Wirtschaftsausblick I Tadschikistan
Tadschikistans wirtschaftlicher Aufschwung setzt sich fort
Tadschikistans Wirtschaft soll 2025 und 2026 um rund 7 Prozent wachsen. Wichtige Impulse kommen vom privaten Konsum und einem ambitionierten Investitionsprogramm.
27.05.2025
Von Uwe Strohbach | Duschanbe
Top-Thema: Industrieoffensive entwickelt sich zu einem Erfolgsprojekt
Die Regierung Tadschikistans startete im Jahr 2022 eine Initiative zur Industrialisierung. Der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll bis 2026 auf 26 Prozent steigen, gegenüber 17 Prozent im Jahr 2022. Ausländische Technik ist dabei gefragt. Bereits jetzt beteiligen sich Zulieferer und Investoren aus dem Ausland an vielen Projekten. Schwerpunkte bilden die Sektoren Nahrungsmittel, Textilien, Bekleidung, Leder, Baustoffe und Metallerzeugnisse.
Mehr als 1.000 neue, vorwiegend kleinere Industriebetriebe werden im Rahmen der Industrieoffensive zwischen 2025 und 2026 ihre Tätigkeit aufnehmen oder sehen ihrer Gründung entgegen. Während der gesamten Laufzeit der Initiative wird unter Einschluss der Stromproduktion durch Wasserkraft eine Verdoppelung der jährlichen Industrieproduktion auf 8 Milliarden US-Dollar (US$) angestrebt.
Wirtschaftsentwicklung: Hohes Wachstum basiert auf breiter Basis
Für 2025 rechnen die Regierung und Geberbanken mit einem realen BIP-Zuwachs um etwa 7,5 bis 8,0 Prozent, für 2026 mit 7 Prozent. Die Prognosen stützen sich auf eine weitere, wenn auch abflachende Belebung des Privatverbrauchs, der Industrie, der Agrarwirtschaft, des Baugewerbes, der Verkehrssparte und des IKT-Sektors.
Die für die Jahre 2020 bis 2024 gemeldeten Wachstumsraten von durchschnittlich 7,7 Prozent sind kritisch zu betrachten. Sie basieren auf einer geringen Ausgangsbasis und sind angesichts der schwachen Leistungskraft der Wirtschaft kein Garant für eine spürbare Verbesserung der Lage im Land. Wichtige Eckwerte erreichen allenfalls bescheidene Werte. So erzielte die Gebirgsrepublik mit einer Bevölkerung von 10,5 Millionen Menschen im Jahr 2024 ein nominales BIP von 14,1 Milliarden US$ und ein BIP pro Kopf von 1.370 US$. Einen Überblick über die wirtschaftlichen Kennzahlen des Landes bietet Germany Trade & Invest mit den Wirtschaftsdaten kompakt.
Da Land ist stark abhängig von internationalen Geldern und Rücküberweisungen von im Ausland tätigen Arbeitskräften. Die Transfers machten 2024 mehr als 40 Prozent des BIP aus. Dem steht eine kaum diversifizierte Industrie gegenüber. Die Rahmenbedingungen für private Unternehmen bleiben aufgrund unzureichender Liberalisierungsfortschritte und ausbleibender Strukturreformen in den Staatsunternehmen schwierig.
Investitionen haben noch viel Luft nach oben
Die Bruttoanlageinvestition legen 2025 und 2026 weiter real zu. Sie bleiben aber mit den erwarteten Volumina von etwa 2,2 Milliarden und 2,4 Milliarden US$ gering. Ein Drittel der Investitionen entfällt auf Projekte, die entweder vollständig aus dem Staatshaushalt oder über staatliche Investitionsprogramme kofinanziert werden. Schwerpunkte sind die Sektoren Verkehr und Energie.
Die größte Baustelle des Landes ist das milliardenschwere Wasserkraftwerk Rogun. Für das Megaprojekt bemüht sich die Regierung um weitere Finanzierungszusagen bei internationalen Geberbanken. Auch Kapitalgeber für zehn große Eisenbahnprojekte werden gesucht, bei denen sich der Finanzierungsbedarf auf 7,5 Milliarden US$ beläuft.
Die Privatwirtschaft steht für 20 bis 25 Prozent der jährlichen Investitionen. Sie profitiert von Programmen zur Förderung der Importsubstitution. Im Jahr 2024 flossen insgesamt knapp 5 Milliarden US$ an ausländischem Kapital ins Land (inklusive verlorener Zuschüsse), gut 70 Prozent mehr als im Vorjahr.
Kaufkraft verharrt auf niedrigem Niveau
Im Ranking der Kaufkraft belegt Tadschikistan unter allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion den letzten Platz. Die hohe Armut und Arbeitslosigkeit sowie geringe Durchschnittslöhne schränken die Absatzchancen für westliche Konsumgüter deutlich ein. Die Armut spiegelt sich auch in einem geringen Urbanisierungsgrad wider. Nur etwa 30 Prozent der Bevölkerung leben in Städten.
Die monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben im Einzelhandel beliefen sich 2024 auf 50 US$. Gut 60 Prozent ihrer verfügbaren Einkommen geben die Privathaushalte für Lebensmittel aus. Die Überweisungen der hauptsächlich in Russland tätigen tadschikischen Gastarbeitern sind eine wesentliche Stütze des privaten Konsums. Die Zuflüsse werden sich allerdings infolge zunehmender Probleme in der russischen Wirtschaft voraussichtlich verringern.
Importe nehmen weiter zu
Der Privatverbrauch, das Baugewerbe und Investitionen kurbeln die Importe an. Da die Rücküberweisungen 2025 und 2026 nachlassen dürften, ist mit einer gedrosselten Importdynamik zu rechnen. Die Investitionsgüterimporte beleben sich dank zahlreicher Industrie- und Infrastrukturprojekte weiter. Die Einfuhr von Maschinen und Ausrüstungen sowie von Transportmitteln könnte 2025 erstmals die 1-Milliarde-US$-Marke übertreffen. Die Importe des Landes stammen vor allem aus Russland, China und Kasachstan.
Die Exporte entwickeln sich weiterhin schwach. Hauptsächlich werden verschiedene Erze, Aluminium und Erzeugnisse daraus, Edelmetalle sowie Fasern und Garne aus Baumwolle ins Ausland verkauft. Unter den übrigen Exporten dominieren Baustoffe, Trockenobst, Textilien und Bekleidung sowie Strom. China, die Schweiz (Edelmetalle) und die Türkei sind die Hauptabnehmerländer.
Deutsche Perspektive: Infrastrukturprojekte und Importablösung bieten Geschäftschancen
Geschäftschancen für deutsche Firmen ergeben sich bei staatlichen und überwiegend international finanzierten Projekten in folgenden Bereichen: Verkehrswegebau, Energie, Kommunalwirtschaft, Wasserwirtschaft, Gesundheit. Lieferchancen bieten auch Aktivitäten privater Firmen insbesondere im verarbeitenden Gewerbe und im Bereich Logistik.
Der Handel Deutschland mit Tadschikistan ist gering und stark ausbaufähig. Deutsche Unternehmen liefern in geringem Umfang Maschinen und Ausrüstungen aller Art, Fahrzeuge und chemische Erzeugnisse.
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite Tadschikistan unter "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".