Wirtschaftsumfeld | Rumänien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Ein höherer Mindestlohn zwingt die Unternehmen zu Lohnerhöhungen. Insgesamt sind die Personalkosten in Rumänien im EU-Vergleich aber noch vergleichsweise niedrig.
11.07.2025
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Rumänien ist derzeit innerhalb der EU das Land, in dem die Arbeitskosten vergleichsweise am stärksten steigen. Im Zeitraum Januar bis März 2025 wuchsen die Arbeitskosten pro Stunde im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16,1 Prozent, berichtet Eurostat. Im EU-Durschnitt liegt das Wachstum der Arbeitskosten im Berichtszeitraum bei nur 4,1 Prozent. Und diese Entwicklung wird weiter anhalten.
Darauf deuten folgende Faktoren hin: Erstens erwarten Unternehmen weitere Steuererhöhungen durch die von der neuen Regierung verkündeten Steuerreformen. Zweitens schiebt ein gestiegener, gesetzlich festgelegter Mindestlohn das Lohnwachstum in Rumänien an. Drittens befeuert der Fachkräftemangel das Lohnwachstum weiter.
Lohndruck wird bestehen bleiben
Die rumänische Regierung hat zum 1. Januar 2025 eine erneute Erhöhung des Mindestlohns um 350 Lei (circa 70 Euro) auf 4.050 Lei (circa 810 Euro) beschlossen. Damit steigt der Lohn innerhalb eines halben Jahres um 9,5 Prozent. Erst im Juli 2024 hatte die Regierung den Mindestlohn um 500 Lei (ungefähr 100 Euro) auf 3.700 Lei (circa 740 Euro) anhoben.
Die EU fordert grundsätzlich eine Reform des Mindestlohns, um im Gegenzug weitere EU-Fördergelder an die rumänische Regierung auszuzahlen. Dies bedeutet, dass der Lohndruck bestehen bleibt. Aber die Anpassungen werden für Unternehmer berechenbarer werden. Denn die Höhe des Mindestlohns wird eine gesetzlich verankerte Formel festlegen und nicht mehr nur ein einzelner Regierungsbeschluss, wie bisher. Unternehmen können somit künftig besser ihre Jahresbudgets planen.
Die Regierung steht nun vor der Aufgabe, gemeinsam mit Sozialpartnern und Wirtschaftsvertretern eine geeignete Formel zu entwickeln, um den Mindestlohn an die EU-Richtlinie anzupassen, ohne dabei eine Lohn-Preisspirale auszulösen. Die Formel wird Kriterien wie die Inflationsrate, die Kaufkraft, die Produktivität und die Lohnentwicklung berücksichtigen.
der Erwerbstätigen in Rumänien verdienten 2024 den Mindestlohn - in Deutschland sind es 15,9 Prozent. Quellen: Arbeitgeberverband Concordia, Statistisches Bundesamt 2025
Ein stabiler Mindestlohn kann langfristig den Wohlstand und die Kaufkraft in Rumänien steigern. Allerdings erhalten 35 Prozent der Beschäftigten dort den Mindestlohn, was im europäischen Vergleich sehr hoch ist, berichtet der Arbeitgeberverband Concordia. Daher finden es manche Arbeitgeber wenig ansprechend, den Mindestlohn auf gesetzlicher Basis zu erhöhen.
Für Baubranche gilt eigener Mindestlohn
Arbeitnehmer erhalten seit der jüngsten Mindestlohnerhöhung ein monatliches Nettogehalt von 2.575 Lei (ca. 517 Euro). Dabei profitieren sie von einer im Rahmen des Mindestlohns festgelegten Steuerbefreiung in Höhe von 200 Lei (ca. 40 Euro). Im Zuge der jüngsten Erhöhung des Mindestlohns fordern rumänische Unternehmer, diesen Betrag auf 400 Lei anzuheben. Ob die Regierung dem zustimmt, ist jedoch fraglich.
In der Baubranche, inklusive Unternehmen, die im Bereich Architektur, Ingenieurwesen und technische Beratung tätig sind, gilt vom 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2028 ein höherer Mindestlohn von 4.582 Lei. Die Nichteinhaltung des Mindestlohns wird als Ordnungswidrigkeit betrachtet.
Höchste Gehälter werden in der IT-Branche gezahlt
Im Jahr 2024 erlebte Rumänien ein dynamisches Lohnwachstum. Die durchschnittlichen Arbeitskosten pro Stunde, einschließlich Sozialversicherung und Steuern, stiegen gegenüber 2023 von 11 Euro auf 12 Euro pro Stunde an. Dies ist auf den Fachkräftemangel und die Anpassungen des Mindestlohns zurückzuführen. Unternehmer erwarten, dass die Löhne weiter steigen werden, da der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte zunimmt.
Durchschnittlich verdienten rumänische Arbeitnehmer im Jahr 2024 brutto 1.761 Euro monatlich. Die höchsten Gehälter werden in der IT-Branche gezahlt, wo Angestellte durchschnittlich gut 3.000 Euro brutto monatlich erhalten. Für den privaten Sektor prognostiziert die rumänische Regierung jährliche Lohnsteigerungen von 6 bis 10 Prozent.
Staatsbedienstete erhalten pro Monat im Schnitt 5.300 Lei netto, umgerechnet 1.081 Euro. Ein höheres Gehalt im öffentlichen Sektor bedeutet aber nicht, dass der öffentliche Dienst produktiver ist. Der Staat gibt rund 26 Prozent seines Haushalts für Lohn- und Pensionszahlungen aus. Aktuell beschäftigt der rumänische Staat 1,2 Millionen Menschen. Die Regierung plant indes, 20 Prozent der Stellen im Verwaltungsaufbau zu streichen und Personal durch Digitalisierung einzusparen.
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 1.891 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 1.461 |
Verarbeitendes Gewerbe | 1.750 |
Strom-, gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 2.985 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 1.500 |
Baugewerbe | 1.647 |
Groß und Einzelhandel, Reparatur von Kfz | 1.709 |
Transport und Lagerhaltung | 1.870 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 1.117 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 3.705 |
Finanz- und Versicherungswesen | 3.573 |
Position | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 1.891 |
Führungskraft | 8.690 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 2.175 |
Techniker:in in der IT-Branche | 3.100 |
Unterstützende Bürokraft | 1.154 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 885 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 900 |
Handwerker:in | 1.196 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 1.220 |
Hilfskraft | 912 |
Gehalt zahlen die meisten Unternehmen in Landeswährung
Bei Vorstellungsgesprächen wird über Vergütungen viel offener gesprochen und verhandelt als in Deutschland. Üblicherweise werden Nettogehälter ausgehandelt. Die meisten Firmen legen dabei das Gehalt in Euro fest, zahlen es jedoch in Lei. Bei Führungspositionen kann es zu Abweichungen kommen. Leistungsboni und andere Vergünstigungen sind abhängig von der finanziellen Lage des Arbeitgebers. Weitere Leistungen, die Unternehmen anbieten können, sind etwa Lebensmittel- oder Restaurantgutscheine.
Sozialversicherungsbeiträge: Bruttolöhne entsprechen Personalkosten
Seit Anfang 2018 werden die Arbeitnehmeranteile überwiegend auf den Arbeitgeber übertragen. Die Bruttolöhne entsprechen so weitestgehend den vollen Personalkosten. Die Einkommensteuer beträgt seit dem 1. Januar 2018 nur noch 10 statt 16 Prozent. Die Bemessungsgrundlage entspricht dem Mindestlohn (umgerechnet 810 Euro).
Rentenversicherung (Arbeitnehmeranteil) 2) | 25 |
Krankenversicherung (Arbeitnehmeranteil) 2) | 10 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 2,25 |
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 4 für besondere Arbeitsbedingungen, 8 für spezielle Arbeitsbedingungen |