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Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie

Grüner Wasserstoff, alternative Kraftstoffe und die Kreislaufwirtschaft sind zentrale Aspekte der Nachhaltigkeit. Aus dem Aufbau- und Resilienzplan kommen staatliche Fördergelder.

Von Oliver Idem | Madrid

Fördergelder beflügeln den nachhaltigen Wandel

Nachhaltigkeit auch im Zusammenhang mit der Chemiebranche ist sowohl ein politisches Ziel als auch Gegenstand unternehmerischer Innovationen. Insbesondere Schritte zur Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft stehen im Fokus der forschungsintensiven Branche. Erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff sind die großen aktuellen Themen. Zudem wird durch den Trend zur Kreislaufwirtschaft die Wiederverwendung von Materialien künftig eine wesentlich zentralere Rolle spielen.

Im spanischen Aufbau- und Resilienzplan sind einige Industriezweige genannt, in denen sich die Regierung besondere Dekarbonisierungserfolge durch den Einsatz von Wasserstoff verspricht. Namentlich erwähnt sind Raffinerien, die Düngemittelproduktion und die Herstellung chemischer Erzeugnisse. Allgemein werden industrielle Prozesse mit besonders hohem Wärmebedarf als chancenreiches Einsatzfeld betrachtet.

In sämtlichen Industriezweigen, die Wasserstoff als Rohstoff oder Energiequelle einsetzen, soll bis 2030 mindestens ein Viertel der Produktion aus erneuerbaren Energien stammen. Zudem wird angestrebt, grünen Wasserstoff in räumlicher Nähe zu dessen Produktionsstandorten zu verwenden.

Als Paradebeispiel gilt in Spanien ein Projekt des Düngemittelherstellers Fertiberia. Dieser will bis 2035 klimaneutral produzieren. Entsprechend werden große Pläne für die Düngemittelfabrik in Puertollano (Provinz Ciudad Real) umgesetzt. In Kooperation mit dem Energieversorger Iberdrola entsteht ein Solarpark mit 100 Megawatt Kapazität. Dieser soll die Fabrik versorgen. Weitere Komponenten des Vorhabens sind ein Elektrolyseur mit 20 Megawatt Leistung und ein Speichersystem mit Lithium-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von 20 Megawattstunden. Insgesamt wird mit einer Investitionssumme von 150 Millionen Euro gerechnet.

Alternative Kraftstoffe rücken ins Rampenlicht

Im Herbst 2022 erhielt der Bereich Biokraftstoffe für Schiffe und Flugzeuge starke neue Impulse. Glanzstück ist das Projekt der dänischen Reederei Maersk mit einer Investitionssumme von 10 Milliarden Euro. Nachdem die Suche nach Lieferanten für alternativen Schiffsdiesel gescheitert war, entschied sich Maersk für den Aufbau einer eigenen kompletten Wertschöpfungskette in Spanien. Mittels Biomasse und Elektrolyse sollen nach der Fertigstellung 2 Millionen Tonnen Methanol im Jahr hergestellt werden.

Die Petrochemiekonzerne Repsol und Cepsa wirken bei der Produktion von Biokerosin für Flugzeuge mit. Dafür haben Repsol mit Iberia und Cepsa mit Etihad Partnerschaften vereinbart. So haben die Hersteller Planungssicherheit für ihre Investitionen und die Fluggesellschaften können ihre Emissionen reduzieren. 

Die Pläne sorgen dafür, dass Biomasse in Spanien stärker verwertet wird. Mit seinen großen Wirtschaftszweigen Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie befindet sich Spanien in einer günstigen Position, um mehr von diesem Potenzial zu heben. Bei den Projekten geht es nicht um eine Konkurrenz zwischen Teller und Tank. Im Fokus steht die Verwertung von Resten aus der Landwirtschaft und die Nutzung organischer Industrieabfälle.

Recyclinganteil bei chemischen Erzeugnissen vor erheblicher Steigerung

Die Wiederverwertung chemischer Erzeugnisse ist bislang in Spanien kaum verbreitet. Eine Broschüre des Fachverbandes Feique zu diesem Thema legt jedoch nahe, dass der Anteil künftig steigen wird. Bislang prägen vor allem Pyrolyseanlagen und eine große andere Verwertungsanlage das Bild. Plastic Energy betreibt zwei davon an den andalusischen Standorten Almería und Sevilla. Die Kapazität liegt bei jeweils 5.500 Tonnen Pyrolyseöl pro Jahr. Reciclalia verfügt über eine wesentlich kleinere Anlage mit einer Kapazität von 500 Tonnen pro Jahr. Hinzu kommt eine Produktionsstätte von Sulayr zur Verwertung durch Auflösung. Diese kann 38.000 Tonnen Material jährlich verarbeiten.

Dem Bestreben der EU in Richtung Kreislaufwirtschaft folgend ist in diesem Bereich mit hohen Investitionen in den kommenden Jahren zu rechnen. Die Erwartung liegt für das Jahr 2030 bei 500 Millionen bis 650 Millionen Euro. 

Doch schon bis 2025 wird die Kapazität stark wachsen. Alleine fünf Projekte unter Federführung von Repsol, Plastic Energy und Sacyr sorgen in diesem Zeitraum für mehr als 465.000 Tonnen zusätzlichen Spielraum zum Recycling chemischer Erzeugnisse.

Fördermittel für saubere Energie sollen aufgestockt werden

Im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans zur Überwindung der Coronakrise hat Spanien zwei Strategieprojekte auf den Weg gebracht, die Bezüge zur Chemieindustrie haben.

Ein Strategieplan dreht sich um die Kreislaufwirtschaft. In diesem sind 492 Millionen Euro Fördermittel vorgesehen. Diese sollen private Investitionen anstoßen und insgesamt eine Wirkung von rund 1,2 Milliarden Euro bis 2026 entfalten. Darin sind sektorspezifische Schwerpunkte wie Kunststoff gesetzt. Ein Teil der Mittel kann aber auch von anderen Unternehmen beantragt werden, wenn sie Vorhaben im Sinne des Strategieplans avisieren.

Ein weiterer Strategieplan umfasst erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff. Der Förderbereich Wasserstoff enthält öffentliche Mittel im Wert von 1,5 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2030 will Spanien 4 Gigawatt Produktionskapazität für grünen Wasserstoff aufbauen. Dieser Energieträger soll den Wandel in Industriezweigen voranbringen, in denen nur schwer nachhaltige Lösungen implementiert werden können. Darunter fällt auch explizit die Chemieindustrie.

Mitte Dezember 2022 erfuhr die Wirtschaftszeitung Expansión, dass der Strategieplan für Energie um eine Milliarde Euro aufgestockt werden soll. Die ursprüngliche Version war noch vor dem Ukrainekrieg auf den Weg gebracht worden. In der aktuellen Situation sollen die Energieprojekte stärker gefördert werden als ursprünglich geplant.

Zu den Nutznießern der Fördermittel des Strategieplans Energie und Wasserstoff gehören Expansión zufolge unter anderem Repsol und Cepsa sowie eine Reihe größerer Energieversorger des Landes.

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