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Wirtschaftsumfeld | Polen | Investitionsklima

Polen verliert Investoren – doch Zukunftsbranchen bauen aus

Ausländische Direktinvestitionen in Polen sind erneut gesunken. Mehrere Projekte wurden gestoppt. Doch es gibt auch gegenläufige Beispiele.

Von Christopher Fuß | Warschau

Der Standort Polen steht unter Druck. Mehrere Investoren haben ihre Projekte pausiert oder abgesagt. Im Oktober 2025 stoppte der dänische Windkraftanlagenhersteller Vestas den Bau einer Rotorblattfabrik nahe der Hafenstadt Szczecin. Grund sei die schwache Nachfrage auf globalen Märkten, schreibt die Nachrichtenagentur PAP.

Auch der deutsche Bosch-Konzern legt ein Projekt auf Eis: Für 280 Millionen Euro sollte im südostpolnischen Dobromierz eine Fabrik für Wärmepumpen entstehen. Allerdings wachse die Nachfrage nach Wärmepumpen in Europa langsamer als erwartet, so Bosch-Sprecherin Magdalena Kołomańska gegenüber polnischen Medien.

Der US-Konzern Intel hat seine geplante Chip-Veredelung bei Wrocław sogar ganz gestrichen. Das Werk sollte gemeinsam mit einer Fabrik in Deutschland den Chipstandort Europa stärken. Absatzschwäche und Sparzwang bei Intel führten im Juli 2025 zum Aus des Vorhabens.

Lohnkostenvorteile verlieren an Bedeutung

Die Beispiele stehen für einen übergeordneten Trend: Laut polnischer Nationalbank NBP gingen die ausländischen Direktinvestitionen 2024 um 52,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück – auf 13,1 Milliarden Euro. Auch deutsche Investitionen sanken um 8 Prozent auf rund 2,1 Milliarden Euro.

Für exportorientierte deutsche Unternehmen ist das keine gute Nachricht. Internationale Ansiedlungen in Polen sind oft mit Investitionen in moderne Maschinen verbunden - auch aus Deutschland. Bleiben diese aus, sinkt die Nachfrage nach deutscher Industrieausrüstung.

Der polnische Thinktank PIE führt den Rückgang der Direktinvestitionen auf externe Faktoren zurück, darunter die schwache Konjunktur in westeuropäischen Absatzmärkten. Doch es gibt weitere Gründe: Steigende Arbeitskosten und hohe Energiepreise verringern die Attraktivität Polens, "insbesondere für Unternehmen, deren Hauptmotiv die Kostenoptimierung und niedrige Löhne sind", schreibt PIE in einem Bericht. Tatsächlich ist der nominale Durchschnittslohn in Polen zwischen 2019 und 2024 um 66,4 Prozent gestiegen.

Luftfahrt und E-Mobilität: Technologieintensive Branchen investieren in Polen

Doch der Wandel des Standortprofils eröffnet auch Chancen – insbesondere für technologieintensive Branchen. Beispiel Luftfahrt: XEOS, ein Joint Venture von Lufthansa Technik und GE Aerospace, eröffnete im März 2025 ein Wartungszentrum für Flugzeugtriebwerke bei Wrocław. Christian Seitler, Serviceleiter bei Lufthansa Technik, erklärte zur Eröffnung: "Diese moderne Anlage ergänzt unsere Infrastruktur für die Wartung von Triebwerken in Hamburg perfekt."

Auch andere deutsche Unternehmen investieren gezielt in Zukunftstechnologien. Volkswagen erweitert sein Werk in Września bei Poznań um zwei weitere Hallen. Dort soll ab 2027 der Transporter Crafter als vollelektrisches Fahrzeug vom Band rollen. Stefanie Hegels, Vorstandsvorsitzende von Volkswagen Poznań, betont: "Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung Elektromobilität. Wir stärken unsere Position als Hersteller und erhöhen die Zukunftssicherheit unserer Arbeitsplätze."

Überhaupt zieht Polen Investoren aus der Elektromobilität an. Das US-Unternehmen Ascend Elements plant, Batterien von Elektrofahrzeugen zu recyceln. Die daraus gewonnenen Rohstoffe, sogenannte Vorläufermaterialien für Kathodenaktivstoffe (pCAM), sollen erneut in die Batterieproduktion wandern. Das polnische Wirtschaftsministerium hat dem Projekt Fördermittel in Höhe von über 300 Millionen Euro zugesagt. Ein konkreter Standort für die Investition war im Oktober 2025 jedoch noch nicht bekannt.

Auch asiatische Hersteller investieren: Voraussichtlich 2026 nimmt ein Werk des chinesischen Produzenten für Batteriekomponenten JD Energy Europe in Konin den Betrieb auf. Hauptkunde wird laut Stadtverwaltung Konin ein Unternehmen in Ungarn sein. Dort haben sich unter anderem der chinesische Batteriekonzern CATL und der Autobauer BYD angesiedelt.

Rüstungsbranche setzt auf Joint Ventures

Neben der Elektromobilität entwickelt sich die Verteidigungsindustrie zu einem Investitionsmagnet. Kein NATO-Mitglied gibt gemessen an seiner Wirtschaftskraft mehr für Verteidigung aus als Polen. Das Land will nicht nur Rüstungsgüter importieren, sondern technologisches Know-how im eigenen Land aufbauen – bevorzugt über Joint Ventures, auch mit deutschen Partnern.

So unterzeichnete der Rüstungskonzern Rheinmetall im Oktober 2025 eine Absichtserklärung mit der staatlichen polnischen Rüstungsfirma PGZ. Beide Partner planen ein gemeinsames Zentrum zur Produktion von Unterstützungsfahrzeugen, darunter Bergepanzer und Brückenlegefahrzeuge. Als mögliche Produktionsstandorte gelten zwei Werke von PGZ-Tochterfirmen in Poznań. Ähnliche Absichtserklärungen für andere Rüstungsgüter hat PGZ mit Partnern aus Skandinavien, den USA und Südkorea unterzeichnet.

Weitere Informationen über die Investitionsförderung in Polen finden Sie in unserer Übersicht zu Fördermaßnahmen.

Nicht nur die Industrie schaut nach Polen

Auch Polens steigende Bedeutung als Absatzmarkt zieht ausländische Direktinvestitionen nach sich. Standortberater Leo Mausbach von der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer (AHK Polen) beobachtet diesen Trend: "Neben der klassischen Rolle als Produktionsstandort wird Polen für den Vertrieb vieler deutscher Unternehmen immer relevanter. Wir sehen, dass deutsche Firmen zunehmend Vertriebsniederlassungen in Polen gründen wollen."

Es gibt einen weiteren Trend, der die Investitionslandschaft in Polen verändert: Die Bedeutung des Dienstleistungssektors nimmt rasant zu. Laut der polnischen Nationalbank NBP entsprachen ausländische Direktinvestitionen in Dienstleistungsbranchen im Jahr 2019 nur 37,6 Prozent aller ausländischen Investitionszuflüsse. Bis 2024 stieg dieser Anteil auf über 60 Prozent. Zu den wichtigsten Investitionszielen zählen Forschungszentren, Bürokomplexe für unternehmensnahe Dienstleistungen und IT-Entwicklungshubs.

Deutsche Unternehmen sind Teil dieses Trends: Rewe, DM und Vaillant haben Software-Tochterfirmen in Polen gegründet. Ein zentrales Argument ist die Verfügbarkeit von Fachkräften. In keinem anderen Land Ostmitteleuropas schließen jährlich so viele IT-Spezialisten ihr Studium ab wie in Polen.

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