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Branchen | Tschechische Republik | Schienenfahrzeuge

Tschechiens Eisenbahnen ordern neue Technik

Tschechische Bahnbetreiber investieren große Summen in neue Waggons, Lokomotiven und in die Ausstattung der Züge. Außerdem erweitern sie ihre Wartungskapazitäten.

Von Gerit Schulze | Prag

Auf tschechischen Schienen herrscht ein reger Wettbewerb. Nach Deutschland und Polen hatte das Land 2023 mit 87 die größte Anzahl an Eisenbahnverkehrsunternehmen in Europa. Das zeigt die Statistik der europäischen Plattform der Eisenbahnregulierungsbehörden IRG-Rail.

Dominierender Dienstleister bleibt die Staatsbahn České dráhy (ČD). Sie hatte 2023 im Personenverkehr einen Marktanteil von 89 Prozent (Zahl der beförderten Passagiere). Mehr Konkurrenz gibt es im Frachtverkehr. Hier kam die Staatsbahn nur auf einen Marktanteil von 71 Prozent beim transportierten Frachtvolumen. Wichtige Gegenspieler sind Metrans Rail (Tochtergesellschaft der Hamburger Hafen und Logistik AG), die polnische PKP Cargo International, Orlen Unipetrol Doprava (vor allem bei Öltransporten) sowie die Frachtsparten der österreichischen ÖBB und der Deutschen Bahn.

Im Passagierverkehr machen RegioJet, Arriva und Leo Express den České dráhy Marktanteile streitig. Sie wollen auf Kosten der Staatsbahn weiter wachsen und bewerben sich regelmäßig bei Ausschreibungen für den Regionalverkehr.

Metropolregion Prag schreibt 54 Triebzüge aus

Aktuell wird der größte Vertrag für den Eisenbahnnahverkehr in der Geschichte Tschechiens vergeben. Dabei geht es um Züge von Prag nach Beroun, Kolín, Mladá Boleslav und Kladno, mit Anbindung des Prager Flughafens, im Zeitraum 2029 bis 2059. Beworben haben sich Arriva, České dráhy und Regiojet. Laut Harmonogramm werden die Angebote bis Anfang 2026 geprüft und dann der Zuschlag erteilt. Für den Auftrag müssen über 60 Zuggarnituren beschafft werden. Die Waggons sollen mit Niederflurtechnik ausgestattet sein sowie Abteile für Fahrräder und Kinderwagen sowie barrierefreie Toiletten haben.

Für die nicht elektrifizierten Strecken in Mittelböhmen verlängerte die Regionalverwaltung 2024 einen Vertrag mit České dráhy bis 2034. Vorgesehen sind Investitionen in Fahrzeuge und andere Ausrüstung im Wert von 190 Millionen Euro.

Andere Regionen des Landes planen weitere große Ausschreibungen für den Personenverkehr, sodass enormer Bedarf an rollendem Material besteht.

Fuhrpark der tschechischen Eisenbahnunternehmen
Rollendes Material

Anzahl (2024)

Lokomotiven2.087
   Elektroloks1.029
   Dieselloks1.028
   Dampfloks30
Triebwagen1.627
Passagierwaggons2.629
   Personenwaggons1.788
   Beiwagen von Triebzügen707
   Schlafwagen / Speisewagen90 / 44
Güterwaggons27.867
   gedeckte Güterwagen1.759
   offene Güterwagen14.420
   Flachwagen / Plattformwagen5.457
   Sonstige Güterwaggons6.231
Quelle: "Ročenka dopravy České republiky 2024" (Jahrbuch des Verkehrsministeriums der Tschechischen Republik) 2025

Zertifikatserlöse für neue Züge

Eine wichtige Finanzierungsquelle für die Anschaffung neuer Züge ist der Modernisierungsfonds der EU. Tschechien will aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten über 600 Millionen Euro für Schienenfahrzeuge bereitstellen. Um das Geld können sich öffentliche Betreiber des Eisenbahnverkehrs bewerben (Gebietskörperschaften).

Die Staatsbahn České dráhy beschaffte 2024 nach eigenen Angaben 144 Waggons und Lokomotiven im Wert von 750 Millionen Euro. Auf diesem Niveau sollen die Investitionen 2025 fortgesetzt werden. Bei den Neuanschaffungen liegt der Fokus auf barrierefreien, klimatisierten Zügen mit Steckdosen und Drahtlos-Netzwerken (WLAN). Bei der Antriebstechnik setzt České dráhy derzeit vor allem auf Vectron-Lokomotiven von Siemens und auf RegioFox-Dieseltriebwagen des polnischen Herstellers PESA Bydgoszcz. Außerdem wurde 2024 ein erster batteriebetriebener Zug getestet.

In den Zügen lässt České dráhy verstärkt moderne Kommunikationstechnik installieren. Seit Sommer 2025 läuft ein Test zur Nutzung des Satelliteninternets Starlink in InterPanter-Zügen. Damit sollen die vielen Funklöcher entlang der Bahnstrecken überbrückt werden.

Zwei große Aufträge in diese Richtung konnte zuletzt Kontron Transportation verbuchen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wien baut für die Schienennetzverwaltung Správa železnic GSM-R-Mobilfunknetze entlang wichtiger Bahnstrecken auf.

Instandhaltung wird ein wichtiges Geschäftsfeld

Außerdem investiert České dráhy in die Instandhaltung des Fuhrparks. Bis 2031 kündigte das Unternehmen Ausgaben von fast 500 Millionen Euro an. Etwa die Hälfte davon fließt in vier Reparaturzentren und in die Sanierung bestehender Einrichtungen. Standorte sind Prag, Cheb (Westböhmen), Havlíčkův Brod (Ostböhmen) und Šumperk bei Olomouc. Das Unternehmen übernimmt zunehmend auch Wartungsaufträge für Wettbewerber im Schienenverkehr.

Für die Wartungsdepots müssen neue Maschinen beschafft werden, darunter Hebebühnen, Hochspannungsprüfstationen oder Defektoskopie-Sonden zum Feststellen von Materialfehlern. Digitale Technik ist gefragt, um drohende Schäden an Zügen in Echtzeit zu erkennen, heißt es in einer Pressemitteilung von České dráhy.

Toy trains Toy trains | © Carsten Leth Fotografi - gettyimages.com

28.08.2025 Branchen | Europa | Bahntechnik
Investieren statt rangieren: Milliarden für Europas Eisenbahnen

Europaweit fließen hohe Summen in den Ausbau der Bahninfrastruktur und die Anschaffung moderner Schienenfahrzeuge. Auch deutsche Bahntechnikhersteller liefern Ausrüstung.

Starke einheimische Zulieferindustrie

Viele Aufträge gehen an die traditionell starke tschechische Zulieferindustrie. Im Verband der Unternehmen der Eisenbahnindustrie ACRI sind 54 Mitglieder zusammengeschlossen, darunter Hersteller von Schienenfahrzeugen wie Škoda Transportation und CZ Loko. Sie erzielten 2024 Umsätze von 5,3 Milliarden Euro. Der Verband organisiert aber auch die Zulieferer von Metallteilen, Türen, Fenstern, Sitzen und Elektronikkomponenten.

Die Branche ist sehr innovativ und steckt viel Geld in neue Produkte. Nach ACRI-Angaben wollen die 54 Mitglieder 2025 rund 200 Millionen Euro in Entwicklungs- und Forschungszentren investieren, in die Modernisierung ihrer Produktpalette, in autonom fahrende Technologien, in die Dekarbonisierung der Produktion, in Energieeffizienz und Cybersicherheit.

Einheimische Industrie mit großer ProduktpaletteAusgewählte Produzenten von Bahntechnik in Tschechien (Umsatz für alle Geschäftsbereiche)
UnternehmenProdukte

 Umsatz 2023 in Mio. Euro 1)

Škoda TransportationZüge, Straßenbahnen, U-Bahnen

800

AŽD Praha 2)Sicherheitssysteme für Eisenbahnverkehr, ETCS, autonome Züge, Weichen 

458

Bonatrans GroupRadsätze, Räder, Wellen

354

CZ Loko 3)Lokomotiven, spezielle Bahnwagen

187

Škoda VagonkaSchienenfahrzeuge, Züge, Waggons

181

ČD – TelematikaBahntelematik, Sicherheits- und Kommunikationssysteme, ETCS

117

DPOVReparaturen und Modernisierung von Schienenfahrzeugen

78

Škoda ParsReparaturen und Modernisierung von Schienenfahrzeugen

75

ŽPSVBahnschwellen, Bahnsteige, Bahnübergänge

72

DT - Výhybkárna a strojírnaEisenbahn- und Straßenbahnweichen

66

1 Umrechnung anhand des durchschnittlichen Wechselkurses der Tschechischen Nationalbank für 2023: 1 Euro = 24,007 Kč; 2 Geschäftsjahr Oktober 2022 bis September 2023; 3 Geschäftsjahr Oktober 2022 bis März 2024.Quelle: Handelsregister 2025, CzechInvest - Datenbank der Zulieferer 2025, Verband der tschechischen Eisenbahnindustrie ACRI 2025, Unternehmensmeldungen 2025

Tschechische Hersteller mit vielen Innovationen

Der Prager Signaltechnikspezialist AŽD zum Beispiel entwickelte einen autonom fahrenden Zug. Der Triebwagen fuhr im April 2025 erstmals mit Passagieren zwischen Hradec Králové und Mittelböhmen.

Ein anderes tschechisches Unternehmen, CZ Loko, präsentierte im Juni 2025 eine Lokomotive mit Alko-Wegfahrsperre. Sie verhindert das Anfahren, wenn der Lokführer den Alkoholtest nicht besteht.

České dráhy gab 2024 bei Škoda Transportation 15 hybride Batteriezüge für über 140 Millionen Euro in Auftrag. Sie sollen ab 2026 in Mährisch-Schlesien auf Mischstrecken zum Einsatz kommen, die nur teilelektrifiziert sind.

Škoda Transportation konnte zuletzt auch bei privaten Bahnbetreibern punkten. RegioJet kündigte 2024 an, 24 Zuggarnituren für 140 Millionen Euro bei dem tschechischen Hersteller zu ordern, berichtete die Tageszeitung Hospodářské noviny. Zuvor kaufte das Unternehmen bei PESA in Polen seine Waggons.

Polnische Technologie kommt allerdings bei der Nutzung alternativer Kraftstoffe im Zugbetrieb zum Einsatz. Dabei kooperiert České dráhy mit der polnischen Orlen Unipetrol Group und PESA. Der Triebwagen RegioFox soll Dieselkraftstoff mit einem erhöhten Gehalt an nachhaltigem hydrierten Pflanzenöl (HVO) nutzen.

Tipps zur Geschäftsanbahnung

Die wichtigste Fachmesse für Eisenbahntechnik in Tschechien sind die Rail Business Days in Ostrava. Die Branchenschau findet jeweils im Juni statt.

Zentrale Plattform für die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge ist ROZZA. Sie bietet freien Zugang auf Ausschreibungen der staatlichen Bahnbetreiber an.

Neue Züge und Netzwerktechnik gesuchtInvestitionsvorhaben wichtiger Bahnbetreiber in Tschechien
UnternehmenInvestitionspläne

Geplante Kosten in Mio. Euro *)

České dráhy Modernisierung der ComfortJet-Züge und Wechsel auf Züge mit 9 Waggons; Inbetriebnahme Siemens Vectron-Lokomotiven für Geschwindigkeiten bis 230 km/h; neue Motorzüge RegioFox für Regionalstrecken; Ausschreibung von Zügen EMU 400 für Prag und Mittelböhmen; Verstärkung des WLAN-Netzes in Zügen und Tests des Satelliteninternets Starlink

k.A.

RegioJet50 neue Niederflurzuggarnituren (von Škoda Transportation und PESA) für S-Bahnen in Prag, für Regionalstrecken und für Langstrecken mit Geschwindigkeiten bis 200 km/h

324

ArrivaNeue Züge für Auftrag im Westen von Prag (elektrische Züge mit Geschwindigkeit bis zu 200 km/h für Regionalstrecken)

300

Leo ExpressVerstärkung des WLAN-Netzes in Zügen; Digitalisierung der Sitzplatzbuchung; dualer Umbau der Züge auf Traktionssystem mit Gleich- und Wechselstrom; Ausrüstung der Züge mit Erfrischungsautomaten

16,2 (nur dualer Umbau)

* Umrechnung anhand des Wechselkurses der Tschechischen Nationalbank (1 Euro = 24,69 Kč, 1.7.25).Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025; Unternehmensmeldungen 2025; Tschechische Nationalbank 2025

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