, mit einem autonomen Flugzeug in entlegene Gebiete im Norden Kanadas. Im Juli 2023 haben sich Ottawa und Ribbit auf einen einjährigen Vertrag in Höhe von 1,3 Millionen US$ geeinigt. Die auf den Testflügen in diesem Zeitraum gesammelten Betriebsdaten sollen dabei helfen, faktengestützte Entscheidungen im Hinblick auf luftfahrtspezifische Vorschriften, Normen und politische Maßnahmen zu treffen.

Ein vielversprechender Ansatz ist auch die Paketzustellung per Drohne für kommerzielle und betriebliche Anwendungen. Drone Delivery Canada hat dafür Liefergeräte und eine drohnenbasierte Logistikplattform entwickelt. Nach der Testphase will das Unternehmen aus Vaughan, Ontario, sein Produkt als Software-as-a-Service-Modell (SaaS-M.) weltweit anbieten.

Deutscher Leichtbauspezialist übernimmt kanadisches Luftfahrtunternehmen

Von deutscher Seite machte zuletzt Muhr und Bender (Mubea) von sich reden: Im September 2023 gab der auf Leichtbau spezialisierte Zulieferer bekannt, die kanadische Firma Cyclone zu übernehmen. Das ist ein beachtlicher Schritt tiefer hinein in die Aviation-Industrie, er dürfte Mubea neue Chancen in Nordamerika eröffnen. Denn auf seiner Website zählt Cyclone die großen Flugzeughersteller Airbus, Boeing und Bombardier zu seinen Kunden. Ein weiterer namhafter Abnehmer ist der unter anderem für seine Kampfjets bekannte US-Rüstungs- und Technologiekonzern Lockheed Martin.

Internationale Fachleute aus der Luftfahrt treffen sich in Montréal

Auch das International Aerospace Innovation Forum steht im Zeichen des nachhaltigen Wandels, der Innovation und neuer Technologien. 

  • nächster Termin: 21. bis 22. Mai 2024
  • wichtige Themen: neue Flugzeugkonfigurationen, alternative Antriebstechnologien, leichtere und nachhaltigere Materialien
  • weitere Schwerpunkte: eVTOL, neue Überschalljets, Quantencomputing in der Luft- und Raumfahrtindustrie

Es ist das größte Treffen internationaler Entscheidungsträger der Branche in Kanada.

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