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Branche kompakt | Spanien | Energiewirtschaft

Markttrends

Grüner Wasserstoff ist das beherrschende Trendthema in den Medien. Biomasse und schwimmende Windkraftanlagen befinden sich ebenfalls im Aufwind.

Von Oliver Idem | Madrid

Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zählt zu den großen Themen der spanischen Energiewirtschaft. Das staatliche Ziel lautet, 4 Gigawatt Elektrolyseurkapazität bis 2030 zu errichten. Durch reichhaltige erneuerbare Energiequellen, ein weit verzweigtes Gasnetz und den Ausbau der Interkonnektivität durch die Pipeline H2med von Barcelona nach Marseille sieht sich das Land im Wettbewerb gut gerüstet. Die Pipeline soll 2030 Portugal, Spanien und Frankreich mit weiteren Abnehmerländern verbinden.

Einen anderen Weg schlägt der Energiekonzern Cepsa ein. Er will eigene Windfarmen, Solarparks und Elektrolyseure in Andalusien errichten. Bereits ab 2026 sollen Wasserstoffderivate per Schiff von Algeciras nach Rotterdam exportiert werden. Diese Pläne versprechen einen zeitlichen Vorsprung, dürften jedoch erheblich höhere Kosten mit sich bringen als ein Transport per Pipeline.

Ein großes Wasserstoffprojekt des Düngemittelherstellers Fertiberia in Puertollano hat sich als Vorzeigeprojekt im Wasserstoffbereich herauskristallisiert. Zudem konnte sich ArcelorMittal europäische Fördermittel für die Umrüstung des Stahlwerks in Gijón sichern.

Nach einer ersten Euphoriewelle beim Thema grüner Wasserstoff dürfte sich nun zeigen, welche Projekte zeitnah vorangetrieben werden. Wesentliche Erfolgsfaktoren sind die Finanzierung der Vorhaben, die Dauer der Genehmigungsverfahren, der Transport, die individuelle Kostenstruktur und die Zahlungsbereitschaft und Verbindlichkeit potenzieller Kunden.

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Wasserstoffprojekte befanden sich im Februar 2024 im Bau oder in der Vorbereitung. 

Gesunkene Energiepreise und hohe Zinsen als kurzfristige Dämpfer

Der Ausbau der erneuerbaren Energien schreitet voran. Dennoch sorgen kurzfristig die gesunkenen Energiepreise in Verbindung mit hohen Zinsen für einigen Gegenwind. Geringere Einnahmen durch den Stromverkauf und gestiegene Finanzierungskosten beim Aufbau von Projekten verschlechtern die Rentabilität vieler Projekte. Das ist ein besonderes Problem für Unternehmen, die zu vereinbarten Festpreisen bauen, während ihre Kosten steigen. Sichtbar wird das zum Beispiel beim kapitalintensiven Aufbau neuer Windparks. Wenn für den Strom eine variable Vergütung gezahlt wird, kann diese bei einem temporären Überangebot auf null sinken.

Dynamische Entwicklung bei Windkraft und Solarenergie zu erwarten

Erstmals zieht das Thema Offshore-Windkraft konkretes Interesse auf sich. Der maritime Raumordnungsplan von Februar 2023 schafft die Voraussetzung für bis zu 20 Gigawatt Kapazität an schwimmenden Windkraftanlagen. Die spanischen Hoheitsgewässer sind zu tief für verankerte Offshore-Windparks, doch die schwimmende Variante kann neue Potenziale erschließen.

An Land bieten die Erneuerung von Altanlagen, Stromabnahmeverträge und Eigenverbrauchslösungen Perspektiven für Windkraftunternehmen.

EDP Renewables kombiniert Wind- und Solarparks in Spanien, um die Ausbeute zu erhöhen. Das erste Projekt wird am Cruz de Hierro (Ávila) umgesetzt. Noch 14 weitere Vorhaben mit einer Gesamtkapazität von circa 200 Megawatt sollen folgen.

Rund 3.000 Sonnenstunden im Jahr sorgen dafür, dass Fotovoltaik ein Dauerbrenner in Spanien ist. Eigenverbrauchslösungen waren 2022 bei privaten Verbrauchern, dann 2023 in der Industrie besonders gefragt und dürften weiter eine wichtige Option bleiben. Beim Chemieunternehmen Sabic in Cartagena entsteht Europas größter Solarpark für den Eigenverbrauch. Auch der Automobilzulieferer Gestamp und der Holzverarbeiter Losán setzen auf erneuerbare Energien zum Eigenkonsum.

Für Batterie- und Pumpspeicher galten in den vergangenen Jahren die Preise trotz technischer Fortschritte noch als hoch. Grundsätzlich könnte Speichertechnik beispielsweise für größere Windparks nützlich sein. Mittlerweile können bei staatlichen Auktionen auch Gebote für hybride Kombinationen aus verschiedenen erneuerbaren Energien abgegeben und diese auch mit Speichertechnik kombiniert werden.

Nutzung von Biomasse nimmt Fahrt auf

Biomasse und Biomethan erwachen zunehmend aus dem Dornröschenschlaf. Der Fachverband Sedigas rechnete im Sommer 2023 mit circa 200 Projekten in Vorbereitung. Der Gasanbieter Naturgy beispielsweise baut sein Biomethangeschäft in hohem Tempo aus.

Die Gasinfrastruktur ist vorhanden und es ist keine aufwendige Umrüstung notwendig. Besonders effizient kann Biogas in Kraft-Wärme-Kopplung mit hohem Wirkungsgrad eingesetzt werden.

Kraft-Wärme-Kopplung ist bislang in Spaniens Industrie weniger verbreitet als beispielsweise in Deutschland oder Italien. Gerade wärmeintensive Zweige wie Nahrungsmittel, Chemie, Automobile, Raffinerien, Textilien, Papier und Keramik bieten jedoch ein interessantes Einsatzfeld.

Die Reederei Maersk kündigte im November 2022 an, etwa 10 Milliarden Euro in den Aufbau einer Wertschöpfungskette für alternative Schiffskraftstoffe in Spanien zu stecken. Mit 4 Gigawatt Solar- oder Windkraftkapazität soll grünes Methanol erzeugt werden, um besonders umweltschädlichen Schiffsdiesel zu ersetzen.

Energiekonzerne und Fluggesellschaften vernetzen bei Kerosin aus Biomasse Angebot und Nachfrage durch Kooperationen. So arbeiten Repsol und Iberia sowie Cepsa und Etihad zusammen.

 

Auswahl großer Projekte der erneuerbaren Energien in Spanien

Projektbezeichnung (Standort)

Leistung (MW)

Unternehmen 

Status

Investitionsvolumen
(in Mio. €)

Cluster del Maestrazgo/Teruel (Kastilien-La Mancha)

727

Forestalia

Umweltverträglichkeitsprüfung Ende 2023 abgeschlossen. Vor Baugenehmigung. Größtes Windprojekt Spaniens. Es besteht aus 22 Windparks, 125 Windrädern und einer Verbindung zum Umspannwerk Morella. 

circa 800

Standorte: Viso de San Juan, Cobeja, Anover de Tajo, Sesena und Borox/ Toledo (Kastilien-La Mancha)

690

CepsaUmweltverträglichkeitsprüfung für die 6 Solaranlagen ist abgeschlossen; vorgesehener Baubeginn 2024.

415

Garona/ Burgos (Kastilien-Leon)

595

Solaria

Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt. Das größte Solarprojekt Spaniens soll auf 4 Parks mit 1,5 Mio. Modulen verteilt werden. Es wird in der Umgebung des AKW Santa Maria de Garona errichtet, das zurzeit rückgebaut wird. 

360

Rehala Solar, Reclamo Solar, Stopper Solar, Volateo Solar/ Malaga (Andalusien)

467

Verbund AGUmweltvertraglichkeitsprüfung erfolgt. Das Projekt ist in 4 Solarparks unterteilt. 

circa 300

Navabuena Solar/Valladolid (Kastilien-Leon)

450

GalpUmweltvertraglichkeitsprüfung der Solaranlage in Villalba de los Alcores ist erfolgt. 

165

Rey I, II, III, IV/ Sevilla (Andalusien)

356

Progressum EnergyBaugenehmigungen für die 4 Solarparks liegen vor. 

203

PFV Mula III, PFV Murcia I/ Mula (Murcia)

265

Grupo CobraUmweltverträglichkeitsprüfung für beide Solarparks ist abgeschlossen. 

115

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Unternehmensangaben und Pressemitteilungen

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