Rechtsbericht Ukraine Investitionsrecht
Neues PPP-Gesetz in der Ukraine
Das neue Gesetz über öffentlich-rechtliche Partnerschaften (PPP) bringt klare Verfahren und digitale Impulse für den Wiederaufbau und die europäische Integration.
09.07.2025
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) hat am 19. Juni 2025 das Gesetz Nr. 7508 über öffentlich-private Partnerschaften verabschiedet. Es ändert die Regeln für öffentliche-private Partnerschaften (Public Private Partnership). Derzeit liegt das Gesetz dem Präsidenten zur Unterzeichnung vor. Es wird drei Monate nach seiner Veröffentlichung in Kraft treten – insofern sind Änderungen einzelner Bestimmungen bis dahin nicht ausgeschlossen.
Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen:
Neue Verfahren und Formen von PPP-Projekten
Die Novelle beschränkt PPP-Projekte auf zwei Vertragsformen: Konzessionsverträge und PPP-Verträge. Frühere Varianten wie Immobilienverwaltungsverträge und Vereinbarungen über gemeinsame Aktivitäten entfallen. Für Projekte können jedoch weiterhin Elemente verschiedener Vertragsarten kombiniert werden.
Auch die Verfahren zur Durchführung von PPP-Projekten wurden überarbeitet. Nun mehr gibt es drei Verfahrensarten:
Allgemeines Verfahren
Es besteht aus zwei Phasen – der Erstellung eines Konzeptpapiers und der Erstellung einer Machbarkeitsstudie.
Verfahren für Unterschwellenvergabe
Dabei handelt es sich um PPP-Projekte, deren voraussichtliche Kosten unter 5,5 Millionen Euro liegen. Für diese Projekte genügt die Erstellung eines Konzeptpapiers; eine Machtbarkeitsstudie ist nicht erforderlich. Sofern staatliche Haushaltsmittel für das Projekt eingesetzt werden, kann eine Abstimmung mit dem Ministerium der Wirtschaft (Міністерство економіки України) oder dem Ministerium der Finanzen (Міністерство Фінансів України) notwendig werden.
Vereinfachtes Verfahren für Wiederaufbauprojekte
Das vereinfachte Verfahren gilt während des Kriegsrechts und sieben Jahre nach dessen Beendigung für Projekte, die auf staatlichen oder lokalen Wiederaufbaulisten stehen, darunter der Bau von Autobahnen und Wohnungsbau.
Darüber hinaus wurde die Frist für die Durchführung von Maßnahmen zur Vorbereitung eines PPP-Projekts von 180 Tagen auf 90 Tage verkürzt.
PPP-Projekte für Software, Ausrüstung und Fahrzeuge
Neu ist, dass ein PPP-Projekt auch für den Erwerb beweglicher Güter genutzt werden kann. Dies betrifft insbesondere den Kauf von Software, Softwareprodukten, Ausrüstung (Geräte und Komponenten) sowie Fahrzeuge, die zur Erbringung gesellschaftlich bedeutender Dienstleistungen eingesetzt werden.
Die Gesetzesänderung trägt zur Entwicklung der Digitalisierung von öffentlichen Dienstleistungen bei und gibt dem wachsenden IT-Sektor Anreize die Digitalisierung voranzutreiben. Gleichzeitig können so die Lücken bei der Finanzierung auf diesem Gebiet, unter anderem von Start-Ups, geschlossen werden.
Neue Regeln zur Auswahl von PPP-Partnern
Künftig können auch staatliche Unternehmen als öffentliche Partner auftreten, sofern das Projekt staatliches Eigentum betrifft. Zuvor war dies nur staatlichen Stellen oder kommunalen Behörden vorbehalten.
Ferner wurde das Verfahren zur Auswahl privater Partner überarbeitet. Es stehen nun drei Wettbewerbsformen zur Verfügung:
- Beschränkte Ausschreibung;
- Offene Ausschreibung;
- Wettbewerblicher Dialog.
Die frühere Gesetzgebung erlaubte privaten Unternehmen, ein PPP-Projekt einzuleiten. Nach der neuen Gesetzeslage können sie dies zwar weiterhin, jedoch entscheidet allein der öffentliche Partner über die Umsetzung. Die Verantwortung liegt somit vollständig beim staatlichen Sektor.
Fördermittel und Garantien für PPP-Projekte
Das Gesetz sieht ausdrücklich Fördermittelvereinbarungen als Bestandteil von PPP-Verträgen vor. Diese können auf zwei Arten gewährt werden:
- Überweisung der Fördermitteln an den Staats- oder Kommunalhaushalt oder auf das Konto eines staatlichen Unternehmens zur späteren Auszahlung an den privaten Partner.
- Direkte Überweisung der Fördermittel an den privaten Partner – ohne eine separate Entscheidung des öffentlichen Partners oder staatlicher Stellen.
Zusätzlich erhalten private Partner vom Staat Garantien zum Schutz ihrer Rechte – etwa, dass Gesetzesänderungen keine Auswirkungen auf die Bedingungen der bereits geschlossenen Verträge haben. Außerdem sieht das Gesetz ausdrücklich vor, dass weitere Finanzierungsquellen durch internationale Geber erschlossen werden sollen, um Risiken für private Partner zu minimieren.
Praktische Auswirkung und Ausblick
Nach Angaben der ukrainischen Agentur für Public-Private Partnership wird es durch die Reform für private Unternehmen einfacher, sich am Wiederaufbau zu beteiligen. Auch soll das Gesetz nicht nur den Wiederaufbau der Ukraine vorantreiben, sondern die europäische Integration fördern. Die geplante Einführung eines elektronischen Handelssystems für Konzessionsvorhaben nach EU-Standards ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Gleichzeitig wird eine umfassende Digitalisierung des Verfahrens – von Veröffentlichung der Informationen über die Ankündigung zum Wettbewerb – und der Abbau bürokratischer Hürden angestrebt.
Für die erfolgreiche Umsetzung, wird das Ministerkabinett der Ukraine die Details zur Anwendung der neuen Verfahren ausarbeiten. Es wird erwartet, dass auch das Gesetz über die Konzessionen bei der Überarbeitung berücksichtigt wird. Die entsprechenden Vorschriften werden in den nächsten drei bis zwölf Monaten von verschiedenen staatlichen Stellen entwickelt und veröffentlicht.
Zum Thema:
- GTAI-Publikation Recht kompakt Ukraine