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Container terminal, view from a container ship Containerhafen | © GettyImages/Jorg Greuel

Special | Kanada | US-Zollpolitik

Kanada könnte zukünftig mehr Maschinen aus Deutschland einführen

US-Zölle von 35 Prozent gelten für nicht USMCA-konforme Importe. Fehlende Ursprungsnachweise führen zu Abgaben. Die Zölle belasten Kanadas Wirtschaft spürbar.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Die US-Regierung unter Präsident Trump hat ihre protektionistische Handelspolitik weiter verschärft. Seit dem 1. August 2025 gelten pauschale 35-Prozent-Zölle auf nahezu alle kanadischen Exporte in die USA – ausgenommen sind nur Produkte, die den USMCA-Ursprungsregeln entsprechen und korrekt deklariert sind.

Der im Februar 2025 eingeführte Zoll von 25 Prozent auf kanadische Stahl- und Aluminiumprodukte wurde im Juni auf 50 Prozent erhöht. Hinzu kommt seit Mitte März ein Zoll auf Fahrzeuge und Teile aus Kanada, die nicht den USMCA-Ursprungsregeln entsprechen und die nun ebenfalls unter die pauschalen 35 Prozent fallen. Für USMCA-konforme Produkte wird weiterhin US-Zoll auf den kanadischen Wertschöpfungsanteil erhoben – sofern die Nachweise vollständig vorliegen.

Die neuen US-Zölle treffen nahezu die gesamte Lieferkette – vom Energiesektor über Maschinenbau und Pharma bis hin zu Lebensmitteln und Agrarprodukten. Besonders stark betroffen sind Stahl und Aluminium – nicht nur durch direkte Zölle, sondern auch durch deren Folgewirkungen auf nachgelagerte Industrien.

Die Bestimmungen können sich täglich ändern. Den aktuellen Stand finden Sie auf unserer GTAI-Sonderseite Handelspolitik unter Trump.

Verhandlungsmasse schaffen – vor allem auf Kosten der Nachbarländer

Trump dürfte mit den neuen Zöllen gezielt Verhandlungsmasse für eine Neuverhandlung des USMCA schaffen. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte er NAFTA aufgekündigt und durch das USMCA ersetzt. Nun stellt er erneut Bedingungen infrage – mit dem Ziel, höhere US-Wertschöpfungsanteile durchzusetzen und die Importabhängigkeit zu senken. Die Zölle gegen Kanada und Mexiko dienen wohl als Druckmittel für künftige Gespräche.

Das verarbeitende Gewerbe Kanadas ist von den Zöllen am stärksten betroffen. Es steht für rund 9 Prozent des BIP und 70 Prozent des gesamten Außenhandels mit den USA. Besonders der Kfz-Sektor ist stark mit dem der USA und Mexikos verflochten. So will zum Beispiel VW seine US-Autowerke künftig mit Batterien "made in Canada" beliefern, wo die Konzerntochter Powerco eine Batteriezellenfabrik plant. Kanadas Regierung hatte das Milliardenprojekt mit hohen Subventionen angelockt und diese nach Verabschiedung des US-Klima- und Energiepakets IRA (Inflation Reduction Act) nochmals aufgestockt.

Industrien mit international stark integrierten Lieferketten betroffen

Die Zölle bringen daher besonders Industrien mit stark integrierten internationalen Lieferketten in Schwierigkeiten. Probleme bekommen auch solche, die nicht ohne Weiteres auf Vorleistungen ausweichen können, die im Inland produziert oder zu wettbewerbsfähigen Preisen aus anderen Ländern bezogen werden.

Welche Sektoren träfen US-Zölle besonders hart?

Anfällig sind Industriezweige, die stark in Liefer- und Wertschöpfungsketten zwischen den USA und Kanada eingebunden sind. Nach einer Analyse der Royal Bank of Canada sind das vor allem:

  1. Kfz- und Kfz-Teile-Industrie
  2. Grundchemie
  3. Landtechnik sowie Bau- und Bergbaumaschinen
  4. Herstellung von Erdöl- und Kohleprodukten
  5. Primärmetallindustrie
  6. Luft- und Raumfahrtindustrie
  7. Pharmaindustrie
  8. Kunststoffindustrie

Die Zölle treffen die kanadische Wirtschaft in einer ohnehin angespannten Lage. Die Bank of Canada hat die Leitzinsen seit dem Sommer 2024 mehrfach gesenkt. Zugleich bestehen in der Industrie weiterhin Überkapazitäten; die Arbeitslosenquote steigt weiter an. Das Pro-Kopf-BIP stagnierte über weite Strecken der letzten zwei Jahre. Große Investitionsprojekte wie jene von Honda und Stellantis wurden auf Eis gelegt, während andere – etwa von Siemens – weiterlaufen.

Laut der Royal Bank of Canada (RBC) können die US-Zölle, Gegenmaßnahmen eingerechnet, ein Wirtschaftswachstum in Kanada in den nächsten beiden Jahren vollständig zunichtemachen. Es droht eine Stagnation im Jahr 2025 und ein Rückgang um bis zu 2 Prozent im Jahr 2026. Sollten die Zölle die Realwirtschaft belasten und die Inflation anheizen, könnte die Zentralbank ihren expansiven Kurs aussetzen – mit weiteren Risiken für das Wachstum.

Handelskonflikt dürfte sich weiterhin negativ auf Kanadas Export und Import auswirken

Die US-Zölle machen kanadische Produkte – insbesondere Fahrzeuge, Autoteile, Stahl und Aluminium – weniger wettbewerbsfähig. Zwischen Mai 2024 und Mai 2025 gingen die kanadischen Exporte in die USA um rund 10 Prozentpunkte zurück.

Kanada reagiert mit einer aktiven Diversifizierungsstrategie: Die Exporte in Länder wie Deutschland, die Niederlande, Japan und Australien wurden deutlich ausgeweitet. Auch Investitionen in Exportinfrastruktur – etwa für Energie und Rohstoffe – sollen helfen, neue Märkte in Europa und Asien zu erschließen.

Öl bleibt eines der wichtigsten Exportgüter Kanadas. Sollte es infolge globaler Verwerfungen zu einem Rückgang der Preise für Rohstoffe kommen, könnte dies die Handelsbilanz zusätzlich belasten. Die strukturelle Abhängigkeit von den USA bleibt jedoch bestehen – was die wirtschaftliche Resilienz Kanadas weiterhin einschränkt.

Der kanadische Dollar zeigte sich gegenüber dem US-Dollar bislang weitgehend stabil. Eine zusätzliche Verteuerung von US-Waren durch Wechselkursveränderungen ist daher bislang ausgeblieben. Dennoch dürften kanadische Haushalte und Unternehmen versuchen, US-Produkte – insbesondere solche, die mit Zöllen belegt sind – durch Alternativen aus anderen Ländern zu ersetzen. Dies könnte deutschen Anbietern neue Chancen eröffnen.

Deutsche Produkte könnten womöglich manche Lücke schließen

Kanada könnte künftig verstärkt deutsche Produkte importieren – insbesondere Maschinen, die bisher überwiegend aus den USA bezogen wurden. Rund die Hälfte ihres Maschinen- und Ausrüstungsbedarfs decken kanadische Unternehmen traditionell über US-Lieferanten. Durch die jüngsten Handelskonflikte und Zölle steigt jedoch das Interesse an alternativen Bezugsquellen.

Auch bei Kfz-Teilen, elektronischen Geräten, Komponenten und chemischen Erzeugnissen könnten deutsche Anbieter künftig entstehende Lücken schließen. Die Importe in diesen Bereichen sind zuletzt spürbar zurückgegangen – ein Zeichen für Substitutionspotenzial. Deutschland gilt dabei als verlässlicher Partner mit hoher technologischer Kompetenz und stabilen Handelsbeziehungen.

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