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Großzügige Steuerrabatte kurbeln den US-Markt für Elektroautos an

Für "saubere" Fahrzeuge sind die Local-Content-Anforderungen im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) besonders streng. Beim Ladestandard scheint sich Tesla durchzusetzen.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Elektroautos werden in den USA immer beliebter: Rein batteriebetriebene Modelle machten dort im 1. Quartal 2023 mehr als 7 Prozent aller Neuwagenverkäufe aus. Im Jahr 2022 waren es knapp 6 Prozent. Laut Analysen der Bank of America könnte der Anteil bis 2026 auf bis zu 26 Prozent steigen. 

Angetrieben wird diese Entwicklung durch den Inflation Reduction Act (IRA). Dieser gewährt Käufern von E-Autos, die bestimmte Bedingungen erfüllen, großzügige Steuernachlässe. Immer mehr Autohersteller in den USA stellen daher auf Elektromodelle um.

Leasing wurde von den Lokalisierungs- und Beschaffungsregeln im IRA ausgenommen

Gerade für "saubere" Fahrzeuge sind die Local-Content-Anforderungen im Rahmen des IRA sehr streng (siehe Bericht in markets 4/23 ab Seite 40). Dennoch zeichnet sich für die EU eine zumindest akzeptable Lösung ab: So sollen auch Elektroautos aus der EU, die in den USA geleast werden, von den IRA-Anreizen profitieren können. Außerdem verhandeln die EU und die USA über weitere mögliche Schritte, um die Wettbewerbsnachteile für Europa abzumildern. So soll eine neue Mini-Rohstoffpartnerschaft dafür sorgen, dass auch in den USA montierte, nicht geleaste Fahrzeuge mit Batterien aus Europa von den IRA-Steuergutschriften profitieren können. "Allerdings ist das geplante Abkommen vor allem in den USA umstritten", sagt Siegmar Pohl von der Kanzlei Kilpatrick Townsend & Stockton.

Der vollelektrische ID.4 von Volkswagen ist bislang das einzige Fahrzeug eines deutschen Herstellers, das die volle Steuergutschrift von 7.500 US-Dollar (US$) erhält. Die Wolfsburger montieren den Kompakt-SUV in ihrem Werk in Tennessee. Ab dem Modelljahr 2024 ist auch für den Plug-In Hybrid X5 50e, den BMW in South Carolina produzieren wird, eine Steuergutschrift möglich, aber nur in Höhe von 3.750 US$.

Um längerfristig von der Förderung zu profitieren, müssen Elektroautos, die im USMCA (United States-Mexico-Canada-Agreement)-Raum montiert werden, immer strengere Anforderungen erfüllen. So muss ein zunehmender Anteil an Batteriemineralien in den USA oder einem Land abgebaut, verarbeitet oder recycelt werden, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben. Um die volle Förderung zu erhalten, müssen zudem seit 2023 mindestens 50 Prozent (ab 2029 dann 100 Prozent) der Batteriekomponenten des Fahrzeugs in Nordamerika produziert oder montiert werden. Dies stellt auch heimischen Autobauer vor große Herausforderungen.

Deutsche Anbieter haben Angebotslücken auf dem US-Markt

Neben der Schwierigkeit, die Kriterien für die Steuergutschriften für E-Autos zu erfüllen, haben deutsche Kfz-Bauer ein weiteres Problem: Weder BMW, Mercedes noch VW haben bisher einen Pick-up im Angebot. Doch gerade die stehen in der Gunst der US-Kunden hoch im Kurs. Die neue US-Marke von VW, Scout, kündigte Anfang März an, für 2 Milliarden US$ ein Werk in South Carolina zu bauen, in dem elektrische SUV und Pick-ups vom Band laufen sollen. Die Produktion soll allerdings erst 2026 starten.

Ford hat im letzten Jahr bereits gut 15.600 Elektro-Pick-ups (F-150 Lightning) verkauft. Als das Modell im Juni 2022 auf den Markt kam, lagen bereits 200.000 Vorbestellungen vor. Auch andere Konzerne wie General Motors (GM) und Stellantis planen E-Pick-ups. Noch vor den traditionellen Autobauern haben sich Start-ups wie Atlis, Bollinger Motors, Lordstown Motors und Rivian auf diesen Markt gewagt. Einige Modelle sind bereits erhältlich. Der Cybertruck von Tesla soll erst 2024 in Serie gehen.

Den Analysten von Counterpoint Research zufolge könnte sich der Absatz von batterieelektrischen und Hybrid-Fahrzeugen in den USA 2023 mit 1,9 Millionen Einheiten gegenüber dem Vorjahr fast verdoppeln. Bis 2026 werden laut der Beratungsfirma AutoForecast Solutions mehr als 90 neue E-Auto-Modelle auf den US-Markt kommen. Angetrieben wird das Wachstum von reinen Elektroautos, von denen es in den USA bereits viermal so viele gibt wie Hybridfahrzeuge. Bis 2030 könnte der Absatz sogar auf bis zu 10 Millionen Einheiten steigen, das wären gut zwei Drittel aller Neuzulassungen.

Immer mehr Autokonzerne kooperieren mit Batterieherstellern

VW verbaut in seinem US-Werk Batteriezellen von SK On für den Kompakt-SUV ID.4. Das südkoreanische Unternehmen baut gerade seine zweite Batteriefabrik im US-Bundesstaat Georgia. Vor allem Firmen aus Südkorea treiben den Gigafactory-Boom an, darunter auch LG Energy Solution und Samsung SDI. BMW und Mercedes hingegen beziehen ihre Batteriezellen künftig vom japanischen Zulieferer Envision AESC. Im Zuge des Technologiestreits zwischen den USA und China wenden sich Unternehmen zunehmend von chinesischen Zulieferern ab.

Eine große Herausforderung in den USA ist der Ausbau des Ladesäulennetzes. Ende 2022 gab es in dem riesigen Flächenland erst knapp 53.500 Ladestationen mit rund 144.000 Ladeanschlüssen für E-Autos. Weniger als ein Fünftel davon waren Gleichstrom-Schnellladeanschlüsse für öffentliche Stationen.

In Nordamerika zeichnet sich eine Standardisierung der Ladestecker ab

Wie Electrify America Ende Juni mitteilte, will das Unternehmen bis 2025 auch Teslas Ladestandard NACS (North American Charging Standard) an seinen Stationen anbieten. Damit können Tesla-Fahrer künftig auch an dem von VW gegründeten Ladesäulennetzwerk Strom tanken, das bis 2026 auf 10.000 Schnelllader und 1.800 Standorte in den USA und Kanada ausgebaut werden soll. Einem Handelsblatt-Bericht zufolge erwägt auch VW, Tesla-Technologie in künftige Elektroautos einzubauen, so dass diese auch an Tesla-Superchargern aufgeladen werden können. Ford, GM, Rivian und Volvo haben bereits den Ladestandard von Tesla übernommen.

Auch Mercedes will ab 2025 NACS-Technik in seine Elektroautos integrieren. Zudem will der deutsche Traditionsautobauer ein eigenes Ladenetz für E-Autos aufbauen. Allein in den USA und Kanada sind bis 2027 dafür 2.500 Schnellladepunkte geplant. Dabei kooperiert Mercedes mit dem US-Ladeanbieter Chargepoint. Die Ladesäulen sollen sowohl mit NACS- als auch mit CCS-Steckern ausgestattet werden.

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