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Branchen | Polen | Schienenfahrzeuge

Bahnunternehmen brauchen mehr Fördergelder

Die ersten Förderzusagen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds fallen für die meisten regionalen Bahnunternehmen enttäuschend aus. Großinvestitionen gibt aber es im Fernverkehr.

Von Christopher Fuß | Warschau

Viele regionale Bahnbetriebe in Polen erhalten weniger Gelder aus dem europäischen Wiederaufbaufonds als erhofft. Die Verkehrsunternehmen brauchen die Mittel, um Züge und Lokomotiven einkaufen zu können. Das Zentrum für europäische Transportprojekte CUPT (Centrum Unijnych Projektów Transportowych) nahm Förderanträge bis Juni 2023 entgegen. Nun liegen die Ergebnisse vor.

Zwei Drittel der Antragssteller erhalten jeweils gerade einmal 31 Prozent der beantragen Fördersumme. Nur zwei Interessenten dürfen sich über den vollen Zuschuss freuen. Die Woiwodschaft Pomorskie bekommt mehr als 57,6 Millionen Euro. Dank der Förderung kann die Regionalverwaltung zehn elektrische Triebfahrzeuge im Wert von 84,4 Millionen Euro kaufen. Die Regionalbahn Koleje Dolnośląskie erhält 77,6 Millionen Euro für 20 Triebfahrzeuge im Wert von 145,6 Millionen Euro.

Vorhaben der Woiwodschaften Zachodniopomorskie, Opolskie und Małopolskie landen hingegen auf einer Reserveliste. Außerdem lehnte CUPT ein Projekt aus Mazowieckie und ein Projekt des Betreibers SKM aus Gdynia ab. Bereits 2023 gab es Hinweise, dass die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds nicht alle Projekte der Eisenbahnverkehrsunternehmen abdecken werden. Anträge im Umfang von 1,6 Milliarden Euro standen einem Budget von 502 Millionen Euro gegenüber.

CUPT-Zuschüsse für den Einkauf von Schienenfahrzeugen *)
in Millionen Euro
Antragsteller

Projektkosten

Beantragte Förderung

Genehmigte Förderung

Koleje Dolnośląskie145,677,677,6
Woiwodschaft Pomorskie84,457,657,6
Woiwodschaft Łódzkie80,454,917,3
Polregio902,1612,2192,6
Koleje Mazowieckie600,7410,2129,0
Woiwodschaft Wielkopolskie73,450,115,7
Woiwodschaft Mazowieckie165,3112,912,9
* Tabelle ohne Antragssteller, die keine Förderung erhalten.Quelle: CUPT 2024

"Diese Finanzierung wird nicht ausreichen"

Das Unternehmen Polregio äußerte sich besonders enttäuscht. Vize-Vorstand Marcel Klinowski klagte in einem Interview: "Diese Finanzierung wird nicht ausreichen." Das Bahnunternehmen mit einem der ältesten Fuhrparks in Polen hatte sich vorgenommen, 98 elektrische Schienenfahrzeuge zu kaufen. Will Polregio den Modernisierungskurs fortsetzen, müssen die Eigentümer voraussichtlich weitere Mittel bereitstellen. Polregio gehört je zur Hälfte der staatlichen Industrieagentur ARP (Agencja Rozwoju Przemysłu) und den Woiwodschaften.

Das regionale Bahnunternehmen Koleje Mazowieckie erhält rund 120 Millionen Euro für den Kauf von 65 elektrischen Triebwagen. Doch auch hier könnte es knapp werden. Bis März 2024 liefen zwei Ausschreibungen. Die einzigen Angebote kommen vom Schweizer Hersteller Stadler. Doch die Kostenvoranschläge liegen um bis zu 34 Prozent über dem Budget. Es ist nicht die einzige Herausforderung für Mazowieckie. Die Woiwodschaft hatte beim polnischen Hersteller PESA 16 Doppeltriebwagen bestellt. Allerdings zog CUPT eine Finanzierungszusage wieder zurück.

Bahnunternehmen greifen auf alternative Fördertöpfe zurück

Die Woiwodschaft Małopolskie nutzt Gelder aus den Regionalprogrammen der europäischen Kohäsionspolitik, um sechs Fahrzeuge mit jeweils knapp 100 Meter Länge beim polnischen Hersteller NEWAG zu bestellen. Es gibt eine Option für weitere 19 Züge. Ob Małopolskie die Option nutzt, nachdem CUPT keinen positiven Förderbescheid ausgestellt hat, bleibt offen. Auch die Woiwodschaft Śląskie finanziert den Kauf von Zügen über Gelder aus den regionalen EU-Programmen. Ab 2026 erhält die Region den ersten von insgesamt 26 NEWAG-Regionalzügen im Gegenwert von zusammen 302 Millionen Euro, inklusive Wartung und Instandhaltung.

CUPT wird über das kohäsionspolitische Programm FENiKS weitere 431 Millionen Euro ausschreiben. Gut möglich, dass diese Gelder dem ein oder anderen Beförderer dabei helfen, Finanzierungslücken zu schließen.

Modernisierungswelle im Schienenfernverkehr

Während die regionalen Bahnunternehmen nach Geldern suchen, rüstet sich Polens führender Personenbeförderer PKP Intercity für neue Großinvestitionen. Ende Februar 2024 bestellte das Unternehmen beim Waggonbauer H. Cegielski 300 Waggons im Wert von knapp 1 Milliarde Euro. Die Lieferfrist endet 2028.

Parallel zu diesem Auftrag veröffentlichte PKP Intercity eine Informationsanfrage (Request for information, RFI) über weitere 395 Waggons. Sie sollen für Geschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometer ausgelegt und neben Polen in sechs weiteren europäischen Ländern zugelassen sein. Im Rahmen einer RFI stellen Lieferanten ihren Produktkatalog vor. Die Angaben helfen PKP Intercity, eine Ausschreibung vorzubereiten.

Außerdem hat der Personenbeförderer 63 Mehrsystem-Lokomotiven im Wert von über 530 Millionen Euro bestellt. NEWAG wird die Fahrzeuge in mehreren Etappen ab 2026 liefern. Eine Mehrsystem-Lokomotive kann mit unterschiedlichen Netzspannungen umgehen. Das ist für internationale Fahrten wichtig, denn es gibt keinen einheitlichen europäischen Standard für das Bahnstromnetz. 

Nächster Großeinkauf von Schnellzügen steht bevor

PKP Intercity will in naher Zukunft den Kauf von 23 Schnellzügen ausschreiben. Die auf 250 Stundenkilometer ausgelegten Fahrzeuge sollen ähnliche Parameter vorweisen wie der Pendolino des französischen Unternehmens Alstom. Züge dieses Typs sind in Polen seit 2014 im Einsatz. Der Auftrag könnte einen Gegenwert von über 1,2 Milliarden Euro haben. Wie die Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna berichtet, will Siemens Mobility sein Modell Valero anbieten. Alles deutet auf einen harten Wettbewerb hin, denn voraussichtlich werden auch Stadler, Alstom oder die polnische PESA mitbieten.

Projekte können an knappen Kassen scheitern

Nicht alle Projekte von PKP Intercity enden erfolgreich. Das Unternehmen musste den Kauf von 38 Doppelstockzügen und 45 Mehrsystem-Lokomotiven im März 2024 stornieren. Zuvor wollte das Bieterkonsortium aus PESA und NEWAG ein Angebot nicht verlängern. Der Preis der Hersteller lag mit 1,9 Milliarden Euro um 31 Prozent über dem Budget von PKP Intercity. Es ist seit 2020 bereits das zweite Mal, dass dieses Vorhaben wegen knapper Kassen scheitert.

Besser könnte es für NEWAG bei einem anderen Projekt laufen. Der Hersteller ist nämlich das einzige Unternehmen, dass ein Angebot für 35 Zweikrafttriebfahrzeuge bei PKP Intercity eingereicht hat. Die Züge, die mit Strom und Dieselkraftstoff fahren, kommen auf teil-elektrifizierten Strecken zum Einsatz. Das Angebot liegt mit 782 Millionen Euro im Budget, allerdings gab es Ende März 2024 noch keinen Kaufvertrag.

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