Brachen | Taiwan | Halbleiter
Halbleiter-Hotspot Taiwan: Milliarden für KI-Chips und Packaging
Stark steigende internationale KI-Chip-Nachfrage belebt das Halbleiter-Ökosystem Taiwans. In- und ausländische Akteure profitieren davon.
08.10.2025
Von Jürgen Maurer | Taipei
Die Produktion von Halbleitern in Taiwan wird 2025 um über 22 Prozent zulegen, prognostiziert die Taiwan Semiconductor Industry Association. Sie soll umgerechnet circa 211 Milliarden US-Dollar (US$) erreichen, angetrieben durch die explosionsartig gestiegene Nachfrage nach Chips und Servern, die künstliche Intelligenz (KI) unterstützen. Angekündigt sind umfangreiche Neu- und Anschlussinvestitionen in den Halbleiter- und Elektroniksektor Taiwans. Davon profitiert eine Vielzahl von Zulieferern.
Darunter auch einige deutsche Firmen, die teilweise in Taiwan investiert sind oder gute Lieferbeziehungen zu der Insel aufgebaut haben. Beispielsweise errichtet Merck ein Werk zur Produktion von elektronischen Materialien in Kaohsiung. Suess MicroTec erweitert seine Produktion in Zhubei, was in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen sein soll. Andere, wie Heidenhain, Zeiss, Micro-Epsilon, PVA Tepla oder DAS Environmental Experts liefern Ausrüstung und Teile.
TSMC investiert massiv in Kapazitäten
Im Fokus des taiwanischen Halbleiter-Ökosystems steht TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Corp.), der weltweit größte Auftragshersteller. Die Unternehmensleitung rechnet 2025 mit einer Zunahme der Verkäufe von 30 Prozent, was einige Prozentpunkte höher liegt als der noch im Frühjahr erwartete Zuwachs von 24 bis 26 Prozent. Denn die Nachfrage nach KI-unterstützenden Halbleitern steigt sehr dynamisch.
Gleichzeitig verkürzt sich der Produktionszyklus bei KI-Chips, so dass TSMC kaum hinterherkommt, die Kapazitäten anzupassen. Bis 2030 möchte das Unternehmen insgesamt acht neue Produktionsstätten auf der Insel errichten, kündigte der TSMC-Chef im Juli 2025 an. Anlageinvestitionen von circa 40 Milliarden US$ sind 2025 eingeplant; auch 2026 dürfte das die Basisgröße sein.
Chip-Verpackung stärker im Fokus
Der Fokus der neuen Kapazitäten liegt auf der fortgeschrittensten Chip-Generation mit Strukturgrößen von 2 Nanometern und weniger. Die geplanten Investitionsvorhaben umfassen sowohl Foundries als auch Test- und Verpackungswerke. Denn das Verpackungssegment hat stark an Bedeutung gewonnen. Mehr Leistungsfähigkeit und Energieeffizienz von Chips erfordern vertikale Integration und neue Technologien, wie unter anderem CoWoS (Chip on Wafer on Substrate)-Verpackungen, Integrated Fan-Out (InFO) und Fan-Out Panel-Level Packaging (FOPLP).
Laut dem Branchenanalysehaus Yole Intelligence soll der weltweite Markt für fortschrittliche Verpackungen zwischen 2024 und 2030 von circa 45 Milliarden US$ auf etwa 80 Milliarden US$ wachsen, getrieben von der rasanten Entwicklung von KI-Anwendungen. Im Durchschnitt entspricht dies einem jährlichen Zuwachs von 9,4 Prozent.
“Advanced Packaging ist zu einem zentralen Bestandteil der Halbleiterstrategie weltweit geworden”, betonten auch viele Aussteller auf der wichtigsten Branchenmesse Semicon Taiwan 2025. Um die Herausforderungen der neuen Technologien mit dreidimensionalen Strukturen zu meistern, haben 37 Unternehmen in Taiwan zum Auftakt der Messe die gemeinsame Gründung der 3D IC Advanced Manufacturing Alliance verkündet.
3D IC Advanced Manufacturing Alliance (3DICAMA):
Chips müssen in die Höhe wachsen, um leistungsfähiger zu werden. Dies stellt neue Herausforderungen an thermische und optische Verbindungen, an Effizienz und Ausbeute. 3DICAMA vereint Industriepartner, um die globale Zusammenarbeit in der 3D-Advanced-Packaging-Fertigung zu fördern, technische Standards für Materialien, Prozesse und Design zu etablieren und die Kommerzialisierung zu beschleunigen.
Steigende Investitionen im Verpackungssegment
Abgesehen von TSMC baut auch der größte Verpackungsspezialist Taiwans, die Advanced Semiconductor Engineering (ASE) Holding Co., seine Verpackungsproduktionslinien in Kaohsiung und in Zentraltaiwan aus. Die Nachfrage nach fortschrittlichen Verpackungen ist enorm und die Kapazitäten taiwanischer Branchenfirmen sind voll ausgelastet, wie der Präsident des Unternehmens auf der Semicon Taiwan bekräftigte.
Die ASE Holding investiert 2025 circa 2,8 Milliarden US$ in neue Produktionskapazitäten. Anfang Oktober 2025 kündigte ASE an, weitere 578 Millionen US$ in ein neues Werk in Kaohsiung fließen zu lassen. Dieses soll 2028 mit Verpackung und Test von Chips auf CoWoS-Basis starten. Neubau und Erweiterung sind auch beim Gruppenunternehmen Siliconware Precision Industries in Taichung, Changhua und Yunlin im Gange oder in Planung.
Powertech Semiconductor Technology baut seine Chip-Verpackungskapazitäten aus und will 2025 umgerechnet circa 460 Millionen US$ in 2.5D und 3D Technologien investieren. Der Anbieter von Chip-Testing-Diensten, King Yuan Electronics, hat seine Ausgaben für Kapazitätserweiterungen 2025 auf 1,24 Milliarden US$ hochgeschraubt, darunter ein neues Werk in Toufen.
Investitionsschub auch in anderen Segmenten
Zhen Ding Technology Holdings, ein Herstellungsunternehmen von PCB (Printed Circuit Board), will 2025 und 2026 jeweils 1 Milliarde US$ in seine Werke investieren. Das neue Zentrum für Produktion sowie Forschung und Entwicklung im Southern Taiwan Science Park steht dabei besonders im Fokus. Auch der PCB-Hersteller Unimicron hat für 2025 und 2026 Investitionen von jeweils 665 Millionen US$ angekündigt.
Lieferanten von wiedergewonnenen Wafern (reclaimed wafer) werden ebenfalls ihre Kapazitäten erweitern, wenn auch nur auf kleinerer Flamme mit zweistelligen Millionen-US$-Investitionen. Phoenix Silicon International und Scientech Corp. bauen ihre Anlagen in Taichung, Hsinchu und Tainan aus. Steigende Kosten für Rohstoffe der Waferproduktion, Umweltauflagen und fortschrittliche Verpackungstechnologien erhöhen den Bedarf an recycelten Wafern.
Trotz US-Zöllen investiert Taiwans Chipindustrie weiter
Abgesehen von Investitionen in Taiwan bauen einige Branchenfirmen ihre Kapazitäten in Südostasien und Indien sowie angesichts der US-Handelspolitik auch im nordamerikanischen Kontinent aus. Nicht zuletzt sind in Europa neben der Großinvestition von TSMC in Dresden und Umgebung weitere Investitionen von Zulieferern zu erwarten. Die Planung und Entscheidung erfolgt über die Firmenzentralen in Taiwan.
Trotz drohender US-Zölle investieren die Branchenfirmen weiter in Taiwans Halbleiter-Ökosystem, da die hohe Nachfrage nach KI-Chips und Servern die Auftragsbücher füllt und dies durch andere Anbieter auf absehbare Zeit nicht ersetzt werden kann. Wie sich weitere Veränderungen in der US-Zollpolitik auswirken, lässt sich nicht absehen.