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Schwierige Zeiten für Automatisierungsdienstleister in Polen

Trotz steigender Löhne und Fachkräftemangel sinken Polens Investitionen in die Automatisierung. Das hat mehrere Gründe. Gleichzeitig gibt es neue Wachstumssignale.

Von Christopher Fuß | Warschau

Unternehmen in Polen haben im Jahr 2024 weniger Industrieroboter installiert als im Vorjahr. Laut einer Analyse des Branchenverbandes IFR (International Federation of Robotics) sank die Zahl der Neuinstallationen gegenüber 2023 um 13 Prozent auf 2.344 Roboter. Bereits 2023 hatte es im Jahresvergleich einen Rückgang um 15 Prozent gegeben.

Polen ist kein Einzelfall: Auch die Nachbarländer Tschechien und Slowakei melden ein Minus. Der Ausreißer in der Region ist Ungarn. Dort stieg die Zahl der neu installierten Roboter auf 4.247 Stück. Das ist ein Plus von 156 Prozent. Laut IFR liegt der sprunghafte Zuwachs an Einmaleffekten, bedingt durch Investitionen der Automobilindustrie. So eröffnete BMW ein Werk in Ungarn.

Nicht alle Branchen kürzen

Industrieroboter gelten als Indikator für den Automatisierungsgrad der Industrie. Je höher die Automatisierung, desto effizienter die Produktion. In diesem Punkt liegt Polen hinter seinen Nachbarn zurück. Zwar erhöhte sich der Roboterbestand 2024 auf 81 Einheiten pro 10.000 Industriearbeiter, doch die Differenz bleibt deutlich: In der Slowakei liegt der Wert bei 210, in Tschechien bei 216. Der hohe Automatisierungsgrad hängt mit der starken Rolle der Automobilindustrie in beiden Ländern zusammen.

Ein kleiner Lichtblick: Industriezweige, die früher wenig in Automatisierung investierten, scheinen umzudenken. So stieg die Zahl der Neuinstallationen in Polens Lebensmittelindustrie sowie in der holzverarbeitenden Industrie, darunter bei den Möbelherstellern. Diese Firmen stehen durch billige Importe aus Asien unter Druck. Eine mögliche Antwort auf die Konkurrenz liegt im Automatisieren von Prozessen.

Grzegorz Chmura, Geschäftsführer der Firma Automationstechnik Sp. z o.o. aus Krakau sieht noch eine weitere Branche im Aufwind: "Neue Impulse kommen auch aus der Rüstungsindustrie", erklärt er gegenüber Germany Trade & Invest (GTAI). "Allerdings sind die Einstiegsbarrieren sehr hoch, vor allem aufgrund komplexer Zertifizierungsprozesse", so Chmura.

Schwache Auslandsmärkte belasten Polens Firmen

Der Rückgang der Neuinstallationen von Industrierobotern hat mehrere Ursachen. Laut der staatlichen Denkfabrik Polnisches Wirtschaftsinstitut PIE (Polski Instytut Ekonomiczny) investieren vor allem Unternehmen mit internationalem Kapital in die Automatisierung. Allerdings schrumpft der jährliche Zufluss ausländischer Direktinvestitionen (FDI) nach Polen. So meldet Polens Zentralbank NBP ein Minus von 52,7 Prozent im Jahr 2024. Sinkende FDI bedeuten weniger Mittel für Automatisierung.

Die zweite große Kundengruppe für Industrieroboter sind laut PIE exportorientierte Unternehmen. Doch die Konjunkturschwäche auf westeuropäischen Absatzmärkten, allen voran Deutschland, macht den polnischen Firmen zu schaffen. Das bestätigt Ewa Mikos, Leiterin der Geschäftsentwicklung bei Siemens Polska. "Wenn sich die deutsche Wirtschaft erholt, werden die Exporte aus Polen wieder steigen, und polnische Unternehmen werden mehr Möglichkeiten haben zu investieren", so Mikos gegenüber GTAI.

Förderprogramm mit ungewisser Zukunft

Polens Regierung wollte Unternehmen dazu bewegen, stärker in Robotik und moderne Maschinen zu investieren. Zu diesem Zweck führte sie 2022 eine neue Steuerregel ein: Für jeden Euro, den ein Unternehmen in Roboter investiert, kann es 1,50 Euro steuerlich geltend machen. Doch es gibt mehrere Haken.

Der Steuernachlass gilt nur bis Ende 2026. Außerdem erfolgt die Entlastung nicht sofort. Statt die Kosten direkt abzuziehen, müssen Unternehmen die Investitionen über mehrere Jahre abschreiben. Sie können jährlich nur einen Teil der Kosten steuerlich geltend machen. In der Praxis bedeutet das: Investiert ein Unternehmen 250.000Euro in Roboter, spart es laut Arbeitgeberverband Lewiatan lediglich 4.250Euro pro Jahr zusätzlich an Steuern.

Ein weiteres Problem sieht Ewa Mikos von Siemens Polska bei der Definition des Begriffs Roboter durch die Steuerbehörden: "Es kam vor, dass Investitionen in Roboter, die beispielsweise in der Logistik zum Verpacken eingesetzt wurden, in Frage gestellt wurden, weil die Maschinen nicht in der Produktionslinie zum Einsatz kamen", erklärt Mikos. 

Immerhin: Mehrere Gerichte in Polen haben entschieden, dass Unternehmen die Kosten für Roboter auch direkt abziehen dürfen, ohne jahrelange Abschreibungen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Gleichzeitig liegt ein Gesetzesentwurf im polnischen Parlament, der den Steuernachlass zeitlich unbegrenzt verlängern würde. Automatisierungsdienstleister würden eine solche Fortsetzung begrüßen: "Ein Verlängerung ist dringend erforderlich", betont Grzegorz Chumra von Automationstechnik Sp. z o. o.

Dienstleister bleiben optimistisch

Trotz der schwierigen Marktlage sieht der internationale Roboterverband IFR Anlass zur Hoffnung: "Die Nachfrage nach Robotern dürfte sich ab 2025 beschleunigen", schreibt der Verband. So werden laut IFR die für Polen sehr wichtigen EU-Fördergelder die Nachfrage nach Robotern ankurbeln.

Ausschreibungen für EU-Gelder stoßen weiterhin auf Interesse. Unternehmen aus Ostpolen konnten Zuschüsse für Roboterinvestitionen beantragen. Obwohl die zuständige Industrieagentur PARP das Budget aufgrund der Nachfrage auf rund 50 Millionen Euro verdoppelte, lag der Gesamtwert der eingereichten Anträge immer noch mehr als dreimal so hoch.

Es müssen nicht immer Zuschüsse sein. Ewa Mikos von Siemens Polska sieht, dass zinsgünstige Kreditprogramme in einigen Fällen sogar beliebter sind. Der Grund ist die schnellere Bearbeitungszeit von Anträgen: "Unternehmen müssen nicht lange auf die Entscheidung über die Förderung warten und können ihre Investitionsvorhaben schneller umsetzen", sagt sie.

Automatisierung bleibt ein zentrales Thema für Polens Industrie. "Wir sehen großes Wachstumspotenzial in der Intralogistik, insbesondere bei autonomen mobilen Robotern (AMR)", bestätigt der Geschäftsführer von Automationstechnik Sp. z o.o. Grzegorz Chmura.

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