Wirtschaftsausblick | Schweiz
Schweizerische Wirtschaft überwindet die Turbulenzen von 2025
Die Wirtschaftsleistung soll 2026 um real 0,9 Prozent wachsen. Dazu tragen vor allem der Export von Dienstleistungen, die Bauinvestitionen und der private Konsum bei.
02.12.2025
Von Oliver Idem | Bonn
Top-Thema: Schockwellen der US-Zollpolitik ebben langsam ab
Als sich die Schweiz und die USA Mitte November 2025 zur Zollpolitik einigten, setzten sie einen vorläufigen Schlusspunkt unter ein chaotisches Jahr. In den ersten Monaten hatten schweizerische Unternehmen ihre Exporte in die USA eilig hochgeschraubt, um neuen Zöllen zuvorzukommen. Im August verkündete die US-Regierung dann tatsächlich 39 Prozent Zollsatz auf wesentliche schweizerische Ausfuhrgüter. Nicht nur bei den Exporteuren von Maschinen und Uhren brachen daraufhin Stimmung und Aussichten ein.
Mit der Absichtserklärung vom November erhält die Schweiz mit einem Zusatzzoll in Höhe von maximal 15 Prozent bei US-Exporten eine weitreichende Gleichbehandlung mit der EU. Einzelheiten sind noch in Arbeit, doch schon jetzt ist deutliche Erleichterung spürbar. Das US-Geschäft ist für die Schweiz so wichtig, weil jeder sechste Franken aus dem schweizerischen Export auf die Vereinigten Staaten entfällt.
Wirtschaftsentwicklung: In kleinen Schritten weiter aufwärts
Die Wirtschaftsleistung der Schweiz wächst seit mehreren Jahren um real 1 bis 1,5 Prozent pro Jahr. Dabei ergänzen sich eine resiliente Binnenwirtschaft und Impulse durch Exporte.
Die Bauwirtschaft belebt mit steigenden Investitionen die Konjunktur in der Schweiz. Die Aktivitäten im Hoch- und Tiefbau sollen laut Prognosen des KOF Institut ETH Zürich (früher Konjunkturforschungsstelle KOF) im Jahr 2026 für eine reale Zunahme der Bauinvestitionen um 1,8 Prozent sorgen. Damit würde auf das unerwartet schwache Jahr 2025 mit minus 0,1 Prozent die direkte Trendwende folgen.
An Aufgaben mangelt es im Bausektor nicht: Im Infrastrukturbau gehören der Erhalt, Ausbau und die Modernisierung der Bahninfrastruktur zu den stets brummenden Investitionsmotoren. In der Energiewirtschaft setzt die Schweiz auf den Ausbau erneuerbarer Energien. Im Gebäudebau sind nachhaltige Materialien und Energieeffizienz weiterhin stark nachgefragt. Neben dem Neubau spielen Modernisierungen eine wichtige Rolle.
Zu den Unsicherheitsfaktoren für die schweizerische Wirtschaft zählt die Auslandsnachfrage, üblicherweise die der wichtigen Handelspartner Deutschland und Frankreich. Im Inland hemmten steigende Kosten und ein zunehmender Verwaltungsaufwand die Konjunktur, kritisieren schweizerische Unternehmen.
Konsum: Privater Verbrauch stützt auch 2026 die Konjunktur
Der private Konsum bleibt eine stabile Stütze der Konjunktur. Das KOF Institut rechnet für 2026 mit einem erneuten Wachstum des Verbrauchs um real 1,4 Prozent.
Ein Treiber dafür ist die Migration in Wirtschaftszweige mit Arbeitskräftebedarf, die zu einer leicht steigenden Bevölkerungszahl beiträgt. Der Beschäftigungsstand und die Einkommen bleiben auf einem hohen Niveau und sorgen für finanziellen Spielraum der meisten Haushalte. Der beträchtliche Außenwert des Franken sorgt zudem für günstige Preise von Importgütern.
Die Inflation steigt zwar leicht, allerdings dürfte die Teuerung weiterhin deutlich unter einem Prozent verharren. Ein erwarteter leichter Anstieg der Arbeitslosenquote schlägt sich noch nicht in einem langsameren Konsumwachstum nieder. Die schweizerische Nationalbank berichtete im September 2025 lediglich davon, dass im Einzelhandel die Nachfrage nach günstigeren Produkten zulegte.
Ausrüstungsinvestitionen brauchen Zeit, um wieder zu wachsen
Die schwierigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen wirken 2025 und 2026 gegenüber den Vorjahren dämpfend auf die Ausrüstungsinvestitionen. Obwohl das Hochlohnland Schweiz auf ständige Innovationen und Investitionen angewiesen ist, üben viele Unternehmen Zurückhaltung. Im Umfeld aus Nachfrageschwäche bei wichtigen Außenhandelspartnern und widersprüchlichen Signalen aus der Zollpolitik wurden viele Investitionspläne verschoben. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO geht erst 2027 von einer spürbaren Zunahme in Höhe von 2,1 Prozent aus.
Wenn exportorientierte Unternehmen in der Schweiz investieren, dann vor allem in die Optimierung ihrer dortigen Produktion. Aufgrund des Kostenniveaus in der Schweiz ist der technologische Vorsprung entscheidend, um international konkurrenzfähig zu bleiben.
Die schweizerische Nationalbank beobachtet viel Dynamik bei Cybersicherheitsanwendungen und erheblichen Bedarf an Leistungen von Unternehmensberatungen.
Deutsche Perspektive: Sicherer Hafen in der Nachbarschaft
Aus deutscher Sicht ist die Schweiz weiterhin das achtwichtigste Lieferland und der neuntwichtigste Absatzmarkt. Der Warenaustausch zwischen beiden Ländern sinkt allerdings seit 2022 leicht. Gravierendes dürfte sich daran 2026 nicht ändern: Das Wirtschaftsministerium SECO erwartet einen Rückgang der schweizerischen Exporte insgesamt um 0,5 Prozent sowie der Importe um 1,0 Prozent.
Insbesondere in weltwirtschaftlich ungewissen Zeiten kann die Schweiz dennoch ihre Stärke als sicherer Hafen mit stabilen Verhältnissen und großer Verlässlichkeit ausspielen. In unmittelbarer Nachbarschaft gelegen bietet das Partnerland deutschen Unternehmen Lieferchancen für innovative Waren und Dienstleistungen sowie Kooperationschancen bei Zukunftstechnologien.
Eine ähnliche Branchenstruktur und die zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen bieten Anknüpfungspunkte. Über besonderes Potenzial verfügen beispielsweise die Automatisierung, Robotik und Cybersicherheit. Gleiches gilt für personalisierte Medizin und digitale Gesundheitslösungen.
An erneuerbaren Energien und der Netzintegration forschen insbesondere kleinere und mittelgroße Unternehmen aus dem In- und Ausland, die Kreislaufwirtschaft gewinnt an Bedeutung. Effiziente und klimafreundliche Mobilität steht zudem im Fokus vieler Akteure in der Schweiz.
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