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Wirtschaftsausblick | Südafrika

US-Handelspolitik setzt Südafrikas Wirtschaft unter Druck

Angesichts internationaler und innenpolitischer Spannungen dürfte das Wirtschaftswachstum 2025 geringer ausfallen als erwartet. Die EU will ihre Beziehungen zu Südafrika stärken.

Von Jenny Tala | Johannesburg

Top-Thema: Zölle und drohendes AGOA-Aus drücken auf die Stimmung

Die US-Zölle von 25 Prozent auf Kfz, Stahl und Aluminium sowie die angekündigten 31 Prozent auf alle Einfuhren aus Südafrika verunsichern die Wirtschaft. Die USA sind der zweitwichtigste Exportmarkt für das Land am Kap und insbesondere für die Automobil- und Agrarindustrie von großer Bedeutung. Beide Branchen haben in der Vergangenheit von zollfreien Einfuhren in die USA im Rahmen des African Growth and Opportunity Act (AGOA) profitiert und ihre Exporte um ein Vielfaches gesteigert. Nun setzen die Zölle AGOA außer Kraft.

Automobilindustrie warnt vor sinkender Wettbewerbsfähigkeit

Der Automobilverband Naamsa befürchtet einen Rückgang des lokalen Produktionsvolumens und eine geringere Wettbewerbsfähigkeit des Sektors. Die zollfreie Verschiffung südafrikanischer Autos aus Südafrika unter AGOA sei "einer der Hauptgründe, warum multinationale Automobilhersteller in Südafrika tätig sind", sagt Naamsa-Präsident Billy Tom. Ohne AGOA gäbe es für die Mutterhäuser der Konzerne weit weniger Gründe, die Produktion in Südafrika aufrechtzuerhalten.

Im Zulieferbereich wären vor allem spezialisierte Firmen betroffen, die ihre Produktionsmengen und -standards an die hohen Anforderungen des US-Marktes angepasst haben. Zumindest kurzfristig dürften sich die Auswirkungen in Grenzen halten: Branchenkenner erwarten, dass US-Importeure mehrere Monate benötigen, um alternative inländische Lieferanten für bisher aus Südafrika bezogene Komponenten zu finden.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstumsprognosen gesenkt

Das Inkrafttreten der Zölle bei gleichzeitigem Auslaufen von AGOA dürfte sich negativ auf die ohnehin niedrigen Wachstumsprognosen auswirken: Experten schätzen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2025 um 0,2 bis 0,7 Prozentpunkte niedriger ausfallen wird als noch zu Jahresbeginn erwartet. Der Internationale Währungsfonds korrigierte seine Prognose für 2025 von real 1,5 auf 1,0 Prozent nach unten. Auch 2024 blieb das Gesamtwachstum mit 0,6 Prozent hinter den Erwartungen zurück.

Ein AGOA-Aus hätte auch negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Schätzungsweise 62.000 bis 85.000 direkte und 400.000 indirekte Arbeitsplätze hatte AGOA geschaffen. Die offizielle Arbeitslosenquote in Südafrika lag 2024 bei 32,6 Prozent, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein.

Mehrwertsteuerstreit bringt Koalition ins Wanken

Die wirtschaftliche Lage drückt auf die Stimmung von Investoren, Unternehmen und Verbrauchern. Für Verunsicherung sorgen die jüngsten Spannungen innerhalb der 2024 gewählten Mehrparteienregierung. Streitpunkt zwischen dem größten Koalitionspartner African National Congress (ANC) und der liberalen Democratic Alliance (DA) ist die vom ANC geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer von 15 auf 17 Prozent, um so das hohe Haushaltsdefizit zu verringern. Die DA lehnte die Erhöhung ab und drohte mit einer Klage, woraufhin Finanzminister Enoch Godongwana zurückruderte und nun das Budget überarbeitet, um Ausgaben zu kürzen.

Der Verbrauchervertrauensindex fiel im April auf den niedrigsten Stand seit Mitte 2023, und der Einkaufsmanagerindex der Absa-Bank ging den sechsten Monat in Folge zurück, was auf einen Rückgang der Produktionstätigkeit hinweist.

Die Inflation sank zu Beginn 2025 weiter und lag im April bei 2,7 Prozent, der niedrigste Wert seit Juni 2020 (Jahresdurchschnitt 2024: 4,4 Prozent). Hauptgrund ist ein Rückgang der Kraftstoffpreise.

Reformprozess kommt voran

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa läutete im Mai Phase 2 des Reformprogramms Vulindlela ein. Schwerpunkte sind die Bereiche Wasser, Energie, Transportinfrastruktur und die Kommunalreform. Künftig sollen Kommunen nicht mehr für Aufsicht, Genehmigung und gleichzeitig für die tatsächliche Erbringung von Dienstleistungen wie Wasser- und Stromversorgung zuständig sein. Stattdessen soll die operative Umsetzung an externe Dienstleister ausgelagert werden soll. Das schafft neue Beteiligungsmöglichkeiten für private Unternehmen. 

Sichtbare Fortschritte verzeichnet das Innenministerium unter Minister Leon Schreiber, unter anderem bei der Bearbeitung von Visaanträgen. Nach der Vereinfachung des Visumverfahrens für hochqualifizierte Einwanderer (Critical Skills Visa) soll nun ein elektronisches Einreisesystem für Touristen eingeführt werden.

EU kündigt Investitionspaket an

Angesichts internationaler Spannungen präsentiert sich die EU als verlässlicher Partner für Südafrika. Beim EU-Südafrika-Gipfel im März kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein EU-Global-Gateway-Investitionspaket im Wert von 4,7 Milliarden Euro an. Es soll Investitionen durch Zuschüsse sowie öffentliche und private Kredite fördern. Unterstützt werden Investitionen in eine gerechte Energiewende (Just-Energy-Transition-Partnership), in die Konnektivitätsinfrastruktur sowie in lokale Produktionskapazitäten für Impfstoffe.

Darüber hinaus soll Südafrika das erste Partnerland der EU für eine neue Handels- und Investitionspartnerschaft (Clean Trade and Investment Partnership, CTIP) werden. Im Mittelpunkt des Abkommens stehen eine engere Zusammenarbeit bei kritischen Rohstoffen, nachhaltige Investitionen und die Förderung strategischer Industrien.

Deutsche Perspektive: Unternehmen hoffen auf Stabilität

Laut dem im März von der AHK Südliches Afrika und KPMG veröffentlichten Southern African Business Outlook 2025 blicken deutsche Firmen vorsichtig optimistisch in die Zukunft. 64 Prozent der 92 befragten Unternehmen erwarten steigende Umsätze in Südafrika. Investitionen in den nächsten drei Jahren planen 44 Prozent der Firmen. Jeder zweite Befragte sieht verlässliche politische Rahmenbedingungen als wichtigsten Einflussfaktor für die Geschäftsentwicklung an.

Handelsvolumen sinkt

Das deutsch-südafrikanische Handelsvolumen ist 2024 um knapp 10 Prozent zurückgegangen. Die deutschen Exporte sanken um 7,5 Prozent auf 9,9 Milliarden US-Dollar (US$), während die Importe aus Südafrika um 12,2 Prozent auf 11,4 Milliarden US$ fielen. Dies ist der dritte Rückgang in Folge. Der Außenhandel insgesamt sinkt seit 2022.

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