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Branchen | Slowakei | Luft-, Klimaschutz

Slowakische Industrie investiert in Luftreinhaltung

Als Volkswirtschaft mit hohem Industrialisierungsgrad hat die Slowakei noch viel Potenzial bei der Schadstoffreduzierung. Deutsche Anbieter können diese Marktlücke nutzen.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Die Slowakei erzielte in den letzten zwei Jahrzehnten große Fortschritte bei der Schadstoffreduzierung. Seit 2005 ist der Ausstoß der Schwefeldioxide um über 80 Prozent gesunken und der Stickoxide um 45 Prozent. Weniger stark war der Rückgang bei flüchtigen organischen Verbindungen (NMVOC) und Ammoniak. Gründe sind der zunehmende Individualverkehr und die extensivere Landwirtschaft.

Auch bei Feinstaubpartikeln sind die Fortschritte überschaubar, weil immer noch viele Haushalte mit fossilen festen Brennstoffen heizen. Im Februar 2023 entschied der Europäische Gerichtshof sogar, dass die Slowakei durch die Überschreitung der Grenzwerte für PM10-Partikel lange Zeit gegen die Luftqualitätsrichtlinie verstoßen und keine ausreichenden Gegenmaßnahmen ergriffen hat. 

Mitten in Bratislava steht eine Erdölraffinerie

Viele Wirtschaftszentren kämpfen weiter mit hoher Emissionsbelastung. Die Hauptstadt Bratislava gehört zu den am stärksten betroffenen Regionen. In der Stadt hat die größte Erdölraffinerie des Landes ihren Sitz, außerdem ein Zementwerk, lokale Energieunternehmen und eine Abfallverbrennungsanlage. Auch die Fabrik von Volkswagen befindet sich auf dem Stadtgebiet. 

Weitere größere Luftverschmutzer liegen in der Mittel- und Ostslowakei. Dazu gehören das Stahlwerk U.S. Steel Košice, der Papierverarbeiter Mondi SCP in Ružomberok sowie mehrere Zement- und Glaswerke. 

Im Auftrag der Regierung überwacht das Slowakische Hydrometeorologische Institut SHMÚ das Ausmaß der Luftverschmutzung mit einem landesweiten Netz an Messstationen. Besonders häufig werden Smogsituationen aus den Regionen Košice, Banská Bystrica und Nitra gemeldet

Strenger Rechtsrahmen soll Emissionen sinken lassen

Die slowakische Regierung hat mehrere Programme und Gesetze verabschiedet, um die Luftbelastung zu verringern. Das Nationale Emissionsminderungsprogramm soll helfen, bei den Emissionen von Schwefeldioxid, Stickoxiden, NMVOC, Ammoniak und Feinstaub bis 2030 die EU-Vorgaben zu erfüllen. Zu den Maßnahmen gehören: 

  • Austausch alter Heizkessel durch moderne, emissionsarme Geräte
  • Förderung der Gebäudedämmung
  • Einführung von Niedrigemissionszonen.

Mit dem Methodischen Leitfaden zur Steuerung der Luftqualität beschloss die Slowakei 2023 konkrete Maßnahmen. Die Industrie muss mehr emissionsmindernde Technologien einsetzen. In der Landwirtschaft werden weniger Ammoniakemissionen durch angepasste Düngemethoden angestrebt. Kommunen sind angehalten, Luftreinhaltepläne zu erstellen und die Luftqualität zu überwachen.

Den rechtlichen Rahmen bildet das Gesetz Nr. 146/2023 Z. z. über den Schutz der Luft. Es verpflichtet Unternehmen dazu, regelmäßig ihre Emissionen zu messen und zu dokumentieren. Sie müssen den Aufsichtsbehörden Emissionsberichte und Daten über Brennstoffe, Produktionsmengen und Emissionsquellen bereitstellen. Bei Verstößen drohen Verwaltungsstrafen bis zu mehreren zehntausend Euro oder Betriebsbeschränkungen. Die zuständigen staatlichen Organe sind das slowakische Umweltministerium und die Umweltagentur SAŽP.

Attraktive Förderung aus EU-Fonds

Dank EU-Förderung aus dem Operationellen Programm Slowakei und dem Modernisierungsfonds stehen bis 2030 mehrere Hundert Millionen Euro für Investitionen in emissionsmindernde Technologien zur Verfügung.

Ein aktueller Aufruf zur Einreichung von Förderanträgen zielt auf die Emissionsminderung aus großen und mittleren stationären Quellen. Zuschussfähig sind der Austausch von veralteter Technik, die Installation von Filtersystemen und optimierte Produktionsprozesse zur Emissionsminderung. Dafür stehen 37,7 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRR) bereit. 

Solche Fördermöglichkeiten und die strengeren Anforderungen an den Emissionsschutz eröffnen Marktchancen für deutsche Unternehmen. Anbieter von industrieller Luftfiltration, Emissionsmesstechnik und integrierten Lösungen zur Dekarbonisierung sind ebenso gefragt wie Dienstleister für Anlagenmodernisierung. Aufgrund einer geringen Anzahl lokaler Hersteller besteht eine hohe Importabhängigkeit.

Eine weitere Gelegenheit zur Markterkundung bietet die Konferenz Ochrana ovzdušia (Luftreinhaltung), die vom 24. bis 26. November 2025 im Ort Vysoké Tatry in der Hohen Tatra stattfinden soll.

Deutsche Unternehmen erkunden den Markt

Im Juni 2025 fand deshalb eine Geschäftsreise deutscher Unternehmen nach Bratislava statt. Zehn mittelständische Firmen informierten sich im Rahmen des Markterschließungsprogramms, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) gefördert wird, vor Ort über Absatz- und Kooperationschancen. Zur von der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer (AHK Slowakei) organisierten Reise gehörten eine Fachkonferenz, Firmenbesuche und eine Geschäftspartnerbörse.

Bei den teilnehmenden Unternehmen kam die Veranstaltung gut an. "Wir haben während der Reise erste Gespräche mit potenziellen Händlern und Kunden geführt. Ich sehe hier definitiv ein Marktpotenzial für uns", sagte Miguel Paez-Zamora, Regionalvertriebsleiter bei der bayerischen ESTA Apparatebau. Besonders bei mobilen und stationären Entstaubern, bei Schweißrauchfiltern und Ölnebelabscheidern aus dem Produktportfolio des Unternehmens sieht er gute Geschäftschancen in der Slowakei.

Den positiven Eindruck bestätigt Dirk Freye, der für Projektierung und Vertrieb von Luftreinhaltungsanlagen beim Unternehmen Bernd Münstermann zuständig ist. Er erlebte die Slowakei als einen Markt "mit gut aufgestelltem Industriesektor und solider technischer Infrastruktur". Aufgrund neuer Gesetze gebe es dort einen hohen Bedarf an Entstaubungsanlagen, wobei besonders Nachrüstlösungen für bestehende Produktionslinien gefragt seien. "Interessant für uns sind vor allem die metallverarbeitende Industrie in der Slowakei, die Zementbranche und die Energieversorgung", so Freye. "Die slowakischen Partner sind offen für technische Beratung und Zusammenarbeit." Das Unternehmen aus dem Münsterland will den Markt auf jeden Fall im Blick behalten und künftig an lokalen Fachveranstaltungen und Messen teilnehmen, um neue Kunden zu finden. 

Zementwerke und Chemiebetriebe wollen Schadstoffausstoß senkenInvestitionsprojekte zur Luftreinhaltung in der Slowakei (Auswahl)
Unternehmen / ProjektInvestitionssumme in Mio. EuroFördersumme / ProjektstandAnmerkungen
U.S. Steel Košice / Installation eines elektrischen Lichtbogenofens

1.800

300 Mio. Euro Förderung aus dem Aufbauplan im Genehmigungsprozess vorgesehen, Projekt verzögert sich, ist momentan gestopptModernisierung der Stahlproduktion, Senkung der CO2-Emissionen, Reduktion anderer Schadstoffe
Duslo in Šaľa/ Herstellung von grünem Ammoniak 

116,8

58,4 Mio. Euro Förderung aus dem Modernisierungsfonds gebilligtEinsatz von umweltfreundlichen Technologien zur Ammoniakproduktion, Installation von Photovoltaik- und Windkraftanlagen
Mondi SCP in Ružomberok / Dekarbonisierung eines Kalkofens in der Papierfabrik

k.A. 

28,9 Mio. Euro Förderung aus dem Modernisierungsfonds laut GenehmigungsunterlagenVerbesserung der Energieeffizienz und Reduktion von Emissionen angestrebt
Rona in Lednické Rovne / Dekarbonisierung der Glasproduktion

28,6

28,6 Mio. Euro Förderung aus dem Modernisierungsfonds gebilligtEinsatz erneuerbarer Energiequellen, Verringerung der CO2-Emissionen
Slovnaft in Bratislava / Technologischer Umbau der Raffinerie

53,8

24,2 Mio. Euro Förderung aus dem Modernisierungsfonds gebilligtOptimierung der Produktionsprozesse zur Senkung der CO2-Emissionen, Einsatz von grünem Wasserstoff in der Kraftstoffproduktion
Slovnaft in Bratislava / Technologische Maßnahmen in der Ethylen-Einheit

84,3

20 Mio. Euro Förderung aus dem Modernisierungsfonds gebilligtOptimierung der Produktionsprozesse und Senkung der Emissionen bei der Ethylenproduktion, Erhöhung der Energieeffizienz
Danucem Slovensko in Rohožník / Dekarbonisierung der Zementproduktion

31,9

9,6 Mio. Euro Förderung aus dem Modernisierungsfonds gebilligtEinsatz von alternativen Brennstoffen, Senkung der CO2-Emissionen, Optimierung des Energieverbrauchs
Danucem Slovensko in Turňa nad Bodvou / Dekarbonisierung der Grauzementproduktion

25,6

8,4 Mio. Euro Förderung aus dem Aufbauplan gebilligtEinsatz von alternativen Brennstoffen, Senkung der CO2-Emissionen, Optimierung des Energieverbrauchs
Wienerberger slovenské tehelne in Zlaté Moravce / Dekarbonisierung der Ziegelproduktion

13,5

8,4 Mio. Euro Förderung aus dem Aufbauplan gebilligtReduzierung des Erdgasverbrauchs, Sicherstellung des unabhängigen Betriebs des Tunnelofens und der Trocknungsanlage
Duslo in Šaľa/ Modernisierung der Gasreduktion in der Chemieindustrie

12,1

9,7 Mio. Euro Förderung aus dem Aufbauplan gebilligtModernisierung der Gasreduktion durch Installation einer tertiären katalytischen Reduktion, Senkung der CO2-Emissionen
Quelle: AHK Slowakei, Umweltministerium, EU-Fonds, Recherchen von Germany Trade & Invest 2025, Pressemeldungen 2024 bis 2025

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