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Branche kompakt | Südafrika | Chemische Industrie

Markttrends

Mit der Kohlechemie hat der Sektor traditionell eine wichtige Rolle in der Wirtschaft Südafrikas. Im Zuge der Energiewende könnte Wasserstoff an diese Stelle treten.

Von Marcus Knupp | Berlin

Wie andere Branchen in Südafrika leidet auch die chemische Industrie unter der flauen Konjunktur einerseits und unter der zunehmend dysfunktionalen Infrastruktur andererseits. Praktisch tägliche Stromabschaltungen zur Netzstabilisierung (load shedding) führen potenziell zu Produktionsausfällen und zwingen die Unternehmen zur Installation alternativer Lösungen für die Energieversorgung. Besonders betroffen ist zum Beispiel die Kunststoffindustrie. Bei einem mehrstündigen Stromausfall kann geschmolzener Kunststoff etwa in Extrudiermaschinen erhärten und eine aufwändige Reinigung notwendig machen.

Ein ineffizienter Betrieb in wichtigen Häfen wie Durban und Störungen im Eisenbahnverkehr stellen Gefahren für die Versorgung mit Vorprodukten dar. Dies wiegt für die chemische Industrie umso schwerer, als die Produktion der lokalen Raffinerien in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Der Chemiekonzern Sasol taxiert die zusätzlichen Transport- und Logistikkosten auf 27 Prozent bis 40 Prozent.

23,5 Prozent

beträgt der Anteil der chemischen Industrie am Umsatz des produzierenden Gewerbes in Südafrika.

Ein Ausstieg aus der Kohle betrifft in Südafrika nicht nur die Stromerzeugung. Aufgrund der historisch gewachsenen Nutzung von Steinkohle in der Grundstoffchemie stehen auch in der Industrie größere Veränderungen bevor. Schon in den zurückliegenden Jahrzehnten ist Erdgas als wichtiger Rohstoff für die lokale Petrochemie hinzugekommen. In Zukunft soll grüner Wasserstoff mehr und mehr an die Stelle der fossilen Ressourcen treten. Der Aufbau von Anlagen und Infrastruktur für die Wasserstoffwirtschaft in Südafrika gewinnt an Fahrt. Etliche Projekte befinden sich im Planungsstadium.

Wasserstoffwirtschaft verändert Produktionsstrukturen

Nicht nur für die südafrikanische Regierung hat der Aufbau einer Wasserstoffökonomie hohe Priorität. Auch große und kleinere Unternehmen verfolgen Pläne, die an verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette ansetzen. Für die Herstellung von grünem Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien besitzt Südafrika mit langen Küstenlinien und hoher Sonneneinstrahlung günstige Voraussetzungen. 

Darauf aufbauend bietet das Land mit seiner entwickelten Industrie vielfältige Anwendungsfelder. Mit dem Wasserstoff produziertes Ammoniak kann in der Düngemittelindustrie verwendet werden. Auf Basis des neuen Rohstoffs ist die Herstellung von Kraftstoffen wie synthetischem Flugbenzin oder Methan geplant. Der Wasserstoff kann auch als Energiequelle und Katalysator in der Eisen- und Stahlindustrie und nicht zuletzt in chemischen Prozessen genutzt werden.

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Südafrika
Akteur/Projekt

Investitionssumme (in US$)

ProjektstandAnmerkungen
Jearrard Energy Resources (JER)/ Green Hydrogen Facility

1.000

PlanungPhase 1 mit 12 GW Solar-to-hydrogen, Northern Cape
Linde, Sasol, Enertrag/ HySHiFT Renewable Hydrogen

1.000

PlanungProduktion von nachhaltigem Flugbenzin auf Basis von grünem Wasserstoff, Mpumalanga
Prieska Power Reserve/ Green Ammonia & Hydrogen Plant

700

PlanungProduktion von 72.000 t Ammoniak pro Jahr, Siyathemba, Northern Cape
Eskom Holdings/ Medupi Power station hydrogen plant

300

AusschreibungAn das Kohlekraftwerk Medupi soll eine Wasserstoff-Produktion angebaut werden, Limpopo
Afro-Zonke/ Chlor-Alkali-Werk

111

PlanungProduktion von 50.000 t pro Jahr verschiedener Chlorchemikalien, Midvaal, Gauteng
PG Bison/ Erweiterung der MDF-Produktion

69

im BauTeil des KAP-Konzerns; Teil von Investitionen am Standort Mkhondo
Quelle: MEED Projects 2023, Pressemitteilungen

Die Entwicklung zu alternativen Antrieben könnte Südafrika in den Bereichen Batterie- oder Brennstoffzellen-Herstellung Vorteile verschaffen. Viele benötigte Rohstoffe, etwa Metalle der Platin-Gruppe, werden vor Ort gefördert. Beispielsweise arbeitet die Chemical Industry Sector Education and Training Authority (Chiefta) in diesem Bereich mit der Vaal University of Technology (VUT) zusammen, um kostengünstige Membranen zum Einsatz in Brennstoffzellen zu entwickeln.

Der französische Konzern Air Liquide investiert circa 175 Millionen Euro in die Fertigung der Industriegase Sauerstoff, Stickstoff, Argon, Krypton und Xenon. Im Jahr 2021 hatte Air Liquide bereits Anlagen von Sasol in Secunda übernommen.

Bergbau übt großen Einfluss auf Chemie aus

Südafrikas Chemieindustrie ist mit dem Bergbau groß geworden. Zum einen nutzt sie lokal abgebaute Rohstoffe, zum anderen stellt sie mit Sprengstoffen und Prozesschemikalien wichtige Verbrauchsmaterialien für die Branche her. Die Weltmarktpreise für Bergbauprodukte und die davon stark beeinflusste Explorations- und Abbautätigkeit wirken sich daher direkt auf die Konjunktur der Chemiebranche aus. Wieder anziehende Rohstoffpreise beeinflussen die südafrikanische Wirtschaft positiv und ziehen insbesondere die chemische Industrie mit. 

Automobilindustrie ist wichtiger Abnehmer

Unter den industriellen Abnehmern spielt vor allem die Automobilindustrie eine wichtige Rolle. Nach einem Tiefpunkt 2020 mit nur noch 447.000 produzierten Einheiten erholt sich die Branche zusehends. Im Jahr 2023 hat die Produktion mit insgesamt 629.479 Fahrzeugen das Niveau von vor der Coronakrise wieder erreicht. Um die Zielvorgaben des Automotive Industry Masterplans der Regierung in Pretoria zu erreichen, die mehr als eine Verdoppelung der Produktion gegenüber 2018 bis 2035 vorsehen, sind damit allerdings fünf Jahre verloren. Das wichtigste Exportprodukt der südafrikanischen Kfz-Zuliefererindustrie sind Abgaskatalysatoren. Diese kamen 2022 allein für 48,3 Prozent der Ausfuhren der Branche auf. Ihre Herstellung basiert auf lokal reichlich vorkommenden Rohstoffen wie Platin.

Düngemittelproduktion sucht nach Rohstoffen

Die Düngemittelindustrie ist in Südafrika auf den Import wichtiger Basismaterialien wie Schwefel und Kalium angewiesen, da diese lokal nicht ausreichend vorkommen. Bei Phosphaten sieht es nicht viel besser aus, weil der Gehalt der von dem staatlichen Unternehmen Foskor in Phalaborwa (Limpopo) abgebauten Erze gering ist und der weiteren Verarbeitung eine teure Anreicherung vorgeschaltet werden muss. Die Produktion von Mineraldünger vor Ort hat daher keine wirklichen Wettbewerbsvorteile, sondern wird eher aus Gründen der Versorgungssicherheit aufrechterhalten. Pro Jahr werden in Südafrika mit leichten Schwankungen etwa 2,3 Millionen Tonnen Düngemittel eingesetzt. 

Kunststoffindustrie stark importabhängig

Der Verband der südafrikanischen Kunststoffindustrie Plastics SA verzeichnet nach einer mehrjährigen Phase stagnierenden Verbrauchs seit 2021 wieder einen wachsenden Bedarf an Rohkunststoffen. Im Jahr 2022 wurden 1,61 Millionen Tonnen Basispolymere und 352.630 Tonnen aus Recycling gewonnene Rohkunststoffe verbraucht. Knapp die Hälfte der Endprodukte wird für Verpackungen verwendet. Sowohl bei Kunststoffvorprodukten als auch bei Kunststoffprodukten liegen die Einfuhren Südafrikas etwa beim Doppelten der Exporte.

 

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