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Branche kompakt | Slowakei | Automobilsektor

Markttrends

Die meisten produzierten Fahrzeuge werden exportiert. Mit dem Verbot von neuen Verbrennern ab 2035 auf vielen Märkten muss die Transformation zur emissionsarmen Mobilität gelingen.

Von Miriam Neubert | Bratislava

42 %

der slowakischen Exporte entfallen auf die Kfz-Industrie.

Die slowakische Volkswirtschaft ist in hohem Maße auf die Herstellung von Pkw konzentriert. Im Jahr 2022 bestimmte die Fertigung von Kraftfahrzeugen und -teilen die Hälfte der Industrieproduktion und 42 Prozent der Warenexporte, meldete der slowakische Verband der Automobilindustrie ZAP SR. Die Zahl der Mitarbeitenden stieg an, wobei 176.000 Menschen direkt in der Autoindustrie beschäftigt sind. Unter Einschluss der abhängigen Bereiche sind es 261.000. Damit steht fast jeder zehnte Arbeitsplatz im Land in einem Bezug zu der Branche. Mit einer Produktion von 184 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner steht die Slowakei weltweit an der Spitze. Es ist kein Zufall, dass das Autoland zu den EU-Staaten gehört, die sich gegen den Entwurf der geplanten Abgasnorm Euro-7 aussprechen, wie ihn die Europäische Kommission vorgelegt hat. 

Der Großteil der circa 1 Million Fahrzeuge, die jährlich produziert werden, geht in den Export. Da der überwiegende Teil der Schlüsselmärkte ab 2035 neue Pkw mit Verbrennungsmotoren verbieten will, muss der Schritt zur emissionsarmen Mobilität erfolgreich sein - auf Seite der Produktion wie auf Seite der Kunden. 

Hersteller bauen mehr Hybridfahrzeuge

Laut einer Analyse des zum Finanzministerium gehörenden Instituts für Finanzpolitik folgt die Slowakei mit einer wachsenden Produktion von Hybriden dem internationalen Nachfragetrend: In den ersten Monaten 2023 näherte sich der Exportwert hybrider Fahrzeuge stark dem der Benziner an. Bei den batterieelektrischen Autos liege das Land aber zurück. Doch könne die aktuelle Produktionsumstellung bei Stellantis die Lage ändern, ebenso perspektivisch das geplante Werk von Volvo Cars, das ausschließlich elektrische Fahrzeuge herstellen will. 

Verluste, die in der slowakischen Zulieferindustrie durch das Ende des Verbrennungsmotors zu erwarten sind, könnten nach Ansicht von Experten durch die Entwicklung einer Batterieindustrie kompensiert werden. Bislang hat das Land keine Gigafabrik für eine Batteriezellproduktion anziehen können. Noch steht die Standortentscheidung für ein Giga-Batteriezellwerk des Volkswagen-Konzerns in Mittelosteuropa aus. Slowakischen Medienberichten zufolge soll auch Porsche nach einem Standort in Europa Ausschau halten. Die Ansiedlung von Volvo Cars könnte weitere Anreize schaffen. 

Kleinere Projekte gibt es. Porsche Smart Battery Shop investiert 195 Millionen Euro in eine Montage von Batteriemodulen in Horná Streda. Die slowakische Gesellschaft InoBat Auto will eine bereits mehrere Jahre angekündigte Pilotanlage für Batteriezellen mit 45 Megawattstunden nun Anfang 2024 eröffnen.

Autohandel mit wachsendem Geschäft

Schon 2022 begann sich der slowakische Neuwagenmarkt zu erholen. Insgesamt wurden über 90.000 neue Fahrzeuge angemeldet. Das entsprach einem Zuwachs um 3 Prozent. Die Anmeldung von Pkw (Fahrzeugklasse M1) stieg nach Angaben des Slowakischen Verbandes der Automobilindustrie ZAP SR um 4 Prozent auf 78.840 Einheiten. Das lag zwar um fast ein Viertel unter den Werten des Spitzenjahres 2019. Es war aber ein erster Schritt aus dem Tal. Der Trend setzt sich 2023 fort: im 1. Halbjahr wurden etwa 45.500 neue Pkw registriert, fast 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Anders als im Jahr zuvor werden die Hersteller nicht mehr durch Versorgungsengpässe in ihrer Produktion gebremst und können wieder rascher auf die positive Nachfrage reagieren.

Die Umsätze im Einzelhandel ohne den Autoverkauf gaben in den ersten fünf Monaten um circa 6 Prozent nach, weil Inflation und Reallohnverluste den Verbrauch zurückwarfen. Im Autohandel aber nahmen sie um 17 Prozent zu.   

Absatz von Kfz in der Slowakei (Stückzahl, Veränderung in Prozent)

Kategorie

2021

2022

1. Halbjahr 2023

Veränderung 1. Halbjahr 2023/1. Halbjahr 2022

Pkw (M1)

75.700

78.841

45.457

13,8

Leichte Nutzfahrzeuge (N1)

8.252

7.679

4.181

-5,4

Lkw (N2, N3)

2.868

3.160

2.216

36,4

Busse (M2, M3)

529

394

273

75,0

Quelle: ZAP SR 2023; Motofocus.sk 2023

Im Übergang punkten Hybride

Unter den Pkw-Neuanmeldungen haben die mit Benzinmotoren den größten Anteil. Doch ist dieser im 1. Halbjahr 2023 auf 49 Prozent gesunken. In der Übergangsphase vom Verbrennungsmotor zur Elektromobilität setzen viele Kunden auf hybride Fahrzeuge (HEV). Sie machten 26 Prozent des Marktes aus. Dieselfahrzeuge lagen bei 17 Prozent. 

Absatz von neuen Pkw nach Herstellern in der Slowakei (Stückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent)
Hersteller

Absatz 2021

Absatz 2022

Absatz 1. Halbjahr 2023

Veränderung 1. Halbjahr 2023/1. Halbjahr 2022

Marktanteil 1. Halbjahr 2023

Škoda

15.359

13.850

9.001

37,3

19,8

Toyota

6.057

8.283

5.263

24,2

11,6

Kia

7.718

8.931

4.880

7,0

10,7

Hyundai

8.150

9.261

4.801

-5,9

10,6

Volkswagen

7.053

6.890

3.361

-1,3

7,4

Dacia

2.741

3.728

2.302

20,6

5,1

Peugeot

3.955

3.359

1.788

30,6

3,9

Quelle: ZAP SR 2023; Motofocus.sk 2023

Appetit auf SUV hält an

Unter den Pkw-Neuanmeldungen führt als Marke unangefochten Škoda mit rund einem Fünftel der Anmeldungen. Weniger von Halbleiterproblemen geplagt, hatten die koreanischen Marken Hyundai und Kia 2022 leichteres Spiel, während andere Marken Einbußen erlitten. Das schien sich im 1. Halbjahr 2023 wieder auszugleichen. Toyota rückte an die zweite Stelle, vor Hyundai, Kia und Volkswagen. Bei den leichten Nutzfahrzeugen waren die gefragtesten Marken Renault, Fiat und Ford. 

Der Appetit auf Sport Utility Vehicles (SUV) hält an, die circa die Hälfte am Neuwagenmarkt halten. Das hat auch damit zu tun, dass inzwischen mehr als 70 Prozent der Neuanmeldungen auf kommerzielle Fahrzeughalter (Rechtspersonen) zurückgehen. 

Fahrzeugflotte altert auch durch Gebrauchte

Insgesamt waren in der Slowakei zum 1. Juli 2023 nach Angaben der Polizei über 3,6 Millionen Fahrzeuge registriert. Letztverfügbaren Zahlen des Europäischen Autoindustrieverbandes ACEA zufolge waren die slowakischen Pkw 2021 im Durchschnitt 14,3 Jahre alt, und damit fast zweieinhalb Jahre älter als in der EU. Beim Alter der leichten Nutzfahrzeuge (12,9 Jahre) und der Lkw (15,6 Jahre) ist der Unterschied weniger groß. Busse sind mit durchschnittlich 11,1 Jahren sogar eineinhalb Jahre jünger als in der EU.

Für viele Autofahrer kommt ein Neuwagen preislich nicht in Frage. Individuelle Importe bringen viele gebrauchte Fahrzeuge ins Land. Im 1. Halbjahr 2023 führte die Polizeistatistik 43.000, davon fast 32.000 Pkw. ZAP SR zufolge sind etwa ein Fünftel von ihnen älter als 15 Jahre. Das trägt zur Alterung bei. Durch eine neue Berechnung der Anmeldegebühren, die Emissionsklasse, Alter und Leistung des Fahrzeugs stärker berücksichtigt, können für weniger ökologische Fahrzeuge die Kosten auf bis zu 1.000 Euro steigen.     

Der Motorisierungsgrad nimmt zwar zu. Mit 485 Kraftfahrzeugen pro 1.000 Einwohner war er nach letztverfügbaren Zahlen von ACEA 2021 niedriger als der EU-Durchschnitt, wo es 567 waren.

 

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