Branche kompakt | USA | Ernährungswirtschaft
Branchenstruktur
Das Bevölkerungswachstum und eine steigende Nahrungsmittelnachfrage sorgen für Investitionsbedarf. Dem gestiegenen Kostendruck wollen die Unternehmen mit Automatisierung begegnen.
23.07.2024
Von Heiko Stumpf | San Francisco
Der US-Nahrungsmittelmarkt ist durch Sättigung und starken Wettbewerb gekennzeichnet. Die USA sind nach China und Indien der weltweit drittgrößte Lebensmittelproduzent und können sich weitgehend selbst versorgen. Der Importanteil bei verarbeiteten Nahrungsmitteln lag im Jahr 2022 wertmäßig nur bei 9,8 Prozent. Bei Getränken fiel der Einfuhrbedarf mit 16,8 Prozent hingegen höher aus.
Mit mehr als 22.000 Unternehmen weist die heimische Nahrungsmittelindustrie einen hohen Diversifizierungsgrad auf. Gemessen an der Wertschöpfung ist die Fleischverarbeitung mit einem Anteil von 26 Prozent das größte Segment, gefolgt von der Milchwirtschaft (13 Prozent), der Getränkeindustrie (11 Prozent) und der Getreide-/Ölsaatenindustrie (10 Prozent).
Auch geografisch ist die Branche breit aufgestellt. Laut dem U.S. Census Bureau gab es im Jahr 2021 (letztverfügbare Angabe zu Redaktionsschluss) insgesamt 41.080 Produktionsstätten, in denen Nahrungsmittel- und Getränke hergestellt werden. Das mit Abstand wichtigste Cluster befindet sich mit rund 6.300 Anlagen in Kalifornien. Der Bundesstaat produziert mehr als 60 Prozent des in den USA angebauten Obstes und Gemüses. Gleichzeitig hält Kalifornien auch die Spitzenposition in der Milchwirtschaft. Weitere Hochburgen finden sich Texas (2.800 Betriebe), New York (2.700 Betriebe), Pennsylvania (1.800 Betriebe) und Illinois (1.600 Betriebe).
Sparte | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 |
---|---|---|---|---|
Fleisch und Fleischwaren | 105,2 | 102,7 | 104,8 | 103,8 |
Milch- und Molkereiprodukte | 107,2 | 106,4 | 106,2 | 105,0 |
Backwaren | 100,6 | 104,1 | 104,9 | 103,9 |
Verarbeitete Früchte und Gemüse | 102,2 | 100.8 | 102,3 | 97,5 |
Zucker- und Süßwaren | 95,5 | 105,4 | 109,3 | 109,2 |
Getränke | 94,9 | 107,9 | 109,9 | 108,8 |
Bier | 88,9 | 99,6 | 95,4 | 90,6 |
Softdrinks | 95,1 | 92,8 | 99,4 | 100,0 |
Nahrungsmittelindustrie muss eine wachsende Bevölkerung versorgen
Ein Anstieg der Bevölkerung sowie der verfügbaren Einkommen trägt dazu bei, dass der Nahrungsmittelverbrauch langfristig weiter zunimmt. Mit rund 1 Millionen Menschen ist die Nettozuwanderung im Jahr 2023 zuletzt deutlich höher als erwartet. Nach neuen Prognosen des Congressional Budget Office soll die Einwohnerzahl des Landes bis 2030 auf rund 357 Millionen ansteigen, von etwa 338 Millionen Menschen im Jahr 2023.
Lebensmittelhersteller investieren deshalb fortlaufend in die Erweiterung ihrer Kapazitäten, auch wenn sich das Tempo zuletzt etwas verlangsamt hat. Das Marktforschungsinstitut Sales Lead zählte 2023 insgesamt 575 Neu- beziehungsweise Erweiterungsprojekte in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Darunter waren 51 Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von über 100 Millionen US-Dollar (US$). Im Vorjahr gab es insgesamt noch 692 Projekte. Die Kapazitätsauslastung in der Ernährungswirtschaft ist weiterhin hoch. Sie lag im Jahr 2023 mit 81,8 Prozent leicht unter dem Durchschnitt der vorherigen zehn Jahre (2012 bis 2022: 82,3 Prozent).
Ein Wachstumsfeld, das Investitionen anzieht, ist beispielsweise die Käseherstellung. Hilmar Cheese nimmt im Herbst 2024 eine 630 Million US$ teure Anlage in Dodge City, Kansas in Betrieb. Leprino Foods investiert bis Ende 2024 rund 1 Milliarde US$ in die Herstellung von Mozarella in Lubbock, Texas.
Auch die Süßwarenindustrie expandiert. Der Hersteller The Hershey Company investiert in den kommenden Jahren rund 1 Milliarde US$ in den Bau von 13 neuen Produktionslinien. Zudem werden elf bereits bestehende Linien modernisiert. Am Stammsitz in Pennsylvania geht noch 2024 eine Anlage für Produkte der Marken Reese's und KitKat in Betrieb.
Akteur | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
---|---|---|---|
The Coca-Cola Company | 650 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Bau einer Abfüllanlage für Milchgetränke der Marke Fairlife in Webster, New York |
Reyes Coca-Cola | 500 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Ausbau einer Getränkeabfüllanlage in Rancho Cucamonga, Kalifornien |
DrinkPak | 452 | Geplante Inbetriebnahme 2026 | Bau zweier Abfüllanlagen für Dosengetränke in Fort Worth, Texas |
Walmart | 350 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Bau einer Molkerei für die Belieferung des eigenen Filialnetzes in Lowdnes County, Georgia |
Yakult USA | 305 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Bau einer Produktionsstätte für probiotisches Joghurt in White, Georgia |
Nissin Foods | 228 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Bau einer Produktionsstätte für Nudelprodukte in Greenville County, South Carolina |
Mars Inc. | 237 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Bau einer Produktionsstätte für Snackprodukte der Marke Nature's Baker in Salt Lake City, Utah |
SK Food Group | 205 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Bau einer Produktionsstätte für Sandwiches, Wraps und Snackprodukte in Cleveland, Tennessee |
Irresistible Foods Group | 200 | Geplante Inbetriebnahme 2025 | Bau einer Produktionsstätte für Backwaren der Marke King’s Hawaiian in Taylorsville, Illinois |
Keurig Dr Pepper | 137 | Geplante Inbetriebnahme 2027 | Bau einer Kaffeerösterei in Spartanburg, South Carolina |
Unternehmen investieren in Automatisierungslösungen
Stark gestiegene Inputkosten und Arbeitskräftemangel sorgen dafür, dass bei vielen Unternehmen auch Effizienzsteigerungen und Automatisierung im Fokus stehen. Dies gilt insbesondere für die Fleischverarbeitung. Laut des Capital Spending Trend Survey des Fachmagazins Meat & Poultry wollen die Branchenunternehmen im Jahr 2024 rund 11,4 Prozent des Jahresumsatzes für Investitionen ausgeben (2023: 10,9 Prozent). Für 76 Prozent steht dabei die Instandhaltung- und Modernisierung bestehender Anlagen im Fokus.
Insbesondere große Schlachthöfe setzen zur Kostenreduzierung stark auf Robotik, zum Beispiel zur Entbeinung. Tyson Food hat seit 2022 bereits über 1 Milliarde US$ für Automatisierung ausgegeben. So ging Anfang 2024 eine Hightechanlage für Schweinefleisch in Bowling Green, Kentucky in Betrieb. Cargill hat angekündigt, in den nächsten Jahren rund 700 Millionen US$ in die Automatisierung zu stecken.
Ähnliche Trends zeigen sich in der Backwarenindustrie. Rund 56 Prozent der Unternehmen wollen laut einer Umfrage von Backing & Snacks ihre Investitionsausgaben im Jahr 2024 erhöhen. Etwa 84 Prozent aller Befragten nennen dabei Systemverbesserungen wie Automatisierung als Schwerpunkt. Verpackungsmaschinen stehen laut der Umfrage (83 Prozent der Befragten) ganz oben auf der Agenda.
Wettbewerbsdruck in der Fleischindustrie soll gesteigert werden
In der Fleischwirtschaft besteht eine große Unternehmenskonzentration. Bei Rindfleisch halten die vier größten Anbieter Tyson Food, JBS USA, Cargill und National einen Anteil von ungefähr 85 Prozent. Bei Schweinefleisch verfügen die vier größten Hersteller, angeführt durch Smithfield Foods, über einen Marktanteil von 67 Prozent.
Das U.S. Department of Agriculture (USDA) will die Wettbewerbssituation erhöhen und stellt dafür Fördermittel für kleinere und mittlere Fleischproduzenten bereit. Über das Meat and Poultry Processing Expansion Program (MPPEP) werden beispielsweise knapp 200 Millionen US-Dollar (US$) ausgeschüttet. Hinzu kommen weitere Maßnahmen wie die das Local Meat Capacity Grant Program.
Dadurch entstehen vor allem für Rindfleisch zusätzliche Kapazitäten. Die insgesamt 11 geplanten Vorhaben könnten eine Schlachtleistung von mehr als 13.000 Rindern pro Tag erreichen. Im Vergleich dazu verfügen die größten 71 bestehenden Schlachtbetriebe über eine Kapazität von 134.700 Rindern pro Tag.
Das Unternehmen Producer Owned Beef will in Amarillo, Texas rund 670 Millionen US$ investieren. Die hochmoderne Anlage soll ab 2026 eine Leistung von 3.000 Rindern pro Tag erreichen. Ein weiteres Großprojekt plant die Cattlemen's Heritage Beef Company in Iowa. Der Bau der 520 Millionen US$ teuren Anlage in Des Moines soll 2025 starten und pro Tag rund 2.000 Rinder verarbeiten.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2022 *) |
---|---|---|
PepsiCo | Getränke, Snacks | 56,2 |
Tyson Foods | Fleischwaren, Snacks | 50,9 |
Nestle | Backzutaten, Tiefkühlkost, Fertiggerichte, Getränke | 35,7 |
JBS USA | Fleischwaren | 30,2 |
Kraft Heinz | Fleischwaren, Fertiggerichte, Käse, Kartoffelprodukte, Snacks, Soßen, Tiefkühlkost etc. | 20,3 |
General Mills | Backwaren, Desserts, Fertiggerichte, Zerealien | 17,3 |
Anheuser Bush InBev | Bier, alkoholische Getränke | 16,6 |
Smithfield Foods | Schweinefleischprodukte | 15,7 |
The Coca-Cola Company | Alkoholische und alkoholfreie Getränke | 15,7 |
Cargill | Fleischwaren, Lebensmittelzutaten | 15,0 |