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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsausblick | Südafrika
Das Wirtschaftswachstum bleibt 2023 und 2024 für ein Schwellenland schwach. Die erneuerbaren Energien profitieren bereits von notwendigen, ambitionierten Strukturreformen.
25.11.2022
Von Fausi Najjar | Johannesburg
Südafrika ist wichtiger Exporteur von Industriemetallen, aber auch von Kohle und Gold. Die Bergbaueinnahmen 2021 und 2022 haben die Leistungsbilanz deutlich gestützt, für höhere Steuereinkommen gesorgt und das Haushaltsbudget entlastet.
Nach einem harten Lockdown und einem Einbruch 2020 von 6,4 Prozent ist die Wirtschaft im Folgejahr um 4,9 Prozent gewachsen. Das verhältnismäßig gute Ergebnis war vor allem den Exporten von Metallen der Platingruppe geschuldet. Der Bergbau - insbesondere die gestiegene Nachfrage bei Kohle - hat 2021 wiederum den größten Wachstumsbeitrag geleistet. Wegen Defiziten in der Logistik konnte der Sektor aber die Exportpotenziale bei weitem nicht ausschöpfen. Auch wenn 2023 Verbesserungen zu erwarten sind, so bleiben Ausfuhren von Massenrohstoffen vorerst stark eingeschränkt. Springen andere Bereiche der grundsätzlich breit aufgestellten Wirtschaft nicht an, werden sich sinkende Rohstoffpreise 2023 besonders schmerzlich auswirken. Es ist zu erwarten, dass Südafrikas Bruttoinlandsprodukt (BIP) erst 2024 wieder das Niveau von 2019 erreichen wird.
Wegen eskalierender Stromausfälle hatte das verarbeitende Gewerbe in den letzten Jahren wenig Anteil am Wirtschaftswachstum. Auch 2023 und 2024 ist mit Stromabschaltungen zu rechnen. Ebenso konnte der Tourismus zur Erholung nur wenig beitragen. Dank guter Ernteerträge hat die Landwirtschaft in den letzten Jahren hingegen gut abgeschnitten. Auch für 2023 geben Prognosen Grund zu Optimismus.
Bei den lange Zeit verschleppten Strukturreformen, den Bemühungen die Stromversorgung zu stabilisieren und der Korruptionsbekämpfung gibt es Fortschritte. Der Prozess stößt aber auf Widerstände innerhalb der Verwaltung wie auch in der Regierungspartei African National Congress (ANC). Angesicht einer prekären sozialen Lage befinden sich die Reformen des Staatschefs Cyril Ramaphosa in einem Wettlauf gegen die Zeit.
Indikator | 2022* | 2023 * | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 405,2 | 422,7 | 4.224 |
BIP pro Kopf | 6.765 | 6.996 | 50.771 |
Bevölkerung (Mio.) | 59,9 | 60,4 | 83,2 |
Wechselkurs US$ = ... Rand | 16,38 | 17,16 | - |
Nach den großen Einbrüchen 2020 benötigt Südafrika zusätzliche Investitionen für einen nachhaltigen Erholungskurs. Die Regierung hat bereits im Juli 2020 eine Reihe von Großprojekten mit einer möglichen Beteiligung privater Investoren identifiziert. Die Liste umfasst 18 Wohnungsbauprojekte, 11 Wasservorhaben, 15 Verkehrsprojekte, 2 Agrarvorhaben und den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Wegen Finanzierungslücken fällt das Sofortprogramm jedoch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dagegen hat sich aus der weitgehenden Öffnung des Energiesektors für private Stromanbieter eine beachtliche Dynamik bei den erneuerbaren Energien entwickelt. Die Realisierungschancen für Großprojekte im Bereich grünem Wasserstoff sind gut.
Ausschreitungen und Plünderungen in den Provinzen KwaZulu-Natal und Gauteng im Juli 2021 wie auch eine ausgezehrte Infrastruktur sorgen für ein negatives Geschäftsklima. Mittelständische Unternehmen aus dem Ausland kritisieren die zunehmend strengeren Auflagen zur wirtschaftlichen Stärkung der unter der Rassendiskriminierung bis 1994 benachteiligten Bevölkerungsmehrheit (Broad-Based Black Economic Empowerment).
Projektbezeichnung | Summe | Projektstand | Anmerkung / Projektträger |
---|---|---|---|
Lanseria Smart City Johannesburg, Gauteng | 33,0 | Vorstudie | Bau einer vernetzten, nachhaltigen Stadtsiedlung um den privaten Flughafen Lanseria über den Zeitraum von 25 Jahren / Crosspoint Property Investment, Gauteng Department of Human Settlements, Public Investment Corporation |
Mooikloof Mega Residential City, Gauteng | 5,0 | z.T. im Bau, weitere Ausschreibungen folgen | Rund 50.000 preisgünstige Häuser, einschließlich Schulen, Geschäfts- und Gewerbebereiche; östlich von Pretoria; auf 210 Hektar / Balwin Properties |
Tshwane Auto City | 3,2 | z.T. im Bau, weitere Ausschreibungen folgen | Stadtentwicklung und Industrieansiedlung in Rosslyn (nördlich von Pretoria) / Automotive Industry Development Centre (AIDC) |
Boegoebaai Port and Rail Project, Provinz Northern Cape | 3,0 | Vorstudie | Bau eines Tiefseehafens und einer Bahntrasse / Northern Cape Economic Development Trade and Investment Promotion Agency und weitere |
Renewable Energy IPP Programm (REIPPP) Window VI | 3,0 | Ausschreibung | Ausschreibungsprogramm für unabhängige Stromerzeuger zur Einspeisung ins nationale Netz; 1.600 MW Wind; 1.000 MW Fotovoltaik / Department of Mineral Resources and Energy |
Umgeni - Smithfield Water Project, Provinz KwaZulu-Natal | 1,8 | Vorstudie | Talsperre für 251 Mio. Kubikmeter Wasser / Umgeni Water Amanzi |
Umzimvubu Water Project | 1,2 | Vorstudie | |
Cape Town Port Container Terminal Expansion and Upgrade | 0,9 | Entwurf | Erhöhung der Umschlagskapazitäten im Hafen von Kapstadt von 740 Tsd. TEU (Twenty-foot Equivalent Unit) auf 1,4 Mio. TEU / Transnet Port Terminals (TPT) |
Sasol/Air Liquide - Renewable Energy Program 900 MW | 0,8 | Auswertung der Ausschreibung | 900 MW in mehreren Tranchen / Sasol und Air Liquide |
Sanral Road Projects | 0,4 | Vorstudie / teils Entwurfsphase | Ausbauprojekte auf den Fernstraßen N1, N2, N14 und R510 / Sanral |
ArcelorMittal South Africa - Solar PV Power Plants Program | 0,3 | Vorstudie | Fotovoltaik-Anlagen an sechs verschiedenen Standorten. Insgesamt 160 MW / ArcelorMittal South Africa |
Private Verbraucher dürften ihre Ausgaben 2023 vor allem bei den langlebigen Konsumgütern einschränken. Gleichzeitig sparen die Konsumenten verstärkt und versuchen, Schulden abzubauen. Steigende Stromtarife und ein schwacher Rand werden auch 2023 den Konsum bremsen. Dennoch ist ein moderates Nachfragewachstum zu erwarten. Dafür sorgt eine Entspannung bei Weltmarktpreisen für Treibstoff, Nahrungsmittel und Düngemitteln. Hinzu kommen Nachholeffekte nach einem starken Einbruch des Konsums 2020.
Der deutliche Wachstumseinbruch des Jahres 2020 hat laut Weltbank rund 2 Millionen Menschen in Südafrika unter die Armutsgrenze gedrückt. In den Jahren 2021 und 2022 ist der Arbeitsmarkt nicht angesprungen. Auch 2023 sind nur marginale Verbesserungen der Arbeitsmarktlage zu erwarten. Besonders hoch fällt die Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen (1. Quartal 2022: 61,4 Prozent) aus. Im Zuge der Coronapandemie aufgelegte Beschäftigungs- und Stützungsprogramme für die Allerärmsten werden 2023 fortgesetzt.
Mit einem Wert von 12,3 Milliarden Euro haben die Ausfuhren Südafrikas nach Deutschland 2021 einen außergewöhnlichen Rekord erzielt: Der Zuwachs beträgt gegenüber 2020 rund 44 Prozent. Metalle der Platingruppe verzeichneten ein Plus von 1,37 Milliarden Euro, Eisenerze einen Zuwachs von 1,0 Milliarden und der Export von Edelmetallen (vor allem Silber und Titan) stieg um 575 Millionen Euro. Bei den traditionell wichtigen südafrikanischen Ausfuhren von Kfz und Kfz-Teilen nach Deutschland ist hingegen seit 2019 ein Rückgang zu verzeichnen.
Die Handelsbilanz hat sich bei den mineralischen Rohstoffen (Metalle und fossile Rohstoffe) zugunsten Südafrikas entwickelt. Der Überschuss liegt im 3. Quartal 2022 - dank hoher Weltmarktpreise bei Platin und Kohle - um 141 Prozent über dem Quartalswert des Jahres 2020. Aufgrund gestiegener Weltmarktpreise und guter Wetterbedingungen sind auch die Überschüsse des Agrarsektors im 3. Quartal 2021 gegenüber 2020 um 257 Prozent gestiegen, um dann 2022 nochmals um 13 Prozent zuzulegen.
2022* | 2023* | Veränderung 2023/22 | |
---|---|---|---|
Importe | 109,5 | 106,2 | -3.0 |
Exporte | 121,6 | 115,4 | -5,1 |