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Special | Südkorea | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Energie: Kernkraft soll in Südkorea an Bedeutung gewinnen

Die Regierung unter Präsident Yoon setzt neue Schwerpunkte in der Energiepolitik. Sie will Kernenergie länger nutzen und neue Reaktoren bauen. Kohle dürfte an Bedeutung verlieren.

Von Frank Robaschik | Seoul

Südkoreas Primärenergiegewinnung stieg 2000 bis 2021 um 59 Prozent auf mehr als 307 Millionen Tonnen Öläquivalente (Tons of Oil Equivalent; toe). Erdöl ist mit 119 Millionen toe nach wie vor der wichtigste Energieträger im Land, gefolgt von Steinkohle, Erdgas und Kernkraft. Der Verbrauch stieg im Zeitraum 2000 bis 2021 bei allen Energieträgern, vor allem aber bei Erdgas (Verdreifachung auf 60 Millionen toe) und Steinkohle, bei der zunächst eine Verdopplung 2000 bis 2018 und dann aber ein Rückgang von einem hohen Niveau auf 73 Millionen toe im Jahr 2021 erfolgte. Die Nutzung von Atomkraft stieg nur um knapp ein Viertel. Dagegen gab es relativ betrachtet und ausgehend von einem äußerst niedrigen Niveau hohe Zuwächse bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen.

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Geringste Nutzung erneuerbarer Energie innerhalb OECD

Dennoch nutzte Südkorea auch 2021 für seine Energieerzeugung nur vergleichsweise wenig erneuerbare Energiequellen. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) lag der Anteil der Erneuerbaren an Südkoreas Primärenergiegewinnung 2021 lediglich bei 2,1 Prozent. Unter den OECD-Ländern ist dies der mit Abstand geringste Wert, der sogar noch geringer ausfällt als bei Russland.

Anteil erneuerbarer Energien an der Primärenergiegewinnung in ausgewählten Ländern (Anteil in Prozent)

Land

Anteil *

Weltweit

13,8

Norwegen

50,9

Indien

25,4

Deutschland

15,6

China

10,0

USA

8,5

Japan

7,1

Russland

2,7

Südkorea

2,1

* Daten für 2021 oder letztverfügbares Jahr.Quelle: OECD 2023

Zumindest der bereits äußerst hohe Stromverbrauch wird in den kommenden Jahren mit dem Vormarsch der Elektromobilität und der zunehmenden Vernetzung und Digitalisierung weiter steigen. Inzwischen verbraucht Südkorea nicht nur pro Kopf, sondern auch in absoluten Zahlen deutlich mehr Strom als Deutschland.

Anteil von Kernenergie an Stromverbrauch soll 2030 auf 30 Prozent steigen

Plante die Regierung des bis Mai 2022 amtierenden Präsidenten Moon noch einen Atomausstieg, so will die neue Regierung von Präsident Yoon die Nutzung der Kernenergie weiter ausbauen. Vom Tisch sind erst einmal alle Pläne zum Ausscheiden alter Kernreaktoren. Es sollen im Gegenteil weitere Anlagen hinzukommen. Zudem will das Land weiter Kernkraftwerke exportieren, unter anderem nach Tschechien und Polen. Darüber hinaus sehen die Regierung und eine ganze Reihe größerer Firmen kleinere modulare Kernreaktoren als Zukunftsmarkt und investieren entsprechend in deren Entwicklung.

Erneuerbare sollen im Stromsektor 2030 knapp 20 Prozent erreichen

Erneuerbare Energien hatten 2021 einen Anteil von 7,1 Prozent an der Stromerzeugung. Solar- und Bioenergie waren dabei mit 4 Prozent respektive 1,9 Prozent die wichtigsten erneuerbaren Stromquellen. Windkraft könnte in einigen Jahren an Bedeutung gewinnen. Dafür sprechen viele große Vorhaben im Offshore-Bereich. Allerdings kommt es seit Jahren immer wieder zu Verzögerungen bei Projekten. Die Vielzahl von notwendigen Genehmigungen, Widerstand von Fischern und die südkoreanische Regierung, die am liebsten Windturbinen aus einheimischer Produktion einsetzen würde, sind wichtige Gründe, warum es so schleppend vorangeht. Hinzu kommt generell die Bemühung um günstige Strompreise im Rahmen der Energiepolitik, gepaart mit der Vorstellung, dass erneuerbare Energien deutlich teurer sind als etwa Atomenergie.

Impulse für mehr erneuerbaren Strom könnten hingegen von Industriefirmen kommen. Mögliche Beispiele sind Fälle, wo Kunden, seien es internationale Industriekunden oder private Verbraucher, Wert darauf legen, dass die eingekauften Produkte unter Verwendung von erneuerbaren Energien hergestellt werden. Vor diesem Hintergrund beteiligen sich einige südkoreanische Unternehmen etwa an der RE-100-Initiative. Hilfreich für derartige Entwicklungen sind die 2021 neu eingeführte Möglichkeit der Eigennutzung von Ökostrom und seit 2022 der Bezug von erneuerbarem Strom direkt vom Anbieter.

Auch wegen der hohen Luftverschmutzung will Südkorea weniger Kohle einsetzen. Ihr Anteil an der Stromerzeugung soll nach Plänen der Regierung von 34 Prozent im Jahr 2021 auf knapp 20 Prozent im Jahr 2030 fallen.

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Südkorea nutzt bereits Brennstoffzellen zur Stromerzeugung

Nach Angaben des Ministry of Trade, Industry and Energy (MOTIE) hatte Südkorea per Ende 2022 mit 940 Megawatt die weltweit höchsten Kapazitäten bei Brennstoffzellenkraftwerken. Bis 2030 will das Land Wasserstoffturbinen entwickelt haben und diese im industriellen Maßstab produzieren. Die installierte Kapazität bei Brennstoffzellenkraftwerken soll bis dahin auf 3,7 Gigawatt steigen. Daneben plant die Regierung die Mitverbrennung von Wasserstoff in Kohle- und Gaskraftwerken.

Um die Verbreitung von Kraftwerken zu fördern, die Strom aus Wasserstoff erzeugen, diskutiert Südkorea schon länger den sogenannten "Clean Hydrogen Portfolio Standard (CHPS)". Ab 2025 sollen größere Stromerzeuger in langfristigen Verträgen aus Wasserstoff erzeugten Strom kaufen müssen. Die südkoreanische Regierung denkt dabei explizit auch an Wasserstoff, der unter Nutzung von Kernenergie erzeugt wird.

Generell steht bei Plänen zur Produktion von Wasserstoff zunächst grauer Wasserstoff aus fossilen Energiequellen im Vordergrund. Daneben gibt es eine Reihe von Vorhaben für blauen Wasserstoff. Hinzu kommen erste kleine Projekte bei grünem Wasserstoff, der unter Zuhilfenahme von erneuerbaren Energien erzeugt wird. Langfristig soll grüner Wasserstoff an Bedeutung gewinnen. Des Weiteren will Südkorea die Technik der CO2-Abscheidung, -Speicherung und -Nutzung (CCUS) entwickeln und nutzen.

Viele deutsche Unternehmen aktiv

Angesichts der Marktgröße ist Südkorea traditionell ein interessanter Markt für deutsche Firmen wie Siemens, Siemens Gamesa, SMA oder Rheinhausen. Mit dem zunehmenden Ausbau erneuerbarer Energien kann auch die Planung von Projekten interessanter werden. So haben eine Reihe deutscher Unternehmen Büros im Land gegründet. Dazu zählen etwa BayWa und RWE Renewables. Aber auch Firmen aus anderen Ländern wie Copenhagen Offshore Partners oder Orsted sind vor Ort aktiv. Mit Deutschland besteht eine Energiepartnerschaft, in deren Rahmen es Arbeitsgruppen unter anderem zur Energiewende und zu grünen Energietechnologien gibt.

Energierohstoffimporte Südkoreas und wichtigste Lieferländer 2022 (Importwerte in Milliarden US-Dollar; Anteile der Lieferländer in Prozent)

Energieträger

Importwert

Bedeutende Lieferländer (Anteil in Prozent)

Erdöl

133,6

Saudi-Arabien (29,7), USA (11,2), Vereinigte Arabische Emirate (10,4), Kuwait (9,2), Irak (7,1)

Erdgas

56,7

Australien (27,0), USA (21,1), Katar (15,0), Malaysia (9,6), Oman (8,2), Indonesien (5,2)

Kohle

28,3

Australien (43,9), Russland (20,1), Indonesien (12,3), Kanada (9,3)

Uran etc. 1

0,5

Russland (35,8)2, Kasachstan (20,1)2, Frankreich (17,7), Vereinigtes Königreich (13,2), Kanada (6,0)

1 Uran und andere radioaktive Elemente und Isotope; 2 im 1. Quartal 2023 fiel der Importanteil aus Russland und aus Kasachstan auf 0 Prozent.Quelle: Korea International Trade Association 2023

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