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Wirtschaftsausblick | Südafrika
Das Wirtschaftswachstum verliert 2022 an Schwung. Globale Risiken und der Ukrainekrieg sorgen für steigende Importe. Der Bergbau profitiert von der hohen Rohstoff-Nachfrage.
17.05.2022
Von Fausi Najjar | Johannesburg
Südafrika profitierte schon vor dem Ukrainekrieg von gestiegenen Weltmarktpreisen für Rohstoffe. Das Kapland ist wichtiger Exporteur von Industriemetallen, aber auch von Kohle und Gold. Die Bergbaueinnahmen sorgen 2021 für eine positive Leistungsbilanz sowie höhere Steuereinkommen und entlasten das Haushaltsbudget.
Neue Investitionen in den Bergbau verlaufen allerdings nur schleppend. Die Gründe dafür: Stromausfälle, aber ebenso Schwierigkeiten in der Logistik. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen gelten als Hindernis.
Obwohl die Weltmarktabhängigkeit bei Weizen, Mais oder Düngemitteln verhältnismäßig gering ausfällt und Südafrika Russland nicht sanktioniert, belasten steigende Kraftstoff- und Nahrungsmittelpreise die Wirtschaft. Ebenso sind höhere Zinsen zu erwarten, die das Wachstum bremsen. Steigende Zinsen sind nicht nur wegen der zunehmenden Importkosten zu erwarten, sondern auch wegen der anziehenden Zinspolitik in den USA. Die globale Wirtschaftsentwicklung bleibt mit hohen Risiken behaftet.
Wichtige Negativfaktoren neben den Stromausfällen sind die Rekordarbeitslosigkeit sowie eine Flutkatastrophe in der Provinz KwaZulu-Natal. In der Landwirtschaft verlangsamt sich das Wachstum nach zwei guten Jahren. Das verarbeitende Gewerbe leidet besonders unter den Stromausfällen.
Es gibt jedoch Fortschritte bei den lange Zeit verschleppten Reformen und bei der Korruptionsbekämpfung. Die Steuerbehörde funktioniert wieder besser. In den Staatsunternehmen wurden Führungskräfte ausgetauscht. Der Stromkonzern Eskom und die Hafen- und Logistikgesellschaft Transnet stecken in einer Umstrukturierung. Investitionsmöglichkeiten für private Stromerzeuger sind auf breiter Basis möglich. Frequenzen zur Datenübertragung wurden vergeben. Angesicht einer prekären sozialen Lage stehen die Reformen des Staatschefs Cyril Ramaphosa in einem Wettlauf gegen die Zeit.
Indikator | 2021* | 2022* | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 420 | 416 | 4.224 |
BIP pro Kopf (US$) | 6,996 | 6,845 | 50.771 |
Bevölkerung (Mio.) | 60,0 | 60,8 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ... Rand) | 14,74 | 15,22 | - |
Die Investitionen bleiben nach den großen Einbrüchen 2020 für einen nachhaltigen Erholungskurs zu schwach. Die Regierung hat bereits im Juli 2020 eine Reihe von Großprojekten mit einer möglichen Beteiligung Privater identifiziert. Die Liste umfasst 18 Wohnungsbauprojekte, elf Wasservorhaben, 15 Verkehrsprojekte, zwei Agrarvorhaben und den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Eine Reihe von Vorhaben sind angelaufen, wegen Finanzierungslücken fällt das Sofortprogramm jedoch deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Auch die privaten Investitionen springen wenig an. Nochmals gibt es eine Verzögerung bei den längst fälligen Ausschreibung von mehr als 2.500 Megawatt in den erneuerbaren Energien (REIPPP5). Plünderungen im Juli 2021 und eine ausgezehrte Infrastruktur sorgen für ein negatives Geschäftsklima. Mittelständische Unternehmen aus dem Ausland kritisieren die zunehmend strengeren Auflagen zur wirtschaftlichen Stärkung der unter der Rassendiskriminierung bis 1994 benachteiligten Bevölkerungsmehrheit (Broad-Based Black Economic Empowerment).
Projektbezeichnung | Summe | Projektstand | Anmerkung / Projektträger |
---|---|---|---|
Lanseria Smart City Johannesburg, Gauteng | 33,0 | Vorstudie | Über den Zeitraum von 25 Jahren Bau einer vernetzen, nach nachhaltigen Kriterien gebauten Stadtsiedlung um den privaten Flughafen Lanseria (nördlich von Johannesburg) / Crosspoint Property Investment, Gauteng Department of Human Settlements, Public Investment Corporation |
Mooikloof Mega Residential City, Gauteng | 5,0 | Teilweise im Bau, weitere Ausschreibungen folgen | Rund 50.000 preisgünstige Häuser, einschließlich Schulen, Geschäfts- und Gewerbebereiche; östlich von Pretoria; auf 210 Hektar / Balwin Properties |
Tshwane Auto City | 3,2 | Teilweise im Bau, weitere Ausschreibungen folgen | Stadtentwicklung und Industrieansiedlung in Rosslyn (nördlich von Pretoria) / Automotive Industry Development Centre (AIDC) |
Boegoebaai Port and Rail Project, Provinz Northern Cape | 3,0 | Vorstudie | Bau eines Tiefseehafens und einer Bahntrasse / Northern Cape Economic Development Trade and Investment Promotion Agency und weitere |
Renewable Energy IPP Programm (REIPPP) Window V | 3,0 | in Verhandlungsphase mit Ausschreibungsgewinnern | Ausschreibungsprogramm für unabhängige Stromerzeuger zur Einspeisung ins nationale Netz; 1.608 Megawatt (MW) Wind; 975 MW Fotovoltaik / Department of Mineral Resources and Energy |
Renewable Energy IPP Programm (REIPPP) Window VI | 3,0 | in Planung | Ausschreibungsprogramm für unabhängige Stromerzeuger zur Einspeisung ins nationale Netz; 1.600 MW Wind; 1.000 MW Fotovoltaik / Department of Mineral Resources and Energy |
Umgeni - Smithfield Water Project, Provinz KwaZulu-Natal | 1,8 | Vorstudie | Talsperre für 251 Mio. Kubikmeter Wasser / Umgeni Water Amanzi |
Umzimvubu Water Project | 1,2 | Vorstudie | |
Sanral Road Projects | 0,4 | Vorstudie / teils Entwurfsphase | Ausbauprojekte auf den Fernstraßen N1, N2, N14 und R510 / Sanral |
ArcelorMittal South Africa - Solar PV Power Plants Program | 0,3 | Vorstudie | Fotovoltaik-Anlagen an sechs verschiedenen Standorten. Insgesamt 160 MW / ArcelorMittal South Africa |
In den Jahren 2022 und 2023 dürften private Verbraucher ihre Ausgaben vor allem bei den langlebigen Konsumgütern einschränken. Gleichzeitig sparen die Konsumenten verstärkt und versuchen, Schulden abzubauen. Nach einem großen Einbruch im Jahr 2020 liegen die Haushaltseinkommen 2022 in ihrer Gesamtheit unterhalb derer von 2018 und 2019.
Größte Hemmschuhe für die Nachfrageentwicklung sind die gestiegene Armutsquote und die hohe Arbeitslosigkeit. Diese lag im 4. Quartal 2021 offiziell bei 35,3 Prozent. Besonders hoch ist die Arbeitslosenquote mit 66,5 Prozent bei jungen Menschen. Die Regierung setzt Stützungsprogramme für die aller Ärmsten und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen fort. Das Wirtschaftswachstum wird 2022 und 2023 nicht ausreichen, um die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu senken.
Die Verbraucherpreise werden Prognosen zufolge 2022 um 5,5 Prozent und 2023 um rund 4,7 Prozent zulegen. Treiber sind vor allem steigende Kosten für Strom und Kfz-Treibstoffe.
Im Jahr 2022 gehen die südafrikanischen Exporte zurück, verharren aber aufgrund der stabilen Metallpreise auf hohem Niveau. Risiken für die Rohstoffausfuhren sind dennoch gegeben. Nach der Preishausse etwa für Platin, Gold und Kohle könnten bei einem globalen Wirtschaftsabschwung die Preise wieder fallen; trotz Russland-Sanktionen. Vor allem wegen der gestiegenen Treibstoffimporte wird sich der Leistungsbilanzsaldo leicht negativ entwickeln.
Mit 12,3 Milliarden Euro haben die Ausfuhren Südafrikas nach Deutschland 2021 einen außergewöhnlichen Rekord erzielt. Der Zuwachs beträgt gegenüber 2020 rund 44 Prozent. Metalle der Platingruppe verzeichneten ein Plus von 1,4 Milliarden Euro, Eisenerze einen Zuwachs von 1,1 Milliarden und Edelmetalle von 575 Millionen Euro.
Die Lieferungen aus Deutschland erreichten im Jahr 2021 circa 8 Milliarden Euro (+22,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Sie dürften 2022 wegen einer wachsenden Kfz-Teile-Nachfrage stabil bleiben, aber deutlich unterhalb des Rekords aus dem Jahr 2019 von 9,2 Milliarden Euro liegen.
2021* | 2022* | Veränderung 2022/2021 | |
---|---|---|---|
Importe | 91,2 | 105,4 | 15,6 |
Exporte | 121,7 | 118,4 | -2,7 |