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Branchen | Westafrika | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Privatwirtschaft in West- und Zentralafrika als Wachstumsmotor

Die Professionalisierung der Lebensmittelverarbeitung in Subsahara-Afrika macht Fortschritte. Es sind vor allem Privatfirmen, die investieren und lokal Arbeitsplätze schaffen.

Von Corinna Päffgen, Wolfgang Karg | Accra, Abidjan

Der Aufbau lokaler Produktionen in west- und zentralafrikanischen Ländern ist nicht nur mit Blick auf die oftmals hohe Importabhängigkeit bei Lebensmitteln und Produkten der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette dringend erforderlich, sondern birgt auch viele Geschäftschancen. In vielen Ländern in der Region entwickelt sich die Lebensmittelwirtschaft zu einer Wachstumsbranche. Dies schlägt sich auch in den Exporten deutscher Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen nieder, die nach Angaben des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 40 Prozent zulegen konnten.

Die privaten Investitionen in die Lebensmittelproduktion, - verarbeitung und -verpackung sind seit einigen Jahren zwar relativ stabil, allerdings noch zu gering, um die Ernährungssicherheit nachhaltig zu stärken und Selbstversorgung zu erreichen. Zudem ist die Investitionstätigkeit von Unternehmen regional recht unterschiedlich.

Lebensmittelwirtschaft in DR Kongo als Wachstumsmotor

Die Demokratische Republik Kongo hat sich zu einer der wachstumsstärksten Volkswirtschaften auf dem afrikanischen Kontinent entwickelt. Nach einem Einbruch während der Pandemie ist das Wirtschaftswachstum 2022 auf rund 8,9 Prozent angestiegen, schätzen Weltbank und Economist Intelligence Unit. Für 2023 wird ebenfalls ein deutliches Plus von mehr als 6 Prozent erwartet. Das Wachstum ist nicht nur eine Konsequenz der gestiegenen Rohstoffpreise auf den Weltmärkten. Es ist auch eine Folge der starken Entwicklung in den sekundären und tertiären Wirtschaftssektoren des Landes.

Mehr als die anderen Länder der Region ist die DR Kongo zwar bislang auf Nahrungsmittelimporte angewiesen. Aber in den Supermärkten und auf den Freiluftmärkten finden sich mittlerweile immer mehr einheimische Produkte. Vor allem Betreiber von großen Supermarktketten investieren selbst in lokale Produktion für Gemüse, Früchte sowie Fleisch- und Fischprodukte. Zu diesen Supermarktketten zählen Kin Marché, Hyper Psaro oder GG Mart, die mittlerweile selbst Lebensmittel herstellen.

Auch drängen kongolesische Unternehmensgründer verstärkt mit heimischen Spezialitäten auf den Markt. Für diese werden vermehrt moderne Verarbeitungs- und Verpackungslösungen gesucht. Ein Beispiel von vielen ist der Fruchtsafthersteller Jambo in Kinshasa, der seine Produkte erfolgreich über Supermärkte und Hotels vertreibt. Das Familienunternehmen will nun auch eine Produktion im Osten des Landes aufbauen. Dort entwickelt sich vor allem in Nord-Kivu auch eine immer modernere Milchwirtschaft mit entsprechender Weiterverarbeitung. Dafür werden Maschinen und Anlagen in Zukunft sicherlich stärker nachgefragt werden, vor allem Kühltechnik.

Diese Entwicklung darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Großteil der Landwirte in der DR Kongo bislang reine Subsistenzlandwirtschaft betreiben, das heißt, für den Eigenbedarf anbauen und züchten. Daran dürfte sich auch aufgrund der mangelhaften Infrastruktur bei Straßen, Lagern und Kühlketten so schnell nichts ändern. Aber ausgehend von den Ballungszentren macht die Modernisierung der Lebensmittelverarbeitung bei KMU in der DR Kongo deutliche Fortschritte, auch unterstützt durch internationale Geldgeber und Berater.

Ernährungsunsicherheit wird akuter

Eine wachsende Herausforderung in der Region ist die Stärkung der Ernährungssicherheit. Während in einigen Ländern keine Lebensmitteldefizite existieren, spitzen sich in anderen Staaten Lebensmittelkrisen zu.

Vor Kurzem hat Nigeria den Notstand der Ernährungssicherheit ausgerufen. Grundsätzlich sind ausreichend Lebensmittel verfügbar, aber stark gestiegene Lebensmittelpreise machen Nahrungsmittel für viele Nigerianer unerschwinglich, vor allem im Norden des Landes. Nicht nur Krisen wie Covid-19 und der Ukrainekrieg treiben die Preise in die Höhe, die kürzliche Abschaffung der Benzinsubventionen durch den neuen Präsident Tinubu heizt die Inflation weiter an. Weiteres Problem ist die knapper werdende Verfügbarkeit von Trinkwasser.

Auch andere Länder wie Ghana und Liberia leiden unter gestiegenen Lebensmittelpreisen. Vor allem importierte Güter sind teuer geworden, die hohe Importabhängigkeit bei Lebensmitteln, auch bei Grundnahrungsmitteln wie Reis, Getreide, Eier und Fleisch, zeigt nun die besondere Anfälligkeit für externe Schocks. Die Inflation in Ghana beträgt derzeit über 40 Prozent und in Liberia kostet zum Beispiel eine Palette Eier (30 Stück) mittlerweile über 6 US-Dollar (US$), in Ghana etwa 4 US$.

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen schlägt schon seit Längerem Alarm und warnt vor einer sich ausbreitenden Hungersnot in West- und Zentralafrika. Die Krise könnte sich von der bisher vor allem betroffenen Sahel-Zone auch auf die Küstenländer ausbreiten.

Das Handeln der Politik wird immer drängender. Viele Länder versuchen schon länger, mit einer Reihe von Initiativen und Programmen, dem - nicht neuen - Trend gegenzusteuern. Teilweise auch mit Erfolg. So finden seit Jahren in vielen Ländern einschließlich Nigeria, Ghana, Senegal und der Elfenbeinküste vermehrt Investitionen in den Anbau von Grundnahrungsmitteln und in die Lebensmittelverarbeitung statt. Auch in die Viehzucht fließen vermehrt Gelder. Private Unternehmen investieren vor allem in den Anbau von Nahrungsmitteln mit anschließender Verarbeitung oder arbeiten mit entsprechenden Genossenschaften und Aggregatoren zusammen.

Die Marktchancen sind noch lange nicht ausgeschöpft. Die lokale Nachfrage kann in der Regel bislang nur ansatzweise durch die lokale Produktion bedient werden. Weit verbreitete Subsistenzwirtschaft, hohe Anfangsinvestitionen, fehlende Fachkenntnis und teure, zu importierende Betriebsmittel behindern ein stärkeres Wachstum der Branche vielerorts. Mehr private Investitionen in den Sektor sind hier dringend erforderlich. Dabei bieten sich nicht nur Chancen bei vielen Segmenten im Lebensmittelbereich, auch bei Getränken gibt es Geschäftsmöglichkeiten. Vor allem Brauereien haben die Region zunehmend im Blick.

Noch wenig Investitionen in kleineren Ländern

In kleineren Ländern wie Liberia, Sierra Leone, Gambia und Guinea-Bissau sind Investoren bislang zurückhaltend. Viele Lebensmittel, auch Grundnahrungsmittel wie Getreide und Fleisch, werden von diesen Ländern in hohem Maße importiert. Allgemeines Ziel ist auch hier, mehr lokale Produktion aufzubauen und mehr Wertschöpfung vor Ort zu erreichen. In der Regel unterstützen Geberinstitutionen Projekte im Bereich Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung. Vereinzelte private Investitionen sind in den letzten Jahren zum Beispiel in die Produktion von Mehl, Fruchtsäften und Kakao geflossen.

Rohstoffreichtum mit viel ungenutztem Potenzial

Die Region Westafrika gilt als besonders fruchtbar und verfügt über viele Agrarrohstoffe. Dazu gehören unter anderem Kautschuk, Kakao, Avocados, Ananas, Mangos und Cashewnüsse, die wichtige Exportgüter sind. Aber auch Mais, Soja, Kassava und Palmöl werden lokal produziert. Das Potenzial ist dabei noch lange nicht ausgeschöpft. Viele landwirtschaftliche Flächen sind nicht kultiviert und die Landwirtschaft wird von Subsistenzwirtschaft mit geringem Mechanisierungsgrad dominiert. Mit der zunehmenden Bereitstellung entsprechender Betriebsmittel wie Dünger, Setzlingen, Saatgut sowie Geräten und Maschinen könnte der Ertrag signifikant gesteigert werden.

Interessant könnte künftig auch der Anbau bislang nicht kultivierter Pflanzen, darunter Hanf, werden. Ghana hat vor Kurzem als erstes Land in Westafrika den Anbau von Cannabis für industrielle und medizinische Zwecke legalisiert. Der Markt für medizinisches Cannabis gilt als Zukunftsmarkt mit großen Wachstumschancen. Das Marktforschungsinstitut Statista schätzt den weltweiten Umsatz auf derzeit 12 Milliarden US$. Dieser soll laut Statista bis 2027 auf 20 Milliarden US$ steigen. In 11 afrikanischen Ländern ist der Anbau von Cannabis für medizinische Zwecke bislang erlaubt, unter anderem in Südafrika, Lesotho und Simbabwe.

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