Wirtschaftsausblick | Kasachstan
Kasachstans Konjunktur bleibt vom Zollstreit unbeeindruckt
Kasachstan setzt seinen Wachstumskurs 2025 fort. Sinkende Rohstoffpreise und eine nachlassende Nachfrage in wichtigen Abnehmerländern bergen mittelfristig jedoch Risiken.
27.05.2025
Von Viktor Ebel | Almaty
Top-Thema: Zollstreit hat kaum Auswirkungen auf Kasachstan
Während viele Länder gebannt den vom US-amerikanischen Präsidenten entfachten Handelskrieg verfolgen und versuchen, die Auswirkungen abzufedern, spielt das Thema in Kasachstan bislang kaum eine Rolle. Im Jahr 2024 lieferte die zentralasiatische Republik Waren für etwa 2 Milliarden US$-Dollar (US$) in die USA. Das entsprach gerade einmal 2,4 Prozent der Gesamtausfuhren. Hinzu kommt, dass ein Großteil der kasachischen Exporte unter US-Ausnahmeregelungen fällt, da es sich um Rohstoffe wie Erdöl, Uran, Silber und Ferrolegierungen handelt. Diese sind von Zollerhöhungen nicht betroffen.
Gründe zur Sorge bestehen dennoch. Die sinkenden Rohstoffpreise setzen das Land durchaus unter Druck. Während der Staatshaushalt auf einem Ölpreis von 75 US$ pro Barrel basiert, notiert Rohöl auf den Weltmärkten derzeit nur noch bei etwa 65 US$ pro Barrel. Sollte der Preis weiter sinken, wären Folgen für Wachstum und Investitionen nicht mehr auszuschließen.
Auch hat eine ukrainische Drohnenattacke im Februar 2025 auf Ziele in Russland gezeigt, wie anfällig Kasachstans wichtigste Exportroute für Öl ist. Diese wird vom Caspian Pipeline Consortium (CPC), einer multinationalen Gesellschaft, betrieben und führt größtenteils über russisches Gebiet. Bei der Aktion wurde eine der Pumpstationen der CPC-Pipeline stark beschädigt. Zudem ist fraglich, wie sich die Nachfrage der wichtigsten Abnehmermärkten für kasachisches Öl, EU und China, zukünftig entwickelt, da diese von steigenden US-Zöllen mit am stärksten betroffen wären.
Wirtschaftliche Entwicklung: Wachstum soll 2025 wieder bei 5 Prozent liegen
Erst mal ist 2025 aber mit mehr Öl aus Kasachstan auf den Weltmärkten zu rechnen. Die zwischenzeitlich vollendete Erweiterung des Tengiz-Felds verspricht eine Produktionssteigerung von 40 Prozent im größten Ölvorkommen des Landes. Zudem will Kasachstan 2025 erstmalig Schieferöl fördern. Die OPEC+ gab im März 2025 grünes Licht für eine Erhöhung der Ölförderung, nachdem Kasachstan monatelang die Förderquote überschritten hatte.
Experten der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) und der Economist Intelligence Unit (EIU) rechnen daher 2025 mit einem Wachstum von etwa 5 Prozent. Neben den guten Aussichten der Rohstoffförderung, die laut ADB mit 7,2 Prozent stärker als andere Branchen zulegen wird, stützen Investitionen in die Infrastruktur und der Bausektor die Konjunktur.
Um das Momentum auch weiter wirken zu lassen, muss Kasachstan die Diversifizierung fortsetzen. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes am Bruttoinlandsprodukt lag 2024 etwa gleichauf mit dem Bergbau. Die ADB schätzt, dass der Industriezweig seine Position mittelfristig weiter ausbauen kann, da der Staat auf Wertschöpfung setzt und in zahlreichen Branchen wie Energie, Landwirtschaft, Chemie und Kfz-Industrie Projekte initiiert.
Investitionen: Verarbeitende Industrie liegt 2025 im Trend
Die Bruttoanlageinvestitionen betrugen 2024 etwa 40 Milliarden US$, was einem Plus von 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entsprach. Wichtigste Empfänger waren der Bergbau, gefolgt von der Immobilienwirtschaft und dem Verkehrs- und Logistikgewerbe. Die stärkste Dynamik verbuchte die verarbeitende Industrie, wo sich die Investitionen um 24,1 Prozent erhöhten. Zahlen von Qazstat für das 1. Quartal 2025 bestätigen ein Anhalten des positiven Trends.
Konsum: Inflation ist wieder zweistellig
Die Inflation ist Ende 2024 wieder gestiegen und durchbrach im März 2025 die 10-Prozent-Marke. Das ist vor allem auf teilweise über 30 Prozent höhere Tarife für die Versorgung mit Strom, Wasser und Wärme zurückzuführen. Hinzu kommt, dass die kasachische Währung gegenüber dem US-Dollar spürbar an Wert verlor, was Importe verteuerte.
ADB und EIU rechnen nicht damit, dass die Inflation im Jahr 2025 noch unter die Marke von 10 Prozent rutschen wird. Obwohl die Realeinkommen kaum steigen werden, scheint eine Zunahme des Privatkonsums um bis zu 5 Prozent dennoch möglich – günstigen Krediten und Ratenkaufoptionen sei Dank. Die für 2026 angekündigte Mehrwertsteuererhöhung von 12 auf 16 Prozent und auslaufende Subventionen für Kraftstoff dürften die Kauflaune mittelfristig jedoch trüben.
Außenhandel: Schlechter Jahresstart für Kasachstans Exporte
Kasachstans Exportschlager ist Rohöl, welches laut Qazstat 2024 für mehr als die Hälfte der Ausfuhrerlöse stand. Sie Der niedrige Ölpreis und gestörte Lieferrouten ließen sie im 1. Quartal 2025 um knapp 12 Prozent einbrechen. Höhere Fördermengen könnten dieses Minus aber noch ausgleichen und den Exporten auch dieses Jahr einen Zuwachs bescheren. Die EU, China und Russland sind die Hauptabnehmer kasachischer Waren.
Die Importe waren 2024 nach starken Vorjahren leicht zurückgegangen. Laufende Investitionsprogramme könnten den Einfuhren 2025 jedoch einen kleinen Schub von 2 bis 3 Prozent verleihen, so die ADB. Über die Hälfte der Importe stammen aus Russland und China. An dritter Stelle folgt Deutschland, woher vor allem Maschinen, Kfz und -Teile, sowie chemische- und pharmazeutische Erzeugnisse stammen.
Deutsche Perspektive: Kasachstan und Deutschland sind Partner beim Thema Wasser
Im Mai 2025 tagte der Deutsch-Kasachische Wirtschaftsrat in Astana, ein besonderer Fokus war dem Thema Wasser gewidmet. Die Nutzung dieser kritischen Ressource wird in Kasachstan aktuell neu durchdacht, wofür auch ein neues Wassergesetz steht, das im April 2025 in Kraft trat. Größere Modernisierungsprojekte sind im Gang, um die enormen Wasserverluste zu reduzieren.
Seit 2024 beschäftigt sich auch German Water Partnership (GWP), Deutschlands Netzwerk der international ausgerichteten Wasserbranche, intensiver mit Kasachstan. Den über 300 GWP-Mitgliedsfirmen bietet sich ein enormes Potenzial, zu einer nachhaltigen Nutzung von Wasser in Kasachstan beizutragen. Gefragt sind innovative Technologien und Know-how für die Bewässerung, Abwasserbehandlung sowie Automatisierung und Digitalisierung in der Wasserwirtschaft.
Deutsche Unternehmen besuchen Kasachstan im September
Vom 15. bis 19. September 2025 führt German Water Partnership gemeinsam mit der AHK Zentralasien eine Geschäftsanbahnungsreise nach Kasachstan durch. Der Fokus liegt auf Ressourcenmanagement in der Wasserwirtschaft. Anmeldeschluss ist der 15. Juni 2025.