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Kuwait steigert Projektvergabe um 33 Prozent – Energiesektor vorn
Kuwait investiert in Energie- und Infrastrukturprojekte. Trotz der Sparpolitik wächst die Projektvergabe 2025, getragen von milliardenschweren Großvorhaben.
26.11.2025
Von Heena Nazir | Dubai
Zwischen Januar und Oktober 2025 wurden in Kuwait Projekte im Wert von rund 9 Milliarden US-Dollar vergeben – ein Plus von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Laut MEED Projects konzentrieren sich die Investitionen zunehmend auf wenige, finanziell solide Großvorhaben. Den stärksten Zuwachs verzeichnete der Energiesektor: Mit rund 4,9 Milliarden US-Dollar und einem Anstieg um 136 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum bleibt er die wichtigste Branche für Investitionen.
Das größte Projekt ist das Az-Zour North IWPP, eines der zentralen Infrastrukturvorhaben des Landes. Es soll Kuwaits Strom- und Wasserversorgung langfristig sichern. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (Public-Private-Partnership, PPP) durch die Kuwait Authority for Partnership Projekts (KAPP) in Zusammenarbeit mit dem Ministry of Electricity, Water and Renewable Energy (MEWRE). Die geplante Anlage soll eine Stromkapazität von rund 2.700 Megawatt und eine Leistung von rund 545.000 Kubikmetern entsalztem Wasser pro Tag erreichen. Mit der Realisierung ist ein Konsortium unter Führung von ACWA Power (Saudi-Arabien) und der Gulf Investment Corporation (Kuwait) beauftragt.
Im Öl- und Gassektor wurden ebenfalls Erweiterungen in Förder- und Transportinfrastruktur angestoßen. Die Vergaben im Bauwesen gingen hingegen um rund 76 Prozent zurück, hauptsächlich aufgrund höherer Kosten und verschobener Prioritäten.
Hauptvergabe für großes Schienenprojekt Mitte 2026 geplant
Die Summe aller laufenden, geplanten und angekündigten Projekte in Kuwait beträgt rund 172 Milliarden US$. Das entspricht 5,7 Prozent der gesamten Projektvergaben in den arabischen Golfstaaten. Das größte derzeit geplante Infrastrukturvorhaben ist die Kuwait National Rail Road (KNRR), Phase 1. Das Projekt bildet den kuwaitischen Beitrag zum Schienennetz zwischen den Staaten des Golfkooperationsrats (GCC) und umfasst einen 111 Kilometer langen Abschnitt vom Grenzübergang Nuwaseeb bis Shadadiyah. Die Strecke ist für Güter- und Personenverkehr vorgesehen. Projektträger ist die Public Authority for Roads and Transportation (PART). Derzeit befindet sich das Vorhaben in der Designphase. Die Hauptvergabe ist für Mitte 2026 vorgesehen, die Fertigstellung für Ende 2028. Das Investitionsvolumen wird auf etwa 5 Milliarden US$ geschätzt.
Anfang 2025 wurde das türkische Ingenieurbüro Proyapi Muhendislik mit der Detailplanung beauftragt. Parallel arbeitet ein Joint Venture aus Dornier Consulting (Deutschland) und Balaji Railroad Systems (Indien) an der Betriebs- und Asset-Management-Planung. Zudem werden die Ausschreibungen für die Civil-Works-Pakete und den Rolling-Stock-Bereich vorbereitet.
Nach einer Phase des Stillstands von 2018 bis 2022 scheint die baldige Umsetzung realistisch: Die Trasse ist kommunal genehmigt, das Detaildesign läuft, und die Ausschreibungsstruktur ist festgelegt, betonen Experten von MEED. Ein Projektstart 2026/27 ist damit wahrscheinlich – vorbehaltlich weiterer kurzfristiger Verzögerungen, insbesondere bei haushaltspolitischen Prioritäten zugunsten von Energie- oder Wasserprojekten.
| Projektname | Branche | Projektstatus | Projektwert (Mrd. US$) | Beschreibung |
|---|---|---|---|---|
| PART – Kuwait National Rail Road: Phase 1 (Masterplan) | Transport | Designphase | 5 | Erste Entwicklungsphase des nationalen Schienenprojekts; Aufbau eines landesweiten Bahnnetzes mit regionaler Anbindung. |
| Khafji Joint Operations – Dorra Field Development Program | Gas | Angebotsbewertung | 5 | Erschließung des Dorra-Gasfelds im Grenzgebiet zu Saudi-Arabien; Offshore- und Onshore-Infrastruktur. |
| KIPIC – Al Zour Petrochemical Complex: Package 2 | Chemie | Studie | 4 | Zweites Teilpaket des Al-Zour-Petrochemiekomplexes mit Fokus auf Raffinerieintegration und Downstream-Produktion. |
| KIPIC – Al Zour Petrochemical Complex: Package 1 | Chemie | Studie | 4 | Kernmodul des Petrochemiekomplexes in Al Zour zur Förderung der industriellen Diversifizierung Kuwaits. |
| MEW – Nuwaiseeb Power & Desalination Plant: Phase 1 | Energie / Wasser | Studie | 3,6 | Neubau eines kombinierten Gas- und Entsalzungskraftwerks im Süden Kuwaits. |
| MEW – Nuwaiseeb Power & Desalination Plant: Phase 2 | Energie / Wasser | Studie | 3,6 | Zweite Ausbaustufe des Kraftwerkskomplexes zur Versorgungssicherheit des Landes. |
| MEW – Gas-Fired Power Generation Plant (3.000 MW) | Energie | Studie | 3,6 | Bau eines gasbetriebenen Kraftwerks zur Deckung des steigenden Strombedarfs. |
| MPW – Mubarak Al-Kabeer Port Development: Phase 3 | Transport / Logistik | Angebotsbewertung | 3,2 | Ausbauphase des Tiefseehafens Mubarak Al-Kabeer zur Stärkung der maritimen Infrastruktur Kuwaits. |
| KOC – Separation Gathering Centre 3 (SGC-3) & Water Injection Plant (WIP-3) ) | Öl / Energie | Angebotsbewertung | 2,8 | Projekt der Kuwait Oil Company zur Verbesserung der Ölförderung und Wasserinjektion im Norden des Landes. |
Präsenz vor Ort und lokale Partner sind entscheidend
Für deutsche Unternehmen eröffnen sich in Kuwait Perspektiven vor allem in den Segmenten Energieeffizienz, Umwelttechnik und nachhaltige Infrastruktur. Das Emirat modernisiert seine Strom- und Wasserversorgung und setzt dabei auf internationale Technologiepartner. "Langjährige Geschäftsbeziehungen über lokale Partner oder kuwaitische Staatsfonds können den Markteintritt zusätzlich erleichtern", erläutert Florian Walther, Leiter der AHK-Repräsentanz in Kuwait, im Gespräch mit Germany Trade & Invest.
Im Zuge dieser Öffnung für internationale Expertise gewinnt auch das Modell der öffentlich-privaten Partnerschaft an Bedeutung. Seit der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes fördert Kuwait gezielt Kooperationen, bei denen privates Kapital und technisches Know-how in öffentliche Großvorhaben einfließen.
Für deutsche Unternehmen eröffnen sich dadurch Geschäftschancen – insbesondere in Projekten zur Modernisierung von Infrastruktur und Versorgungssystemen. PPP-Vorhaben bieten langfristige Verträge und verlässliche Zahlungsstrukturen. Wie solche Kooperationen in der Praxis aussehen können, zeigt die Beteiligung der WTE Wassertechnik am Umm Al Hayman Waste Water Treatment Project, einem der größten Abwasserprojekte des Landes.
Unabhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell bleibt das Marktumfeld jedoch herausfordernd. Das Genehmigungs- und Ausschreibungswesen ist häufig durch vielschichtige Verfahren und lange Entscheidungswege geprägt, berichten Branchenkenner. Auch die begrenzte Transparenz bei Projektvergaben und der hohe Anteil staatlich dominierter Auftraggeber schränken den Wettbewerb ein. Hinzu kommen Quoten zur Förderung lokaler Wertschöpfung, die für internationale Anbieter zusätzlichen Anpassungsdruck bedeuten. Gerade in einem vergleichsweise kleinen Markt wie Kuwait entscheidet daher nicht allein die technische Qualität, sondern vor allem lokale Präsenz, persönliches Vertrauen und Ausdauer über den langfristigen Erfolg deutscher Unternehmen.
| Aspekt | Beschreibung |
|---|---|
| RHQ-/Präsenzpflicht für öffentliche Aufträge | Keine gesetzliche RHQ-Pflicht; lokale Präsenz oder Joint Venture mit kuwaitischen Partnern bei Großprojekten empfohlen. |
| Zentrale Vergabestellen | Central Agency for Public Tenders (CAPT) – zentrale staatliche Vergabestelle für alle Ministerien und staatlichen Unternehmen. |
| Typische Vergabeverfahren | Klassische Ausschreibungen nach dem Public Tenders Law No. 49 of 2016; sowohl papierbasierte als auch elektronische Verfahren in Nutzung. |
| Besonderheiten für ausländische Anbieter | Registrierung bei CAPT erforderlich; ausländische Unternehmen benötigen meist einen lokalen Agenten. Teilweise Staatsbeteiligung bei Infrastruktur- oder Energieprojekten. |
| Lokalisierungsquote / Local Content | Keine feste Quote; laut Ministry of Commerce & Industry Zielgröße von rund 30 % lokalem Material- und Arbeitsanteil bei Großprojekten. |
Erfolgsfaktoren für deutsche Unternehmen
- Energie bleibt zentral – besonders Raffinerien und Gas:
Die Kuwait Oil Company (KOC) und Kuwait Integrated Petroleum Industries Company (KIPIC) investieren in Upstream- und Downstream-Projekte. Chancen bestehen für deutsche Ausrüster, sowie Anbieter von Sicherheits- und Automatisierungstechnik, die Anlagenmodernisierungen unterstützen. - Bürokratie und langsame Entscheidungswege:
Der Markt ist politisch fragmentiert, Genehmigungsprozesse dauern oft länger als in anderen arabischen Golfstaaten. Ausschreibungen erfolgen streng nach staatlichen Protokollen über das Central Agency for Public Tenders (CAPT). Erfolgreich sind Anbieter, die lokale Partner mit Verwaltungserfahrung einbinden und Geduld sowie starke Nachfassstrategie mitbringen. - Finanzielle Stabilität, aber konservative Vergabepraxis:
Kuwait verfügt über hohe Haushaltsüberschüsse, agiert jedoch risikoavers. Ohne langjährige Referenzen oder lokale Präsenz ist der Zugang schwierig.