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Markttrends

Die Projektpipeline zum Ausbau der erneuerbaren Energien und der Wasserstoffelektrolyse ist lang. Doch hängt die Umsetzung auch von Entscheidungen im Ausland ab.

Von Ullrich Umann | Casablanca

Der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung beschleunigt sich: 2027 soll die marokkanische Energiewirtschaft nach aktuellen Regierungsplänen 55 Prozent des Stroms (ohne Wasserkraft) aus erneuerbaren Quellen erzeugen. Nach den ursprünglichen Ausbauplänen sollten die Erneuerbaren erst ab 2030 in der Stromproduktion überwiegen, mit einem Anteil von 52 Prozent. Ende 2023 lag die Quote von Solar- und Windenergie am Strommix mit einer installierten Kapazität von 5.147 Megawatt noch bei 39,4 Prozent. Zum Ende des laufenden Jahres 2024 wird mit einer gesteigerten Quote von 42 Prozent gerechnet.

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neue Windparks sollen bis 2030 in Marokko entstehen. 

Doch existieren auch Hürden für den Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung. Dazu gehören die drei Kohle- und die drei Gaskraftwerke. Für deren Bau hatte die staatliche Office National de l’Electricité et de l’Eau Potable (ONEE) mit den Investoren langfristige Konzessions- beziehungsweise Langzeitabnahmeverträge (Power Purchase Agreements - PPA) abgeschlossen. Die Investoren bestehen auf der Einhaltung der Vertragslaufzeiten, die teilweise erst in den 2040er Jahren auslaufen. 

Das jüngste Kohlekraftwerk, Safi, wurde mit einer installierten Leistung von 1.386 Megawatt erst 2018 in Betrieb genommen. Es wird von der Safi Energy Company (SAFIEC), einem Joint Venture aus ONEE und der südkoreanischen Korea Electric Power Corporation (KEPCO), betrieben. Des Weiteren sind die Kohlekraftwerke Jorf Lasfar (2.056 Megawatt, im Besitz der Abu Dhabi National Energy Company - Taqa Marocco) und Mohammedia (300 Megawatt, ONEE) sowie die Gaskraftwerke Ain Beni Mathar (470 Megawatt, gebaut von der spanischen Abener Energia, in Konzession durch ONEE), Tahaddart (384 Megawatt, ONEE) sowie Tit Mellil (200 Megawatt, ONEE) am Netz.

In der Praxis bedeuten die langfristigen Verpflichtungen im Bereich der fossilen Stromerzeugung, dass, sobald der nationale Strombedarf durch den Ausbau der erneuerbaren Energien gesättigt ist (derzeit muss Marokko Strom über ein Unterseekabel aus Spanien importieren), ein weiterer Ausbau von Wind- und Solarenergie bis zum Ende der Vertragslaufzeiten in Kohle- und Gaskraftwerken nur unter bestimmten Voraussetzungen wirtschaftlich und finanziell sinnvoll ist: Eine Voraussetzung wäre, überschüssigen Ökostrom zur Elektrolyse von grünem und exportfähigem Wasserstoff nutzen zu können. Eine weitere wäre, den überschüssigen Ökostrom in ausländische Märkte zu leiten.

Unterseekabel für Ökostrom nach Großbritannien

Letztes bahnt sich unter dem Projekttitel Xlinks an, bei dem vier 3.800 Kilometer lange Unterseekabel mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungstechnik (HGÜ-Unterseekabel) nach Großbritannien verlegt werden. Der Investitionswert wird mit 20 Milliarden britischen Pfund angegeben. Eigens gründeten die britische Octopus Group gemeinsam mit der Abu Dhabi National Company TAQA für 30 Millionen britische Pfund das Unternehmen Xlinks First-Limited und dessen örtlichen Ableger Xlinks Morocco. Xlinks plant, 3,6 Gigawatt nachhaltigen Strom für durchschnittlich 20 Stunden pro Tag nach Großbritannien zu liefern.

Um eine konstante Einspeisung des Ökostroms in die Kabel zu gewährleisten, investiert XLinks Morocco in der Region Guelmim-Oued Noun in Solarstromkapazitäten von 7 Gigawatt, weiterhin in Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 3,5 Gigawatt sowie in eine 20GWh/5GW-Batteriefarm. Das Gesamtprojekt soll bis 2030 betriebsbereit sein und anschließend 7 Millionen Haushalte versorgen. Das Essener Unternehmen Conenergy kooperiert seit 2022 mit Xlinks, wodurch eine Weiterleitung des marokkanischem Ökostroms über Großbritannien nach Deutschland eine Option wäre. Medienberichten zufolge hat inzwischen der chinesische Hersteller von Unterseekabeln, Ningbo Orient Wires & Cables, ein Angebot zur Übernahme von 11 Prozent der Anteile an Xlinks abgegeben.

Export von grünem Wasserstoff setzt europäische Abnahmeverpflichtung voraus

Ob aus dem überschüssigem Ökostrom nach 2030 auch grüner Wasserstoff für den Export erzeugt werden kann, hängt unter anderem von einer Abnahmeverpflichtung aus Europa ab. Aus öffentlich zugänglichen Informationsquellen geht nicht hervor, ob das in den europäischen Hauptstädten beziehungsweise am EU-Sitz in Brüssel erwogen wird. 

In marokkanischen Regierungskreisen spricht man beim langfristig möglichen Ausbau der grünen Stromerzeugungskapazitäten für die Elektrolyse und den Export von Wasserstoff von Größenordnungen zwischen 30 Gigawatt und 80 Gigawatt. Jedoch wäre eine belastbare Abnahmeverpflichtung für die Finanzierung und Verlegung einer Wasserstoffpipeline nach Spanien eine essenzielle Voraussetzung dafür. 

Denn Wasserstoff aus Marokko wäre auf den europäischen Märkten vom Abgabepreis her nur dann wettbewerbsfähig, wenn er per Rohrleitung über die iberische Halbinsel transportiert würde. Als Derivat per Tankschiff käme marokkanischer Wasserstoff preislich gegen die Konkurrenz aus Brasilien oder Namibia nicht an. Dies ergab eine vergleichende Studie des Fraunhofer Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE).


 

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